Neuer „Terminator“-Film: Der Mann des Imperativs
Alan Taylors „Terminator: Genisys“ hat nur einen Lichtblick: Ex-Gouverneur Arnold Schwarzenegger. Auch wenn er an den Kindergartencop erinnert.
Kinogänger sind Gewohnheitswesen, zumal wenn es um Action und Geballere geht. Gerade wenn die physische Welt aus den Fugen gerät, brauchen wir Wiedererkennungseffekte mit Helden, deren Stärken, Schwächen, Rituale uns vertraut sind. Das kann ein Martini Cocktail sein, oder die Kunst des imperativen Wenig-Worte-Satzes: „Gib mir Deine Lederjacke!“
Wie es sich für einen Terminator gehört, fällt auch der allerneueste direkt mit der Tür ins Haus. Zu Beginn von „Terminator: Genisys“ zitiert Alan Taylor ganze Bildsequenzen von James Camerons weitsichtigem Auftakt der Maschinensaga. Da ist Gesicht des LKW-Fahrers, das auch das Erstaunen des Zuschauers über die gewaltigen Zeus-Blitze wiederspiegelt, die eine unwirtliche Autobahnlandschaft in eine apokalyptische Szenerie verwandeln. Da sind die Punks, die ihr Leben lassen müssen.
Ja, und da ist Arnie, die steirische Eiche, Ex-Gouverneur von Kalifornien, der barbarische Hollywoodstar, der sein Versprechen aus „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ hält, als er seinen flüssig metallenen Kontrahenten in einer höllischen Glutsuppe versenkte – mit den Worten: „Hasta la vista, Baby“.
In aller Selbstverständlichkeit nimmt Schwarzenegger als T-800 im fünften Teil wieder die ihm gebührende Position ein, dominiert souverän von der Bildmitte aus das Geschehen. Wehe dem, der seiner Mission zu nahe tritt. Die schöne Finte von Alan Taylors Ausflug in eine Zukunft, deren Schicksal in der Vergangenheit neu entschieden wird, ist die Tatsache, dass der T-800 immer schon da war. Jedenfalls schaut Kyle Reese (Jai Courtney) ziemlich dumm aus der Wäsche, als er nach seiner Zeitreise im Jahr 1984 landet und auf einen von Arnie gespielten gealterten Terminator trifft, der die für ihn vorgesehene Rolle erfüllt.
„Wenn Du leben willst, dann gib‘ mir Deine Hand“
Schon Jahre zuvor war die mit menschlichem Gewebe umhüllte Maschine in die Vergangenheit geschickt worden, um Sarah Connor (Emilia Clarke) nach dem Tod ihrer Eltern zu beschützen. Dieses Mal empfängt sie Reese mit dessen eigenen Worten aus „Terminator 1“: „Wenn Du leben willst, dann gib‘ mir Deine Hand.“
Regie: Alan Taylor, mit Arnold Schwarzenegger, Emilia Clarke u. a., USA 2015, 109 Min.
Sie wird unter den fürsorglichen Argusaugen der Maschine zu einer gnadenlosen Kämpferin ausgebildet, weil sie ihre eigene Haut schützen muss, um den zukünftigen Retter der Menschheit zu gebären. Eben jenen John Connor, der 2029 nach einem Atomkrieg die wenigen Überlebenden anführt, die gegen die Herrschaft der Maschinen aufbegehren.
Trotz leicht verschobener Rollen findet man sich also im gewohnten Setting wieder – und sehnt sich dennoch recht bald nach Linda Hamiltons löwenmähnigem Stufenhaarschnitt aus „Terminator 1“ zurück. Oder nach ihrer leicht hysterischen, so kämpferischen wie feministischen Sarah Connor aus dem zweiten Terminator-Film, die ihre Zelle in der Psychiatrie in eine Muckibude verwandelt, Kette raucht und sich durch diverse Betten schläft, um danach von ihren Liebhabern das Schießen und Schrauben zu lernen.
In der Rolle der jungen Sarah umgibt die pausbäckige Emilia Clarke hingegen die Aura der Unschuld vom Lande, und es scheint, als habe sie im Kostümfundus mit den knallengen Lederklamotten versehentlich zum falschen Outfit gegriffen.
Arnie kämpft gegen sich selbst
Auch John Connor in der Zukunftswelt hat man sich irgendwie anders vorgestellt. Nicht als brüllenden Befehlshaber in metallener Uniform, umgeben von ebenfalls uniformierten Männern, sondern als lässigen Anführer einer waghalsigen Untergrundarmee.
Ohnehin entwickelt dieser fünfte Teil einen penetranten Hang, die nahe Zukunft visuell auszuerzählen, während James Cameron sie genialisch einfach mit ein paar Totenköpfen in Bildern von ewiger Düsterheit skizzierte. In der gegenwärtigen Vergangenheit des neuen Films wiederum sind die Figuren unentwegt mit dem Erklären der verschiedenen Zeitebenen beschäftigt, die ja ohnehin keinen Sinn ergeben.
Einziger Lichtblick von „Terminator: Genisys“ bleibt Arnie, der sich im Grinsen übt und dabei ein wenig an JR- „Dallas“-Ewing erinnert. Der gegen eine jüngere Ausgabe von sich selbst kämpft und immer noch der Mann des Imperativs ist. Zu schade, dass er langsam vom Zentrum in den Bildhintergrund verzieht. Zwar absolviert er als Rückendecker von Sarah Connor und Kyle Reese noch bandscheibenerschütternde Auf- und Abtritte, doch meint man irgendwann nicht mehr den Terminator, sondern den Kindergartencop vor sich zu haben.
Aus James Camerons düsterer Dystopie ist ein Spielplatz geworden, auf dem zwar lautstark, aber ohne eigene Fantasie getollt wird.
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