Neuer Präsident: Ein Kettenraucher für Zypern
Der neue Präsident Zyperns heißt Nikos Anastasiades und wirft schon mal mit Aschenbechern. Der Konservative will die Insel vor einer Staatspleite bewahren.
BERLIN taz | Es mag eine gute Nachricht für Zyperns Finanzlage sein, dass mit dem Konservativen Nikos Anastasiades ein Mann Präsident wird, der beste Kontakte zu Angela Merkel unterhält. Denn damit steigen die Chancen, dass die Mittelmeerinsel mit Hilfe eines EU-Rettungskredits vor der Pleite bewahrt wird.
Für die Brüsseler Gesundheitspolitiker dürfte die ungefährdete Wahl des 66-Jährigen - er erhielt in der Stichwahl gegen seinen linken Widersacher Stavros Malas etwa 58 Prozent - dagegen eher einen Rückschlag darstellen. Denn Anastasiades ist Kettenraucher. Während überall in den Amtsstuben auf Zypern ein striktes Rauchverbot gilt, kann man einzig in den Büros von Anstasiades Disy-Partei immer noch und entgegen der Gesetzeslage nach Herzenslust qualmen.
Von Anastasiades, dem ein aufbrausendes Temperament nachgesagt wird, wird behauptet, er werfe bei Wutanfällen auch gerne einmal mit Aschenbechern nach Widersachern. Er selbst äußerte dazu nur, diese Behauptung finde er betrüblich, zumal sie auch nicht stimme. Sein braunes Haupthaar, ergänzte er jüngst in einem Interview, sei übrigens - ähnlich wie das eines früheren deutschen Bundeskanzlers - keineswegs gefärbt.
Kein begnadeter Redner
Fest steht hingegen, dass an Anastasiades kein begnadeter Redner verlorengegangen ist. Selbst bei simplen Wahlkampfauftritten hält er sich an seinem Manuskript fest. Jedoch gilt der Mann als guter Analytiker - und das wird er künftig auch brauchen.
Denn Zypern mit seinen rund 850.000 Einwohnern steht vor der Pleite, weil sich seine Banken mit griechischen Staatspapieren gewaltig verhoben haben. Ein Rettungskredit, den das Euroland schon im Juni letzten Jahres bei der EU beantragt hat, könnte bis zu 17,5 Milliarden Euro umfassen. Anastasiades Vorgänger im Präsidentenamt, dem linken Demetris Christofias, war es nicht gelungen, sich mit Brüssel über die Konditionen zu einigen.
Da stehen die Chancen bei dem Neuen besser: Anastasiades ist bereit, entsprechend den Forderungen der Troika auch halbstaatliche Firmen zu verkaufen. Er hat im Wahlkampf eine rasche Einigung mit der EU versprochen, um einem drohenden Staatskonkurs im Juni zu entgehen. Schon kurz vor seiner Wahl verhandelte er mit international tätigen Unternehmen um einen Überbrückungskredit.
Der neue Präsident Zyperns mag ein Verfechter der Marktgesetze sein, ein tumber Nationalist aber ist Nikos Anastasiades gewiss nicht. Als vor neun Jahren eine Volksabstimmung unter den griechischen Zyprioten zur Wiedervereinigung mit dem abtrünnigen Norden anstand, wagte er als einziger Parteichef, das Volk zu einem Ja zu dem UN-Plan aufzurufen.
Er trotzte allen Verräter-Rufen und ging lieber mit fliegenden Fahnen unter, als sich eine deutliche Mehrheit gegen den Plan aussprach. Damals sah es so aus, als sei seine Karriere beendet. Jetzt ist es Anastasiades gelungen, sich seinen Traum, Staatschef der Republik Zypern zu werden, zu erfüllen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten