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Neues Rentenmodell der RegierungIm Alter bleibt zu wenig zum Leben

Die Erwerbsbiografien werden brüchig, immer mehr Ältere sind von Armut bedroht. Opposition und Gewerkschafter fordern die Regierung dringend zum Handeln auf.

Mit Pfandflaschen die Rente aufbessern. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Problem ist offensichtlich - etwa in Parks, in denen Ältere aus Mülleimern Pfandflaschen raussuchen, um ihr Konto aufzubessern. Immer mehr Rentner arbeiten oder müssen die staatliche Grundsicherung beantragen. Die Rentenansprüche wurden unter Rot-Grün stark gekürzt, geradlinige Erwerbsbiografien mit regelmäßigen Rentenbeiträgen werden seltener. Der kommenden Altersarmut müsse die Regierung nun entgegenwirken, forderten am Dienstag Oppositionspolitiker und Gewerkschafter.

Die Grenze, die die EU für die Altersarmut zieht, liegt bei 929 Euro monatlich für Alleinstehende, für ein Paar bei 1.393 Euro. Schon im April sollte eine Regierungskommission Lösungen erarbeiten. Doch daraus wurde nichts, das Thema ist heikel, betrifft jeden, verursacht Kosten. Kommende Woche will die CDU-Rentenministerin Ursula von der Leyen nun einen "Regierungsdialog Rente" starten. Mit dabei: Gewerkschafter, Wissenschaftler sowie Arbeitgeber und Sozialverbände.

Dem Vernehmen nach wird von der Leyen ein Minimalkonzept vorlegen, etwa geringe Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente präsentieren. In einer aktuellen Antwort auf eine große Anfrage der Grünen-Fraktion erklärte sie nur, was sie nicht will - eine Rente nach Mindesteinkommen zum Beispiel, wie sie der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert. Sie sei "nur bedingt als Maßnahme gegen Altersarmut anzusehen".

Bei der Rente nach Mindesteinkommen - sie gab es schon mal bis zum Jahr 1992 - werden die Alterseinkünfte von Geringverdienern aufgebessert: Leute, die weniger als 75 Prozent vom Durchschnittsentgelt verdienten, erhalten eine Aufstockung der Ansprüche um 50 Prozent, aber höchstens so, als hätten sie 75 Prozent vom Schnitt verdient. Wie bedürftig der Einzelne ist, spielt keine Rolle, die teilzeitarbeitende Frau eines gutverdienenden Manns profitiert auch. Von der Leyen fürchtet "Mitnahmeffekte". Die Gewerkschafter aber argumentieren, so bleibe Betroffenen "im Alter die Bedürftigkeitsprüfung" erspart.

Mit einem neuen Rentenmodell allein sei es aber nicht getan, so die Gewerkschafter. Dazu gehörten etwa auch Mindestlöhne. Und an eine vernünftige Gesundheitsversorung für ärmere Alte müsse man auch denken, erklärte die Grüne Katrin Göring-Eckardt.

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8 Kommentare

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  • FS
    Fauler Sack

    @karakoram

     

    Sorry, lese taz, kann kein Privatfernsehen empfangen, habe keinen Stammtisch, kann diesbezüglich nichts ungeprüft wiederkäuen. Habe aber Lebenserfahrung.

     

    Generalisieren Sie bitte nichts, lesen Sie eher zweimal bevor Sie Ihre Wut in die Tasten hauen.

     

    Erklären Sie lieber einem Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern warum netto ein so geringer Unterschied zu Sozialleistungen für eine vierköpfige Familie bleibt, dies dann auch im Rentenfall.

     

    Gerne gehe ich auf die Verantwortlichen los, auf " die da oben", kehre aber auch in den eigenen Reihen. Jeder ist Teil dieses System und nur die Verteufelung von denen da oben wird nicht weiterführen. Auch die da unten sollten sich an die Nase fassen und Verantwortung und Initiative zeigen. Kann mich nur wiederholen: Beteilige mich gerne an einer Solidargemeinschaft, wenn sie nicht ausgenutzt wird.

     

     

     

     

     

    rm=faul usw. Fühlen Sie sich angesprochen?

  • A
    aurorua

    Kommende Woche will die CDU-Rentenministerin Ursula von der Leyen nun einen "Regierungsdialog Rente" starten.

    Der sollte schon im Herbst 2010 gestartet werden, dann im April 2011 und jetzt plötzlich kommende Woche.

    Womöglich zaubert die Supermutti der Nation dann milliardenschwere Rentenpakete in Form von Gutscheinen aus dem Hut, in dem Wissen das die meisten aus Scham, ähnlich wie bei den Bildungsgutscheinen, dieselben nicht anfordern.

    Die Grundsicherung/Sozialhilfe im Alter ist mit Blick auf die horrend hohen Pensionen ein Schlag ins Gesicht der Rentner/innen (monetäre Verharzung bis zum Tode!!!).

    Die Gewerkschaften und die Grünen Knallchargen winken doch ohnehin alles durch.

    Schröder/Fischer haben wir doch erst diese betrügerischen Erwerbsminderungsrenten, jetzige und zukünftige Armutsrenten und den Riesterbetrug, allein zu Gunsten von Banken und Versicherungen, zu verdanken.

    Hier ein paar Infos für alle Rentner/innen! Die, die bereits am Hungertuch nagen, wissen dann wenigstens warum.

     

    http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2725

    http://www.rentenreform-alternative.de/versichfremd.htm

    http://www.bohrwurm.net/029.Rentenklautabelle.htm

  • K
    karakoram

    @ Fauler Sack:

    Arme sind selber schuld, sollen halt arbeiten gehen, wollen bloß nicht, Solidargeminschaft wird ausgenutzt...

    Dummes, neoliberales Propagandageschwätz, mit dem die Leute aufeinander gehetzt werden, statt sich zusammen zu tun und auf die Verantwortlichen loszugehen. Ungeprüft wiedergekäut.

    Bild, Burda, Idioten-TV. Funktioniert.

  • A
    aurorua

    @ Fauler Sack

     

    Projezieren Sie ihre eindeutige persönliche Unzufriedenheit doch einfach einmal auf die wirklichen SOZIALBETRÜGER und SCHMAROTZER wie z.B. Banken, Versicherungen, Konzerne und Kartelle. Oder wie wäre es mit deren Handlangern den Politikern, welche sich vor Arbeitsüberlastung stöhnend von einem Arbeitsessen zum nächsten chauffieren lassen, natürlich auf Steuerzahlers Kosten.

    Vielleicht denken Sie auch einmal darüber nach wieso wir eigentlich ein mehrklassiges Altersversorgungssystem haben zu dem sogenannte Pensionen gehören. Ein Relikt aus der Kaiser und Nazizeit europaweit einzigartig.

    Die Durchnittspensionen belaufen sich auf etwa 2.500 € monatlich obwohl dafür von den Empfängern nie auch nur ein Cent eingezahlt wurde.

    Vertiefen Sie auch einfach einmal ihre Kenntnisse, unabhängig von Hetzparolen der Springer-Presse und gestellten LIVEDOKUS der Privatmedien, z.Bsp. mit folgendem Artikel!

     

    http://www.taz.de/Rentenexperte-Otto-Teufel/!65118/

  • WB
    Wolfgang Banse

    Grundsicherung stoppt Armut nicht

    In einem der reichsten Länder der Erde,wie es die Bundesrepublik-Deutschland es ist,gibt es neben einer Kinder-auch Altersarmut.

    Die Grundsicherung schützt nicht vor extremer Armut im Alter.

    Flascehn sammeln,nach Eßbaren in Papierkörben suchen,dies gehört zum Alltagsbild vieler älterer Menschen dazu.

    Der eingeführte Euro,ist gerade für Menschen mit einem geringen monatlichen Salär zur Überlebensfrage geworden.

    Es reicht bei weiten nicht aus armutsberichte zu erstellen,Gespräche mit Gewerkschsaften,Kirchen und Wohlfahrtsverbände zu führen,dies lindert die Not nicht und beseitigt diese zugleich auch nicht.

    Wichtig ist es ei Instrumentarium zu schaffen,dass Armut ,hier die Altersarmut aus dem Vokabular der Deutschen zu verbannen.

  • K
    Klara

    "929 Euro monatlich für Alleinstehenden". Altersarmut ist politisch gemacht.Davor wurde beiden entspr. Gesetzesänderungen durch SPD und Grüne gewarnt. Die Gesetze wurden von diesen Parteien geändert. Die Armut nimmt zu. Die -Durchschnittsrente- von Frauen in Bayern beträgt ca 470,-€.

  • L
    Leidkultur

    "Die Rentenansprüche wurden unter Rot-Grün stark gekürzt,"

     

     

    Seien wir großzügig; dafür bekommt jeder Zugewanderte Leistungen nach Hartz IV, ohne jemals auch nur einen Cent in irgendeine Kasse gezahlt zu haben.

    Ich hoffe inständig, dass unsere deutschen Rentnerinnen und Rentner nie mehr vergessen, wer ihnen diese Schweinerei angetan hat!

     

     

    Der politischen Korrektheit wegen darf dieser Kommentar natürlich nicht veröffentlicht werden.

  • FS
    Fauler Sack

    Toll, dann wird es wohl bald möglich sein, sich ein Leben lang durchzuhangeln und auf Kosten der Allgemeinheit zu leben. Sicher sind 929 Euro zum Leben nicht viel. Aber für einen solchen Rentenanspruch muß man/frau jahrzehntelang in einem durchschnittlich bezahlten Full-Time-Job arbeiten.

     

    Es gibt sicher Fälle von unverschuldet brüchiger Erwerbsbiographie, aber die meisten sollten sich halt schon mal früher um ihr Älter werden kümmern und entsprechend ihre Arbeitsleistung zur Verfügung stellen. Au weia, das wird wieder einen Aufschrei in TAZ Leserschaft provozieren.

     

    Ich beteilige mich gerne an einer Solidargemeinschaft, wenn sie nicht ausgenutzt wird.

     

    Nur ist es mir nicht einleuchtend, jeden durchziehen zu müssen, der zwar kann aber nicht will und dabei zu wissen, dass ich 10 Jahre eher aufhören könnte zu arbeiten, wenn ich meine und die meines Arbeitgebers

    Rentenbeiträge ( zur Erinnerung: das sind fast 20% vom Bruttogehalt, rechnet euch das mal für 35 Jahre und ein durchschnittliches Gehalt aus) in eine private Altersvorsorge einzahlen könnte