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Neuer Stasi-Beauftragter für SachsenZu sehr Literat, zu wenig Konzept

Nur äußerst knapp konnte er sich durchsetzen: CDU und FDP wählten in Sachsen den Schriftsteller Lutz Rathenow zum neuen Stasi-Landesbeauftragten - trotz Kritik.

Wurde mit denkbar knapper Mehrheit zum neuen sächsischen Stasi-Beauftragten gewählt: Schriftsteller Lutz Rathenow. Bild: dpa

DRESDEN taz | Ein Raunen ging am Mittwoch durch den Plenarsaal des Sächsischen Landtages, als der Präsident das Ergebnis der geheimen Wahl zum Stasi-Landesbeauftragten bekannt gab. Mit 76 Stimmen erreichte der Schriftsteller und Publizist Lutz Rathenow genau die erforderlich Mindestzahl. Das knappe Ergebnis, das unter der Sitzanzahl der Regierungskoaliton aus CDU und FDP bleibt, ist Ausdruck einer seit Jahresbeginn schwelenden Auseinandersetzung in dieser Koalition.

Nach zehn Jahren hatte der ehemalige DDR-Umweltaktivist Michael Beleites nicht erneut für dieses Amt kandidiert. Ohne würdige Verabschiedung räumte er im Dezember seinen Platz, denn der stille, aber konsequente Landesbeauftragte hatte sich wegen einer Stasi-Affäre am Dresdner Hannah-Arendt-Institut auch mit der CDU angelegt.

Das Vorschlagsrecht für die Personalie liegt beim aufsichtsführenden Justizministerium, und das steht laut Koalitionsvertrag der FDP zu. Justizminister Jürgen Martens benannte zunächst seinen Parteifreund Konrad Felber, Leiter der Dresdner Außenstelle der bisherigen Birthler-Behörde. Doch die Opferverbände der DDR-Willkür und Teile der CDU favorisierten die Bürgerrechtlerin Freya Klier. Bevor er im Koalitionsgeschacher verbrannt werden konnte, zog Felber zurück.

Widerstand gegen Parteiengezänk

Der Minister zog daraufhin Anfang März mit Lutz Rathenow den vermeintlichen Joker. Doch die Opferverbände lehnten Rathenow ab. Siegfried Reiprich, Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, nannte stattdessen Freya Klier eine "Kandidatin der Herzen". Rainer Wagner, Geschäftsführer der Union der Opferverbände, schwächte später gegenüber der taz ab. Man habe überhaupt nichts gegen den wegen seiner DDR-Widerstandsbiografie nicht minder geeigneten Rathenow. Man wehre sich nur gegen das Parteiengezänk, das dieses Amt beschädigt habe.

Noch am Dienstag war Rathenow bei seiner Vorstellungsrunde in den Fraktionen bei der CDU eigentlich durchgefallen. Zu sehr Literat, zu wenig Konzept, hieß es. Doch der rechtspolitische Sprecher Marko Schiemann überredete die Fraktion schließlich zur Koalitionsdisziplin, um den labilen Koalitionsfrieden nicht weiter zu gefährden und das Amt endlich zu besetzen.

So kann die FDP das Ergebnis als Erfolg verbuchen. Wichtiger als die Personalie erscheint inzwischen die Neuprofilierung des Amtes. Mit Stasi-Unterlagen hat es immer weniger zu tun, vielmehr mit Bildungsarbeit und Verbandsbetreuung. Das sieht Rathenow auch so. Justizminister Martens konnte allerdings noch nicht sagen, ob er in dieser Legislatur noch ein Gesetzesnovelle vorlegen wird.

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2 Kommentare

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  • KB
    Karl Bitzold

    Das mit dem "Versorgungsposten" wird es wohl sein. Den Begriff kannte ich noch gar nicht. Bei einer wahrhaft fürstlichen Bezahlung gemäß der Besoldungsstufe B3 für eine Personalverantwortung über drei Mitarbeiter (ein Bürgermeister einer Gemeinde bis 10 000 Einwohner erhält die gleiche Bezahlung) gibt es keinen besseren Begriff.

     

    Vergütung ist selbstverstänlich o.K. In diesem Maß?

  • IF
    Ines Falcke

    Einer konnte es nur werden.

    Sowohl der Schriftstellerin Freya Klier, als auch dem Schriftsteller Lutz Rathenow ist ein geregeltes Einkommen zu gönnen.

    Die großen Millionenauflage, einen Bestseller haben ja nun beide noch nicht geschrieben.

    Allerdings eben: Einer konnte es nur werden.

     

    Die "Welt" beschrieb schon 2005 staatliche Posten wie den oben dargestellten vor allem als Versorgungsposten.

    (Ich will nicht über Gebühr lästern: Mein Einkommen beziehe ich auch aus meinem Gehalt als Gymnasiallehrerin und nicht aus meiner Kunst.)

     

    Ines Falcke