Neues Album von Helena Hauff: Die Menschmaschinistin

Die Hamburgerin Helena Hauff hat kürzlich ihr zweites volles Album „Qualm“ veröffentlicht. Es ist „rough“ in all seinen Bedeutungen.

Helena Hauff

Ein Dark-Wave-Schleier legt sich über ihre Musik: Helena Hauff Foto: Fabian Hammerl

Wenn Helena Hauff aus dem Maschinenraum kommt, bringt sie meist ein gutes Stück Musik daraus mit. Ihren Gerätepark hat die Hamburger Produzentin praktischerweise bei sich zuhause eingerichtet, gefüllt mit Sequenzern, Rhythmusmaschinen, 303- und 808-Synthesizern.

Düstere, technoide Sounds zwischen Acid, Electro und Industrial produziert Helena Hauff damit; in aller Welt wird sie dafür geschätzt. Auch mit ihrem zweiten vollen Album „Qualm“ wird sich das nicht ändern – denn wie viele ihrer Werke klingt es aufregend, eigenwillig, gewaltig.

Hauff hat in den vergangenen Jahren eine Produzenten- und DJ-Karriere hingelegt wie hierzulande keine zweite – nur dass sie wohl nicht so gerne „Karriere“ dazu sagen würde. Denn sie entstammt der widerborstigen hanseatischen Subkultur, hat im Golden Pudel Club Anfang der Zehnerjahre mit der Reihe „Birds and Other Instruments“ begonnen und war später Resident DJ dort. Mit ihrer coolen, trockenhumorigen Art passt sie auch bestens zu diesem Umfeld, nur ist sie mittlerweile wohl nicht mehr so häufig am Fischmarkt anzutreffen, weil sie stattdessen durch die Welt jettet.

„Qualm“ passt als Titel sehr gut zum Schaffen von Hauff, denn zum einen kann die Musikerin dunklen, verrauchten Clubs etwas abgewinnen und widmet ihrer aus der Mode gekommenen Leidenschaft für die Kippe auch schon mal Songs („Fag Butts in the Fire Bucket“ – „Kippen im Ascheeimer“), zum anderen ist die englische Bedeutung des Wortes Qualm („Zweifel“, „Bedenken“) ihrem Sound quasi eingeschrieben. Über den technoiden Klanglandschaften schien bei Hauff schon immer ein hauchzarter, tiefschwarzer Dark-Wave-Schleier zu liegen – ihre Musik wirkt wie gemacht für feuchte, kleine Kellerclubs.

Helena Hauff: „Qualm“ (Ninja Tune/Rough Trade)

live: 13. 10., Berlin, Griessmühle

Auf ihrem neuen Album nimmt sich Hauff Zeit, es ist mit 56 Minuten Spielzeit (bei 12 Stücken) ihre bislang längste Veröffentlichung. Das Klangspektrum, das zu hören ist, ist gut in den Titeltracks abgebildet: In „Qualm“ sind Sounds zu hören, die fast krautrock-/ambientmäßig anmuten, in „No Qualms“ sind dann die gleichen Synthie-Melodien zu hören, während sich aber ein knackiger Beat und Handclaps darüberlegen.

Diese Breite an Ausdrucksmöglichkeiten zeichnet das Album aus, da steht ein verspielt-verquirlter Track wie „Entropy Created You and Me“ neben einem von 80er-Electro beeinflussten Stück wie „The Smell Of Suds And Steel“ und dem Eröffnungssong „Barrow Boot Boys“, der hypernervös und krachig-aufgekratzt klingt. Der Sound der Hauff ist mit dem englischen „rough“ in all seinen Bedeutungen gut umschrieben: Er ist hart, uneben, grob, schwer, rau – und manchmal gewollt ungeschliffen.

Die düstere Anmutung und die postindustrielle Atmosphäre bleibt auf „Qualm“ erhalten; sie habe sich immer schon für die dunkle Seite der Musik interessiert, hat Helena Hauff einmal gesagt, allzu glückselige Musik komme ihr immer so falsch vor. Hauff bevorzugt das Richtige im Falschen, bei ihr ist intensive, alles andere als eindimensionale Menschmaschinenmusik zu hören, die nur auf die Körper zu warten scheint, die sich von diesem Sound ordentlich durchrütteln lassen. Am besten natürlich im verrauchten Club.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.