Neues Energiekartell soll gegründet werden: Versorger sehen Gas-Opec gelassen
Die Gas exportierenden Länder treffen sich in Moskau zur Gründung einer Gas-Opec. Auf die Preise für Endverbraucher wird das Kartell aber erstmal keine Auswirkungen haben.
Am Dienstag treffen sich in Moskau 16 Erdgas exportierende Länder, um über die Gründung einer Gas-Opec zu beraten. Die Zusammenkunft gilt als ein weiterer Schritt der großen Gasförderländer im Bestreben, sich langfristig eine neue Struktur zu geben und ihre Position in den internationalen Energiemärkten zu stärken.
Das Treffen kommt nicht überraschend. Im Jahr 2001 bereits hatte sich in Teheran das Gas Exporting Countries Forum gegründet. Diesem gehören die Länder Russland, Iran, Algerien, Libyen, Venezuela, Katar, Kasachstan, Usbekistan sowie Trinidad und Tobago an. Seit dem vergangenen Juni arbeitet das Forum an einer offiziellen Gründungsurkunde eines Gaskartells.
Die deutsche Gaswirtschaft sieht den Termin daher auch äußerst gelassen. "Das ist doch schon lange in der Diskussion", heißt es beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Und selbst wenn es zu der angekündigten Gründung des Kartells komme, werde das den hiesigen Gasmarkt erst einmal nicht verändern. Auch die deutschen Unternehmen der Branche sehen durch den Vorstoß in Moskau keine akuten Änderungen der Marktbedingungen bevorstehen.
Das liegt auch daran, dass Erdgas physisch ein anderes Produkt ist als Erdöl, und damit ganz anderen Marktgesetzen gehorcht. Erdgas benötigt Leitungen und wird damit auch in Zukunft vor allem in bilateralen Verträgen zwischen Lieferanten und Empfängern gehandelt. Einen einheitlichen Marktpreis weltweit - wie man ihn beim Erdöl kennt - kann es folglich nicht geben. Damit aber ist auch der Einfluss eines Kartells auf die Preisbildung beschränkt. Wer Milliarden in eine Erdgasleitung investiere, brauche langfristige Verträge mit den Abnehmern, heißt es beim Gasverband. "Die Investitionen lassen sich nur in bilateralen Verträgen vernünftig absichern."
Weitaus stärker als durch die Gründung eines Gaskartells dürften sich die Gasmärkte allerdings durch einen möglichen Ausbau der Infrastruktur für Flüssigerdgas ändern. Die Verflüssigung macht das Erdgas nämlich zu einem per Tanker verschiffbaren Gut. Damit würden dann international einheitliche Gasmärkte mit Termin- und Spotkontrakten möglich. Lieferanten könnten dann flexibel entscheiden, wem sie welche Mengen ihres Gas zukommen lassen.
Doch in welchem Stil diese Technik, die Terminals zur Verflüssigung und Regasifizierung voraussetzt, kommen wird, ist offen. Wird sie in größerem Umfang eingeführt, dann wäre tatsächlich die Zeit gekommen, dass ein Gaskartell seine Macht ausspielen könnte. So gesehen ist die Gas-Opec eine Institution, die erst langfristig ihre Perspektiven sehen dürfte. Was das in einigen Jahrzehnten für die Verbraucherpreise bedeuten wird, vermag derzeit ohnehin niemand zu sagen: "Wenn wir über die Zeit in 20 Jahren reden, dann ist jede Aussage Kaffeesatzleserei", sagt ein Vertreter der Gasbranche.
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