piwik no script img

Neues EU-Patentrecht umstrittenNoch mehr Macht für Monsanto

Konzernen mit vielen Patenten spielt das neue EU-Patentrecht in die Karten. Der Deutsche Bauernverband sorgt sich zudem um die Lebensmittelvielfalt.

Patentgeschützt und teuer: Soya-Samen von Monsanto. Bild: dapd

BERLIN taz | Der Justizausschuss des EU-Parlaments hat ein neues Patentrecht gebilligt, das die Vielfalt von Nutzpflanzen und -tieren reduzieren könnte. Die Abgeordneten hätten einen einheitlichen Patentschutz in der Europäischen Union beschlossen, sagte der Berichterstatter der Sozialisten, Bernhard Rapkay, am Mittwoch der taz. "Das Züchterprivileg kommt darin überhaupt nicht vor."

Bisher dürfen Züchter etwa nach deutschem Recht auch mit patentierten Pflanzen und Tieren neue Sorten und Rassen entwickeln, wenn sie dafür Gebühren zahlen. Nach dem geplanten EU-Recht brauchen sie dafür die Erlaubnis des Patentinhabers - das sind oft Konzerne wie Monsanto oder Syngenta. Wenn das Plenum des Parlaments wie erwartet im Februar zustimmt, werden also wahrscheinlich weniger Züchter mit den Pflanzen und Tieren arbeiten können.

"Wir befürchten, dass die Verordnung den Züchtungsfortschritt behindert", warnte Rechtsexpertin Inken Garbe vom Deutschen Bauernverband. Dabei müsse Saatgut dringend an den Klimawandel angepasst werden. Zudem gebe es für den Verbraucher weniger Vielfalt auf dem Teller.

Das deutsche Landwirteprivileg ist in der geplanten EU-Verordnung nur unvollständig enthalten. Dürfen die Bauern bisher legal erworbene Pflanzen und Tiere gegen eine Gebühr selbst vermehren, will ihnen die EUdas nun nur bei Vieh erlauben.

Auch die Auskreuzungsregel der Bundesrepublik will sie nicht übernehmen. Monsanto könnte also einen Bauern verklagen, weil auf seinem Feld patentgeschützte Pflanzen wachsen - auch wenn das Saatgut nicht vom Bauern selbst ausgesät, sondern vom Wind von einem Nachbarfeld herübergetragen wurde. Vorbild könnte Monsantos Klage gegen den kanadischen Farmer Percy Schmeiser sein.

Weniger Bürokratie wagen

Dennoch begrüßte der EU-Abgeordnete Rapkay die Entscheidung des Justizausschusses. Für ihn steht im Vordergrund, dass nach den geplanten Regeln Patente des Europäischen Patentamts nicht mehr in jedem einzelnen EU-Staat validiert und übersetzt werden müssen. "Das neue EU-Patent bedeutet weniger Bürokratieaufwand", erklärte der SPD-Politiker.

Der Bauernverband hofft nun, dass der EU-Rat auf Drängen etwa Deutschlands oder der Niederlande doch noch Ausnahmen für Landwirte und Züchter in der neuen Verordnung verankern lässt. Die Regeln können nur in Kraft treten, wenn das Gremium der Mitgliedstaaten zustimmt. Parlamentsvertreter Rapkay sagt dazu: "Wenn der Rat einen Vorschlag macht, hier nachzubessern, wird es nicht an uns scheitern."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • M
    Mirror

    Percy Schmeiser hat alle 4 Klagen gegen Monsanto gewonnen.

     

    Um seine Web-Site zu erhalten und besser zu verbreiten, wurde hier ein Mirror gemacht:

     

    http://www.ariplex.com/percyschmeiser/

     

    Stop Genfood!

  • TM
    Tim Müller-Späth

    So weit ich weiß hat Percy Schmeiser den gerichtlichen Kampf nach etwa 10 Jahren endlich gewonnen. Was auch immer die vorherigen Instanzen geritten hat, irgendwann musste jemand das Unrecht ja mal ernst nehmen

     

    http://www.naturefund.de/erde/aktuell/nachricht/article/percy-schmeiser-david-gegen-monsanto.html

  • AB
    Axel Bauer

    Es ist doch echt eine Frechheit zu lesen, das durch diese neuen Patente für die EU ein geringeren bürokratischer Aufwand entstünde. Das kann man doch so nicht hin nehmen.

    Da kommen so ein paar Bilderberg Konzerne an und kocht die EU mit ihren Forderungen weich. Wo soll denn das noch hinführen. So ein Quatsch mit dem geringeren bürokratischen Aufwand. Ich würde lieber sagen das Gegenteil wird der Fall werden. Liebe Bauern und Öko bewusste Menschen laßt nicht zu das von Gott erschaffende Pflanzen durch Genpflanzen ersetzt werden sollen. Sagt nein zu dieser Abhängigkeit und kämpft für dezentrale Interessen.

    MfG

    ökoBauer und Landwirt aus Leidenschaft.

  • M
    Maria

    monsanto muss zerschlagen werden. die handlungen dieses konzerns zerstören menschen und die vielfalt der pflanzen und tiere. diese genmanipulationen können langfristig nicht gut enden... beste beispiele findet man in indien und südamerika.

    wenn man wissen möchte wie der konzern mit "aufmüpfigen" bauern umgeht muss man nur in die usa rüber gucken (rechtsstreitigkeiten bis zur völligen pleite der bauern).

    das die eu so handelt wundert mich nicht, die politiker zeigen mal wieder, wer die macht auf diesem planeten inne hat, die großkonzerne, die das geld halten. blöd nur, dass die es für die vernichtung ausgeben. geld kann man nicht essen oder atmen.

    mal sehen wo das endet. vlt braucht die welt mal wieder so etwas wie die französisch revolution!?!

  • D
    DamaTeq

    Ohne Worte. Gentechnik gut und schön - aber die Geschäftspraxis von Monsanto ist unter aller Sau. Es wird massenhaft Regenwald abgebaut nur um genmanipulierte Sojabohnen dort anzupflanzen. Mit ihrem "Pflanzenschutzmittel" und den Patenten schiessen sie dann den Vogel endgültig ab.

  • HW
    Herb wendtland

    es ist immer noch so das wir, das volk, alle karten in der hand haben.

     

    wie bei allen aufregern steht es uns jederzeit frei unsere meinung kund zu tun und sie durch zu setzen.

    das ist allerdings unbequem und passt vielen nicht in die eh zu eng bemessene zeit. demokratie ist unbequem! sie verlangt arbeit! sie verlangt einsatz.

     

    kein konzern dieser welt kann etwas einfach so tun. wir sind es die es die konzerne tun lassen.

    wir müssen entweder die klappe halten oder endlich aufstehen und etwas bewegen!

    diese opfermentalität und der dazu gehörige journalismus bringen den konzernen freiheit und den medien umsätze, den menschen etwas um sich über ein vorgekautes thema aufzuregen und der welt nichts! morgen die nächste sau durchs selbe dorf und fertig!

     

    herb

    network-99.com

  • J
    Juhu

    Macht es nur mir Angst dass ein paar Saftnasen in Brüssel einfach so geltendes Deutsches Recht ausser Kraft setzen können und so einem der miesesten, menschenverachtensten und für Umwelt und Mensch gefährlichsten Konzerne der Welt Tür und Tor öffnen ?

    Ich empfehle allen Landwirten und Züchtern in Deutschland sich entschieden dagegen zu wehren wenn sie keinen bock drauf haben ein haufen Geld für Schrottsaatgut rausschmeißen zu müssen oder dafür verklagt zu werden wenn sie es nicht tun. Manchmal möchte man einfach nur heulen über diese bodenlosen Frechheiten ! Und dann labert noch irgend so ein SPD fuzzi von "weniger Bürokratie" die EU ist eine einzige tragische Komödie ... und ich kann langsam nicht mehr drüber lachen