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Neuer Regierungschef im LibanonHoffnungsschimmer im Libanon

Nawaf Salam, bisher Präsident des Internationalen Gerichtshofs, wird neuer Regierungschef im Libanon. Die Menschen feiern auf der Straße.

Nawaf Salam am 14. Januar auf dem Weg zum Präsidentenpalast in Baabda Foto: Mohamed Azakir/reuters

Beirut taz | Nach über zwei Jahren des politischen Stillstands geht es nun ganz zackig: Der Libanon hat einen neuen Regierungschef, ernannt vom neuen Präsidenten. Niemand anderes als der Chef des Internationalen Gerichtshofs, Nawaf Salam, soll den politischen Wandel im Libanon gestalten.

Am Montagabend feierten Menschen in Teilen des Landes auf der Straße mit Feuerwerk und libanesischer Nationalflagge, darunter auf dem zentralen Märtyrerplatz in Beirut. Dort mussten im Oktober noch Menschen unter freiem Himmel übernachten, weil sie vom Krieg vertrieben wurden. 2019 protestierten auf dem Märtyrerplatz Hunderttausende gegen das korrupte politische System.

Auf den Straßen von Protestierenden und Ver­tre­te­r*in­nen der Zivilgesellschaft war damals oft ein Name zu hören: Nawaf Salam. Als international erfolgreicher Richter gilt er als integer und unabhängig vom konfessionellen System. Im Libanon regelt ein Proporzsystem die politischen Führungspositionen und die parlamentarischen Sitze. Um einen erneuten Bürgerkrieg zu verhindern, ist die Macht unter den konfessionellen Parteien aufgeteilt. Der Parlamentssprecher ist Schiit, der Präsident ist maronitischer Christ und der Regierungschef ist Sunnit.

Doch das System hat zu Klientelismus geführt. Viele Li­ba­ne­s*in­nen bezichtigen ihre Politiker, trotz unterschiedlicher Parteien zu einer politischen Klasse zu gehören, die das Land durch Korruption in den Staatsbankrott gebracht hat.

Die Hisbollah muss sich zurückziehen

Die Nominierung Salams ist ein Hoffnungsschimmer nach dem 14-monatigen Krieg, bei dem durch israelische Angriffe rund 4.000 Menschen getötet und mehr als 16.000 verwundet wurden. Es braucht 3,3 Milliarden Euro für den Wiederaufbau, schätzt die Weltbank.

Die Hisbollah, die auch eine politische Partei ist, hat zwar finanzielle Hilfen in Aussicht gestellt, doch sie ist militärisch und finanziell geschwächt. Der verbündete Iran steckt seinerseits in einer Wirtschaftskrise. Nun stehen die Chancen gut: Mit einer neuen, technokratischen Regierung wären internationale Geldgeber bereit, beim Wiederaufbau zu helfen.

Am 26. Januar läuft der temporäre Waffenstillstand aus. Israelische Soldaten sind noch immer in Dutzenden libanesischen Orten entlang der Grenze stationiert. Die Kämpfer der Hisbollah müssen sich ihrerseits von der Grenze zurückziehen, das libanesische Militär soll die Kampfstellungen auflösen und die Region sichern – so sieht es der Deal vor, ausgehandelt mit internationaler Hilfe.

Präsident Jospeh Aoun hat bei seinem Antritt am Donnerstag angekündigt, dafür zu sorgen, dass alleine der Staat das Monopol auf Waffen hat. Gemeinsam müssen er und Salam dafür sorgen, dass die Hisbollah ihre Kämpfer aus dem Süden abzieht, ihre Waffen abgibt und ihre Truppen in das libanesische Militär integriert.

Es braucht eigentlich einen Neuaufbau des Staates

Bisher ist das ein unmögliches Unterfangen. Die Hisbollah hat durch politische Morde und Drohgebärden den Staat paralysiert. Im Jahr 2008 beispielsweise beschloss die Regierung nach einer 18-monatigen politischen Krise, das Kommunikationssystem der Hisbollah abzuschalten. Diese belagerte daraufhin sunnitische Stadtteile im Westen Beiruts.

Als wäre das nicht genug, muss die neue Regierung den Staat quasi neu aufbauen: Durch den politischen Stillstand wurden Reformen verschleppt, die das Land dringend benötigt, um aus der Wirtschaftskrise zu kommen: Die Schulden des Bankensektors müssen restrukturiert werden, denn die Spare­r*in­nen wurden um ihre Geldeinlagen beraubt, die Banken nicht herausgegeben hatten. Die Gehälter im öffentlichen Sektor müssen angeglichen und der Haushalt ausgeglichen werden. Außerdem braucht es Staatsstrom, um so die Generatoren-Mafia zu stoppen.

Die Aufgaben für Libanons Regierende waren wohl nie größer – die Chancen auf einen echten Wandel aber auch nicht.

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