Neues Mediengesetz in Israel: Falsche Haltung, hohe Strafe

In Israel berät das Parlament über ein Gesetz, das missliebige Berichterstattung verhindern könnte. Schon jetzt wird manch kritische Stimme zum Schweigen gebracht.

Ein Journalist kümmert sich um einen durch Polizisten verletzten Palästinenser. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Die Serie antidemokratischer Gesetzreformen, die die Knesset und die israelische Regierung seit Monaten vorantreiben, reißt nicht ab. Anfang der Woche stimmten die Abgeordneten in erster Lesung für einen Gesetzentwurf, demzufolge Journalisten wegen übler Nachrede mit einem Bußgeld von umgerechnet bis zu 60.000 Euro bestraft werden könnten.

Noch am Tag vor der Abstimmung hatten Vertreter der israelischen Medien eine Notstandskonferenz einberufen. "Eine inkompetente Regierung bringt andersdenkende Stimmen zum Schweigen", kommentierte der Nachrichtenmoderator Yair Lapid vom privaten TV-Sender Channel 2.

So leicht wie bisher dürften es die israelischen Medienvertreter den Parlamentariern diesmal nicht machen. Aus Protest gegen den Gesetzentwurf kündigte Eva Berger, Dekanin an der Hochschule für Management in Rishon Lezion, ihren Posten in der Beratungskommission des staatlichen Pressebüros. "Die Kommission soll alten Fehlern, die sich als Demokratie verkleiden, ihre Zustimmung geben", urteilt Berger und verweigert ihr Zutun.

Das "Verleumdungsgesetz" steht längst nicht auf unbeschriebenem Papier. Die kritische Reporterin Keren Neubach wurde von ihrem Posten als Moderatorin des Nachrichtenmagazins geschasst, das das staatliche Fernsehen täglich kurz vor Mitternacht ausstrahlt. Angeblich sei sie plötzlich nicht telegen genug.

Kritik am Gesetz von Links und Rechts

Und letzte Woche ließ das Kommunikationsministerium den israelisch-palästinensischen Radiosender in Ostjerusalem, Stimme des Friedens, schließen. Offizielle Begründung ist, der Sender habe ohne Lizenz gearbeitet. Radiodirektor Mossi Raz, ehemals Parlamentarier der linken Meretz-Partei, nennt die Schließung einen "Angriff nicht nur gegen uns". Nach über sieben Jahren hätte man einen anderen Weg finden können.

Problematisch an dem "Verleumdungsgesetz", das auf Kritik im linken wie im rechten Lager der Knesset stieß und dennoch mit 42 zu 31 Stimmen in erster Lesung befürwortet wurde, ist, dass die Kläger keinen Schaden nachweisen müssen. "Der israelische Journalist arbeitet allein", schreibt Kommentator Ben Kaspit in der liberalen Zeitung Maariw und riskiert jetzt "astronomische Bußgelder".

Von "Giftspritzen für die Demokratie" spricht Noga Eitan, freischaffende Dokumentarfilmerin, die vor allem für den staatlichen Fernsehsender arbeitet. "Die Parlamentarier, die heute in der Knesset sitzen, betrachten die Medien wie einen Serienvergewaltiger, der kastriert werden muss."

Es sei kein Geheimnis, dass sich "rechte Gruppierungen auf Verleumdungsklagen spezialisieren", sagt die Journalistin. "Niemand muss sich wundern, wenn Themen, die die Gefahr einer späteren Klage bergen, besser gar nicht mehr angefasst werden."

Die Arbeit israelischer Medien sei schon aufgrund des finanziellen Drucks nicht einfach, meint Eitan. Sie selbst habe es aufgegeben, den privaten Sendern Dokumentationen anzubieten, in denen Aktionäre der Sender schlecht wegkommen. "Und anstatt nun die Medien als Wachhunde der Demokratie zu bewahren und zu schützen, ist es die Regierung selbst, die ihnen einen Maulkorb anlegt."

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