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Neuer Vergleich zu Kita-PersonalSchlusslicht bei Krippen

Hamburg hatte 2018 mit 1 zu 4,8 die schlechteste Erzieher-Kind-Relation der alten Länder. Bis 2021 soll es besser werden, aber noch fehlen Fachkräfte.

Da können sie noch so lange Ausschau halten: Genug Erzieherinnen und Erzieher sind nicht in Sicht Foto: dpa

Hamburg taz | Die Situation in Hamburgs Krippen für unter dreijährige Kinder hat sich zwar leicht verbessert, die Stadt hat unter den elf alten Bundesländern aber immer noch den schlechtesten Wert. So ein Fazit der neusten Bertelsmann-Kita-Studie. Gegenüber 2017 verbesserte sich der Hamburger Schlüssel von einer Fachkraft auf rechnerisch 5,2 Kinder auf eins zu 4,8.

Zum Vergleich: In Schleswig-Holstein betreut eine Person rechnerisch 3,7, in Niedersachsen 3,8 und in Bremen bei 3,5 kleine Kinder. Damit behalte Hamburg „die rote Laterne“, kritisierte der Landeselternausschuss (LEA).

Die Daten werden alljährlich von Bertelsmann im „Ländermonitoring frühkindliche Bildungssysteme“ zusammengestellt. Der Vorstand der Stiftung, der frühere Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger, mahnte „kindgerechte Betreuungsschlüssel“ an. Diese liegen bei den Krippen bei einer Relation von eins zu drei.

Tatsächlich müsse man bei den Zahlen auch noch die „mittelbare Pädagogik“ wie Elterngespräche und Vorbereitung sowie Urlaub und Krankheit mitrechnen, ergänzt Bertelsmann-Referentin Ka­trin Bock-Famulla. Denn die reale Situation, die Eltern in den Krippen vorfinden, sei eine andere. In Personalschlüssel umgerechnet bedeutet dies, dass sich eine Fachkraft nicht um 4,8 Kinder, sondern um 7,1 Kinder kümmert. Für wirklich kindgerechte Personalschlüssel fehlen der Stadt laut der aktuellen Studie rund 3.100 Fachkräfte.

Senatorin verspricht gute Qualität

Die Sozialbehörde weist darauf hin, dass Hamburg längst einen per Gesetz verankerten Zeitplan hat, um die Krippenschlüssel zu erhöhen. „Wir teilen die Diagnose eines hohen Fachkräfte-Bedarfs“, sagt Sprecher Martin Helfrich. Doch allein in den letzten zwei Jahren seien 2.750 Fachkräfte in Hamburgs Kitas hinzugekommen, davon rund 600 seit dem 1. Januar 2019. Die seien in der aktuellen Studie nicht mit drin.

Laut Sozialbehörde lag der „Fachkraftschlüssel“ im März 2015 noch bei eins zu 6,3, aktuell liege er bei eins zu 4,7. „Das Ziel im Krippenbereich ist eins zu vier in 2021“, sagt Helfrich. „Kein Bundesland in Deutschland investiert mehr in die frühe Bildung“, sagt Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD). Es gelinge, immer mehr Plätze zu schaffen und gleichzeitig die Qualität zu verbessern. „Wer sein Kind in Hamburg in eine Kita gibt, kann sicher sein: Es wird gut betreut.“

Das sah die Opposition gestern anders. „Nach wie vor kümmern sich in keinem westdeutschen Bundesland weniger Erzieher um ein Kleinkind als in Hamburg“, sagt der CDU-Jugendpolitiker Philipp Heißner. Er moniert, dass die Kita-Politik in Hamburg „total einseitig auf Quantität vor Qualität“ gesetzt habe.

Es sei skandalös, dass der Senat die Bundesmittel des kürzlich in Kraft getretenen Gute-Kita-Gesetzes nicht nutze, um auch die „mittelbare“ Pädagogik in den Schlüsseln zu berücksichtigen, so wie von Bertelsmann gefordert. Das habe der Senat 2014 in einer Rahmenvereinbarung mit Kita-Verbänden zugesichert.

„Der Senat muss die Bundesmittel nutzen, um endlich die mittelbare Pädagogik zu finanzieren“, sagt auch der Linke Mehmet Yildiz. Zudem fehle es schlicht an Erzieher-Nachwuchs. „Viele Fachschüler brechen die Ausbildung ab, weil sie es finanziell nicht schaffen“, so Yildiz. Nötig seien bessere Bedingungen an den Fachschulen und ein „Ausbildungsgehalt“. Das fordert auch Dräger, ebenso wie bundesweit einheitliche Standards, „damit überall kindgerechte Betreuungsverhältnisse und gleiche Arbeitsbedingungen“ realisiert werden können.

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