Neuer Regierungschef in Frankreich: Sarkozy-Vertrauter wird Premier
Jean Castex stammt aus dem Südwesten Frankreichs. In der Corona-Krise hat der bürgerlich Rechte die Lockerungen koordiniert.
Castex ist bisher in der Corona-Krise dafür zuständig, die Lockerungen zu koordinieren. Der Vertraute des früheren konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy ist Bürgermeister der Stadt Prades in Südwestfrankreich. Er ist ein hochrangiger Politikfunktionär, kommt von den bürgerlichen Rechten und ist in der Öffentlichkeit nicht besonders bekannt. In der französischen Presse hat er den Spitznamen „Monsieur déconfinement“ – das Wort „déconfinement“ steht für die Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise.
Der Rücktritt der Regierung war nicht überraschend gekommen. Macron will seine Politik neu ausrichten und deshalb mit einer anderen Regierungsmannschaft arbeiten. „Ökologischer Wiederaufbau“ ist nun eines seiner Schlagworte. Der 42-Jährige betonte in Interviews mit Regionalzeitungen aber auch: „Ich glaube, dass der Kurs, den ich 2017 eingeschlagen habe, nach wie vor richtig ist.“ Er wolle künftig aber noch viel mehr auf Dialog setzen.
Philippe hatte die Mitte-Regierung seit Mai 2017 geführt. Der ursprünglich aus dem Lager der bürgerlichen Rechten stammende Politiker hatte Ende Juni als Bürgermeisterkandidat die Kommunalwahl in der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre für sich entschieden – dort war er schon einmal Bürgermeister gewesen.
Spannungen an der Spitze des Staates
Über die politische Zukunft Philippes wurde monatelang spekuliert. Während der schweren Corona-Krise hatte es Spannungen an der Spitze des Staates gegeben. So drückte Macron beim Lockern der strikten Ausgangsbeschränkungen aufs Tempo, während Philippe bremste. In Beliebtheitsumfragen schneidet der hünenhafte Politiker wesentlich besser ab als Macron. Philippe hatte in der Corona-Krise, die Frankreich mit rund 30.000 Toten schwer traf, als ruhig wirkender Krisenmanager deutlich an Statur gewonnen.
Premierminister haben in Frankreich einen schwierigen Stand, da üblicherweise der Staatspräsident im Rampenlicht steht und die großen Linien vorgibt. So vertritt der Staatschef Frankreich bei EU-Gipfeln oder anderen internationalen Spitzentreffen. Der damalige konservative Präsident Nicolas Sarkozy, der von 2007 bis 2012 regierte, bezeichnete seinen Premier François Fillon einmal herablassend als seinen „Mitarbeiter“.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach der Bundestagswahl
Jetzt kommt es auf den Kanzler an
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Sieger des rassistischen Wahlkampfes
Rechte Parolen wirken – für die AfD
Die Grünen nach der Bundestagswahl
„Ja, pff!“
Alles zur Bundestagswahl
Oma gegen rechts hat Opa gegen links noch nicht gratuliert
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird