Neuer Premier im Kongo: Vom Bergbau- zum Regierungschef
Jean-Michel Sama Lukonde wird neuer Premierminister der Demokratischen Republik Kongo. Er soll aus Reformansprüchen Realität machen.
Seit Montagabend führt damit erstmals ein politischer Verbündeter des kongolesischen Reformpräsidenten Félix Tshisekedi die Regierung des bitterarmen und unruhigen 90-Millionen-Einwohner-Landes und nicht mehr ein Anhänger von Tshisekedis korruptem Vorgänger Joseph Kabila, der bis heute noch wichtige Strippen in der Politik zieht.
„Gute Regierungsführung bis es quietscht“, versprach Kongos Neuer nach seiner Ernennung und listete Prioritäten auf: „Sicherheit, soziale Fragen, Gerechtigkeit, Zugang zu Bildung und Gesundheit für alle.“ Dies wolle er mit „Rigorosität, Kampf gegen schlechte Werte und gegen Betrug im Allgemeinen“ erreichen.
Sama Lukonde wechselt ins Amt des Premierministers direkt vom Amt des Generaldirektors von Kongos größtem Staatskonzern, der Générale des carrières et des mines, kurz: Gécamines, Besitzer der Rechte an den ertragreichsten Kupfer- und Kobaltvorkommen der Welt im Bergbaurevier der südkongolesischen Region Katanga.
Präsident Tshisekedi hatte den studierten Ingenieur und Informatiker im Jahr 2019 in dieses Amt berufen, als Aufräumer der korrupten Rohstoffgeschäfte der Kabila-Ära und davor der Mobutu-Diktatur.
Bergbaurechte nicht länger verschleudern
„Wir wollen den Riesen wieder aufrichten“, sagte damals der neue Direktor, der seine eigenen ersten Bergbauerfahrungen als Händler in den Gruben von Katanga gemacht hat, in einem Interview: Der Staatsbetrieb dürfe nicht länger Bergbaurechte an korrupte Investoren verschleudern, die dann wiederum windige lokale Subunternehmer einsetzen, sondern er müsse „unser strategisches Eigentum optimieren und unsere Eigenproduktion fördern“.
Mit solchen Visionen passt der junge neue Premier hervorragend zum jungen Staatschef, dem die Zeit allmählich davonläuft, vor den nächsten Wahlen im Jahr 2023 den Wahlspruch seiner Partei „Das Volk zuerst“ zu erfüllen.
Sama Lukonde soll die Reformvorstellungen der Gegner Kabilas, der selbst ebenfalls aus Katanga stammt, in die Tat umsetzen: den Rohstoffreichtum der Region nicht länger zur persönlichen Bereicherung nutzen, sondern zum Aufbau des gesamten Landes.
Der 1977 in Paris Geborene hat außerdem eigenes politisches Gewicht: sein Vater Stéphane Lukonde, ein regionaler Parteiführer in Katanga, wurde 2001 kurz nach Joseph Kabilas Amtsantritt in Katangas Hauptstadt Lubumbashi erschossen. So etwas adelt im Haifischbecken der kongolesischen Politik.
Kein Machthaber im Kongo kann sich ohne Rückhalt in Katanga halten, dessen Bodenschätze die wichtigste Einnahmequelle des Landes darstellen. Sama Lukonde soll Tshisekedi nicht nur die Macht sichern, sondern auch die Einnahmen.
Kongos Staatseinnahmen liegen derzeit bei unter 5 Millliarden Euro im Jahr – damit lässt sich kein Staat machen. Am 15. März stellt sich der neue Premier im Parlament zur Abstimmung.
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