Neues Gesetz zum Rüstungsexport: Mal wieder später als versprochen
Das Wirtschaftsministerium macht Vorschläge für strenge Gesetze erst nach der Wahl. Jetzt gibt es nicht mal den Abschlussbericht der Experten.
Daraus wird nun nichts. Wie das Wirtschaftsministerium der taz mitteilte, wird der „vertrauliche Beratungsprozess voraussichtlich bis Ende Dezember 2017“ andauern. Die Beamten sehen „weiteren Prüfungs- und Erörterungsbedarf“, die Vorbereitungen dafür laufen noch. Woran es genau hapert, verriet das Ministerium auf Nachfrage nicht.
Es ist nicht die erste Verzögerung: Die Beratungen begannen erst im vergangenen Oktober und damit Monate später als ursprünglich angekündigt. Nach einem halben Jahr, Ende März, stand dann zwar eine Abschlussveranstaltung auf dem Programm. Schon kurz darauf sprach das Ministerium aber von einem „weiteren vertieften Erörterungsbedarf“.
Dass bis zur Bundestagswahl kein neues Gesetz kommt, war damit schon klar. Dass es bis zur Wahl noch nicht mal einen Abschlussbericht gibt, überrascht aber. Als Grundlage für den Wahlkampf oder den nächsten Koalitionsvertrag können die Parteien die Ergebnisse nun nicht mehr verwenden. Entsprechend verärgert reagiert die Opposition auf die erneute Verzögerung.
„Wenn die Ergebnisse erst nach den nächsten Koalitionsverhandlungen vorliegen werden, haben sie keinen praktischen Mehrwert und waren so völlig für die Katz“, sagt die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger. „Das ist der nächste traurige Beleg, dass dieser Konsultationsprozess eine reine Showveranstaltung war.“ Das Wirtschaftsministerium habe die „eigentlich total wichtige Diskussion von vorn bis hinten sabotiert“ und sich dadurch selbst blamiert.
Die Verzögerung irritiert sogar die Sachverständigen, die das Ministerium im Laufe der Beratungen angehört hatte. Der Politikwissenschaftler Max Mutschler war als Vertreter der kirchlichen Arbeitsgemeinschaft GKKE zu zwei Terminen ins Ministerium eingeladen, zuletzt Anfang März zur eigentlichen Abschlussrunde unter Leitung von Staatssekretär Matthias Machnig. „Ich habe damit gerechnet, dass die Ministerialbeamten die Diskussion danach zusammenfassen und dass das Ministerium den Abschlussbericht bis zur Bundestagswahl vorlegt“, sagt Mutschler.
Agnieszka Brugger (Grüne)
Insgesamt hatte die zuständige Abteilung des Wirtschaftsministeriums elf Experten aus Wissenschaft, Industrie und Zivilgesellschaft eingeladen. Über fünf Sitzungen verteilt berieten sie seit vergangenem Herbst ein Gremium aus Beamten verschiedener Ministerien. Dabei ging es unter anderem um die Transparenz des Genehmigungsverfahrens und den verfassungsrechtlichen Spielraum für Gesetzesverschärfungen.
Von einer „grundsätzlich guten Diskussion“ spricht der Politikwissenschaftler Mutschler. Mit Gabriels ursprünglicher Ankündigung einer „Expertenkommission“ habe das Verfahren letztendlich aber wenig zu tun gehabt: „Das war keine Kommission, in der Sachverständige alle Punkte diskutieren und am Ende einen Bericht ausarbeiten. Es war ein Konsultationsverfahren, in dem sich die Regierung mal alle Meinungen anhört.“
Ganz unverbindlich also. Und fürs Erste ohne Konsequenzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau