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Neuer Vorstoss aus BrüsselEU-Kommissarin für Netzsperren

Die EU-Kommissarin Cecilia Malmström erklärt, mit den "dunklen Ecken des Internets aufräumen" zu wollen. Ihr Entwurf, den sie heute in Brüssel vorstellt, listet 22 Straftatbestände auf.

Will die Sperre: Cecilia Malmström. Bild: ap

FRANKFURT apn | Die EU-Kommission will alle Mitgliedsstaaten verpflichten, den Zugang zu kinderpornographischen Internetseiten zu blockieren. Das kündigte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in einem Gastbeitrag für faz.net an. Die geplanten Internetsperren seien Teil einer umfassenden Richtlinie zum Kinderschutz, die "mit den dunklen Ecken des Internets und den kriminellen Bildern von Kindesmissbrauch aufräumen" soll. Sie will den Entwurf der Richtlinie heute in Brüssel vorstellen.

Bilder, die Kindesmissbrauch zeigten, könnten "unter keinen Umständen als legitime Meinungsäußerung gelten", schrieb Malmström. "Handeln wir nicht, so könnten die Nutzer solcher Websites das Betrachten derartiger Bilder mit der Zeit womöglich als normal ansehen."

Würde die Richtlinie umgesetzt, müsste Deutschland jene Internetsperren einführen, von denen sich die schwarz-gelbe Regierung gerade verabschiedet hatte. Der Entwurf enthält laut faz.net 22 Straftatbestände, die die Mitgliedstaaten in nationales Recht aufnehmen müssten, darunter das sogenannte Grooming – der Versuch, in Online-Netzwerken Kinder ausfindig zu machen, um diese später zu missbrauchen. Bestraft werden soll auch, wer Kinder zu sexuellen Darbietungen etwa vor einer Webcam veranlasst.

Zusätzlich zu Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie sollen demnach in Zukunft auch das gezielte Suchen nach und das Betrachten derselben im Internet strafbar sein. Damit will die EU-Kommission dem Umstand Rechnung tragen, dass Kriminelle eine Strafe umgehen könnten, indem sie Fotos direkt im Netz ansehen oder Videos "streamen", sie also in Echtzeit abrufen, ohne die entsprechenden Dateien auf dem eigenen Rechner zu speichern.

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12 Kommentare

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  • TF
    the fnord

    Wenn Politiker einmal verstanden haben, wie man etwas NICHT macht... dann wiederholen sie das immer und immer wieder!

     

    *facepalm*

  • DM
    Doc Mison

    Eine sehr nette Aktion.

     

    Danke für die schöne Werbung für die NRW Wahl.

     

    Die Piratenpartei

  • H
    Heinzi

    Pädokriminelle Handlungen sind grundsätzlich in Europa bereits strafbar. Das ist in jedem Land so, allerdings ist die Definition was Pädokriminelle Handlungen angeht nicht überall dieselbe. Mit 14 heiraten mag in einzelnen Teilen der Welt noch immer gültiges Recht sein, in anderen ist es nicht mehr erlaubt, bzw. wird gesellschaftlich geächtet, weil es anrüchig ist.

     

    Die Frage ist doch: Können dürfen die einen, den anderen Vorschreiben welche Regeln sozial, kulturell zu gelten haben? Ist es nicht auch eine Form von Machtmißbrauch, wenn westlich genormte Länder anderen Ländern ihre Sitten aufdrängeln wollen und umgekehrt?

     

    Damit kommen wir der Sache schon näher. Es geht also tatsächlich rein um Macht und Kontrolle, um Law and Order, Deutungshoheit und das fremde, das andere, die andere Sicht- und Lebensweise der Strafgerichtsbarkeit zu unterwerfen um auf diese dann Macht ausüben zu können.

     

    Wer wirklich etwas für Kinder machen möchte, kann das jederzeit tun indem er Armut bekämpft, Bildung und soziale Chancen fairer verteilt.

     

    _

     

    Gerade heute in der Chatkultur ist es nicht zu vertreten, dermaßen schwammige Konzepte für Kommunikation und Kontaktaufnahme zum Anklagepunkt strafbarer Gesetze zu machen.

    In einem normalen Chat ist die Mischung zwischen 10-50 Jahre keine Seltenheit mehr. Es ist Alltag. Auch wenn mir persönlich das genauso nicht immer gefällt, weil die geistigen Welten von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht immer in jedem Themenbereich vermischt werden sollte, trotzdem ist es eine Realitiät, die solche Kampagnen ad absurdum führen und das unklare Gefühl von Totalitarismus erklären, dem sich viele Bürger durch solche realitätsfremden Vorstöße unterworfen sehen.

     

    Wenn ich mir vorstelle, daß ich in einem Chat auf Gesprächspartner warte, einen Smalltalk über das Wetter und später über dies und das führe, Fragen, Probleme, Persönlichkeiten, Nachrichten und das Gespräch bewegt sich dann auf sexuelle Themen zu, was heute nicht selten ist, wenn das also meine Realität im Chat ist, will mir diese Politikerin 20 Jahre Knast mit anschließender Sicherheitsverwahrung androhen, weil mein anonymer Gesprächspartner/in ein Kind ist oder nach gesetzlicher Definition sein soll?

     

    Beim besten Willen, ich glaube nicht das so etwas Zukunft haben kann und mit dieser Erklärung wird auch deutlich, wieso so viele reflexhaft von totalitärem Staatsgebaren reden, wenn solche Forderungen in der Politik formuliert werden.

    Es IST Totalitarismus und Gängelung.

     

    Nicht schlecht wäre es, einmal zu analysieren, ob diejenigen, die die Gefährlichkeit des Internets als das Feindbild auserkoren haben, nicht unter einem eigenen familiären Trauma leiden, das sie daran hindert den eigentlichen Schauplatz der schlimmsten Kindesmißbräuche und -mißhandlungen zur Sprache zu bringen: Die eigene Familie, Freundeskreis, Bekanntenkreis und das soziale Umfeld. Der schwarze Mann und das transnationale Netzwerk kapitaler Verwerter taugt als Feindbild, ist aber nicht der Täterkreis. Natürlich ist es aber leichter diesen ominösen Täterkreis zu beschuldigen, als in der Familie und bei Vater, Mutter, Freund und Bekannten nach den Tätern zu suchen.

    Da wir aber die Diskrepanz haben, den Täter zu Dämonisieren, kann es ja gar nicht der Kollege, der Mensch, der Vater, die Mutter sein oder gar ich selbst sein, der Täter ist.

     

    Gerade hier müssen wir einen sensiblen bildungsorientierten Ansatz rüberbringen, der die wirklichen Probleme thematisiert im Kampf gegen Kindesmißbrauch und Gewalt an Kindern.

     

    MFG

     

    Heinzi

  • O
    Otto

    Zuerst eine kleine Fehlerkorrektur:

    "Videos "streamen", sie also in Echtzeit abrufen, ohne die entsprechenden Dateien auf dem eigenen Rechner zu speichern."

    Soweit ich weiss, werden diese Daten immerhin temporär gespeichert, insofern ist dieser Satz leicht falsch.

     

    Dennoch: Wie wollen wir es denn diesmal machen? Wieder STOP-Schilder aufstellen? Gut, man könnte auch draufschreiben: "Bitte ändern sie ihren DNS-Server, sonst kommen sie hier nicht rein." Das dauert 30 Sekunden, ist mit Windows-Boardmitteln möglich und kinderleicht. Warum nehmen wir die Server nicht einfach vom Netz? Weil die in Ländern stehen, in denen wir keine Rechtskraft haben? Falsch: https://scusiblog.org/?p=330 Hier mal eine Karte, wo wie viele Server stehen. Was fällt auf? Alles Länder, zu denen wir recht gute Beziehungen haben.

  • L
    lächerlich

    diese frau ist klar faschistis bzw diktatorisch angehaucht. das merkt ma schon daran wen ma sich ihre reden anschaut und anhört. ihre aussagen würden heutzutage von göbbels/mao/stalin sicherlich bejubelt werden. wen sie den noch leben würden. diese frau macht unterirdische politik. aber was soll ma auch anderes von nicht gewählten eu parlamentarier erwarten.

     

     

    mfg

     

    ps: eu ist eine diktatur/polizeistaat

  • LK
    Ludo K

    Ich stimme der EU-Politikerin zu: das Internet ist viel zu frei. Man muss die Surfer vor sich selbst schützen und von kompetenten EU-Funktionären ausgewählte Seiten zensieren.

  • M
    Meckerl

    Altbekanntes Muster.

    Klappt's zu Hause nicht, macht man's über die EU und verkauft das dann als wir-können-da-nix-dafür-das-ist-eine-EU-Richtlinie.

     

    Treffen sich zwei Bundestagsabgeordnete.

    Fragt der eine: Wie geht's?

    Sagt der andere: Über die EU.

  • N
    Nigredo

    Ganz klar: Google muss sich jetzt aus dem europäischen Raum zurückziehen, um ein klares Zeichen zu setzen!

    Denn wir haben ja gelernt, dass das genau so läuft, wenn zensiert wird...

  • A
    anonym

    Ich empfehle jedem, die Probe zu machen und selbst nach Kinderpornographie zu suchen. Ich habe etwa 2 Std intensiv gesucht und bin sicher kein Laie - es ist nichts da. Natürlich wird es irgendwo Seiten geben, aber ich möchte doch anmerken, dass, solange man sich im konventionellen Web bewegt, außerhalb von icq und Ähnlichem, man nichts finden wird. Eine Sperrung von Seiten ist also sowieso überflüssig.

  • H
    hausi

    wieder jemand mit 0 technik-verständnis ... ?

    ist es so abwegig, sich mal schlau zu machen,

    ob verfolgung nicht doch besser greift,

    oder hängt die unterhaltungsindustrie dahinter,

    unter vorwand der missbrauchten kinder, um

    im kampf um die kontrolle der inhalte im netz

    besser dazustehen? würde mich nicht wundern: auf kosten der schwachen und wehrlosen - wie gewohnt.

  • J
    jonas

    Ist das nicht erstaunlich? Nachdem die Bundesregierung gerade festgestellt hat, dass ihr Problemlösungsansatz ein Schuss in den Ofen war, kommt exakt der selbe Vorschlag aus der EU...

     

    Könnte mal jemand mit technischem Verständnis und der Fähigkeit, die Umsetzbarkeit eines solchen Projektes zu bewerten bei dieser Malmström vorbeischauen und ihr Nachhilfe geben, damit wir uns nicht schon wieder mit diesem Humbug herumschlagen müssen?

     

    Nicht das ich Kinderpornographie als schützenswert erachte, aber hier wird wieder Steuergeld für eine völlig sinnfreie Kampagne verbrannt.

  • S
    Susi

    Kaum ist der Zensurinfrastruktur-Vorstoß im Innern abgewehrt, wird das Thema nun über die EU eingekippt. Wen wunders?

     

    Auch hier gilt, Löschen statt Sperren! Es ist immer noch viel einfacher eine Abuse-Mail an den Provider zu schicken, der den Inhalt dann sicher löschen wird, weil er kein Schmuddel/Krimineller-Provider sein soll.

     

    Und wie will man bitte gezieltes Suchen nach KiPo nachweisen?

    Das ist wieder sowas von schwammig....

     

    Darf man also wieder die Argumente von AK-Zensur hervorholen und sich diesmal mit der EU-Kommision statt denkfaulen Bundestagsabgeordneten rumschlagen.