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Neues Album von Courtney BarnettSingen übers Fensterputzen

Auf dem dritten Album der australischen Songwriterin Courtney Barnett, „Things Take Time, Take Time“, regiert die Leichtfüßigkeit.

Braucht nur wenige Worte und Akkorde für große Popsongs: Courtney Barnett Foto: Mia Mala McDonald

Beim letzten Album wollte sie wissen, wie es uns geht. Also, wie es uns wirklich geht. Auf einer Website konnte man seine Antwort in ein Fenster eintippen, absenden und die eigenen Worte poppten dann auf zwischen Beschreibungen von „Danke, gut“ bis hin zu tiefenpsychologischen Erforschungen – eine Art Liveticker globaler Gemütslagen.

Dieses Mal dürfen wir Courtney Barnett eine Postkarte schicken mit Dingen, auf die wir uns aktuell freuen – offenbar blieb bei der letzten Aktion „Danke, gut“ doch eher die Ausnahme und Barnett muss die Fans ein bisschen stupsen, die guten Dinge im Alltag zu sehen. Erlernter Optimismus sozusagen.

Wem die Antworten auf die Frage nach den guten Seiten des Lebens doch eher im Halse stecken bleiben, bekommt von der australischen Künstlerin Hilfestellung.

Write a List of Things to Look Forward To, heißt auch einer ihrer Songs, ein fröhlich vor sich hin hüpfendes Stück Popmusik, das in seiner Leichtfüßigkeit an die Go Betweens erinnert, ebenfalls Australier und eine der Bands, die sie maßgeblich beeinflusst haben.

Liste des Guten

Courtney Barnett

Courtney Barnett: „Things take Time, take Time“ (Marathon Music Group/Rough Trade)

Der Song mit der Liste des Guten erscheint auf dem dritten Album von Barnett, „Things Take Time, Take Time“, in dem die Leichtfüßigkeit ohnehin regiert. Der Gitarrenkrach ihrer ersten Doppel-EP („A Split Sea of Peas“, 2013) und ihres Debütalbums von 2015 („Sometimes I Sit and Think and Sometimes I Just Sit“) sind damit weitgehend verschwunden.

Courtney Barnetts eingängige Songs führen vor, dass es kaum Inszenierung braucht, um großes Drama in Musik zu packen

Geblieben sind Introspektion und die Zurückgelehntheit, die die 33-Jährige auch schon auf ihrem zusammen mit US-Ober­slacker Kurt Vile entstandenem Album „Lotta Sea Lice“ (2017) bewiesen hat und die mittlerweile zur Barnett’schen Signatur geworden ist. Höhepunkt ihres neuen Werks ist in der Hinsicht auch gleich der Auftaktsong „Rae Street“, dessen unscheinbares Midtempo spätestens beim zweiten Hören seine ganze Schönheit entfaltet.

„Time is money / And money is no man’s friend“, singt Barnett im Refrain. Es sind diese kleinen Weisheiten, teilweise sprechgesungen oder binnengereimt aneinandergereiht, die die Texte der Australierin ausmachen. Dass es nicht viel Inszenierung braucht, um großes Drama in Songs zu packen, weiß Barnett überdies.

An der Grenze zur Depression

Die Künstlerin singt in nüchterner Lakonie vom Fensterputzen, vom Warten auf den Anruf der Angebeteten, ebenso wie von Ängsten und Komplexen an der Grenze zur Depression. Die kann man übrigens auch hervorragend anhand eines unordentlichen Vorgartens erzählen, wie sie schon 2015 bewiesen hat.

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Aufgenommen wurde „Things Take Time, Take Time“ mit Warpaint-Schlagzeugerin Stella Mozgawa. Auch die findet es gar nicht nötig, den Wumms ihrer Hauptband in Barnetts Musik zu stecken, sondern lässt den lyrischen und instrumentalen Ideen ihrer Songwriterin Raum. Barnett wiederum meint übrigens, ihre Stücke seien nur deshalb so ruhig, weil sie beim Komponieren Rücksicht auf Nach­ba­r:in­nen nehmen musste.

Tatsächlich hat sie ihre Songs aber auch geschrieben, um den nicht ganz so einfachen Antworten darauf, wie es um ihre Mitmenschen steht, gerecht zu werden. In „Take it Day by Day“ etwa täuscht die musikalische Leichtigkeit, denn im Text begleitet sie jemanden durch eine depressive Phase: Du musst erst einmal nur einen Fuß vor den anderen setzen, mehr nicht, heißt es da. Und: „I’m checking in / Just to see how you’re going / Are you good? Are you eating?“

Dass „Things Take Time, Take Time“ erst ihr drittes Album ist, überrascht, wenn man daran denkt, wie oft Courtney Barnett bereits als Hoffnung des Rock ’n’ Roll bezeichnet wurde. Aber vielleicht muss man hier wieder mal einen Albumtitel wörtlich nehmen. Barnett weiß, dass die wichtigen Dinge Zeit brauchen. Vielleicht auch, bis man die Frage, wie es einem geht, wieder etwas positiver beantworten kann. Courtney Barnett gelingt dies mittlerweile. Alle anderen kann ihre Musik zumindest ein Stück weit auf dem Weg dahin begleiten.

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