Neuer Parteichef gesucht: Herr Spehr tritt ab

Die Linkspartei wählt neue Vorsitzende. Sie ist inzwischen so solide, dass nicht mal von einer Kampfkandidatur die Rede ist.

Nach sieben Jahren ist Schluss: Der scheidende Parteichef Christoph Spehr. Foto: Jan Zier

BREMEN taz | Ruhiger ist es in der Linkspartei geworden. Und dass das so ist, gehört sicherlich auch zu den Verdiensten von Christoph Spehr. Heute wird er trotzdem nicht wieder zum Landesvorsitzenden gewählt. Seine Zeit ist – nach sieben Jahren – abgelaufen. Er darf nicht wieder antreten. Um seine Nachfolge als „Landessprecher“, wie das bei der Linkspartei heißt, bewerben sich Jan Restat und Felix Pithan. Keine Konkurrenz hingegen hat Fraktionssprecherin Doris Achelwilm, 38, die erneut kandidiert.

„Wir haben der politischen Landschaft in Bremen eine linke Partei hinzugefügt“, bilanziert Spehr. „Das klingt banal, aber es ist schwerer als man denkt, und es macht einen fühlbaren Unterschied.“ Partei und Fraktion, findet Spehr, arbeiten trotz ungleicher Ressourcenverteilung inzwischen „auf Augenhöhe“ zusammen, „inhaltlich und strategisch“. Das liegt natürlich auch daran, dass nicht nur Achelwilm, sondern auch Spehr bei der Fraktion fest angestellt ist, er ist ihr Referent für Arbeit, Bildung, Tier- und VerbraucherInnenschutz.

Auch Restat ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fraktion, dort zuständig für Haushalt, Finanzen und Wirtschaft. Der 50-jährige promovierte Psychologe und Mediator hat einen „grünen Hintergrund“, wie er selbst sagt: „Bis 2000 habe ich eisenhart immer die Grünen gewählt“, auch grünes Parteimitglied war er mal, in den Achtzigern. Doch als sie für die Hartz-Gesetze stimmten und sich zusammen mit der SPD für prekäre Beschäftigung stark machten, da kehrte Restat den Grünen und ihren „wohlmeinenden Bildungsbürgern“ endgültig den Rücken zu: „Nun kam der Klassenwiderspruch wieder auf den Teller“. Bei der Linken will er gern für eine bessere Vernetzung sorgen, aber auch über „Visionen“ reden, die „über den Kapitalismus hinausgehen“. Er selbst stuft sich dabei als „undogmatisch“ ein: „Ich hänge keiner Strömung an.“ Zwischen 2008 und 2011 saß Restat schon mal im Landesvorstand, zog sich dann aber zurück, weil es „genügend gute Leute“ gab. Bei der letzten Wahl wurde er in den Beirat Osterholz gewählt.

Welche Aufgabe Spehr hinterlässt? „Der Laden muss interessanter werden“, sagt Spehr, mit „ungewöhnlichen Aktionen“ etwa oder „wahrnehmbaren Diskussionen“. Im Moment stagniert die Mitgliederzahl, konstatiert der Leitantrag des zweitägigen Parteitages, und die Wählerschaft verschiebe sich zuungunsten der abgehängten Quartiere, wenn auch langsamer als bei den anderen Parteien. Eine fatale Entwicklung, gerade bei der Linken. Das Problem, sagt Spehr: „Wir haben noch keine Strategie, wie wir sozial benachteiligte Gruppen oder Stadtteile besser erreichen.“

Christoph Spehr, Noch-Parteichef

„Der Laden muss interessanter werden“

Auch Felix Pithan möchte die Präsenz der Partei in diesen Stadtteilen erhöhen, durch kontinuierliche Veranstaltungen und Infostände vor Ort, etwa im Bremer Westen oder in Tenever. „Wir brauchen nicht nur gute Wahlergebnisse, sondern auch eine sozial breiter aufgestellte und gesellschaftlich besser verankerte Linke“, sagt der 29-jährige Klimaforscher. Er kam 2001 zur Politik, infolge des G8-Gipfels in Genua, engagierte sich im globalisierungskritischen Netzwerk Attac und war Bundessprecher des Jugendverbandes Solid.

Und auch er ordnet sich keiner Strömung der Partei zu. Nicht mal von einer „Kampfkandidatur“ will er sprechen. Lieber von „demokratischer Normalität“. Schließlich treten beide weder mit unterschiedlichen Politikkonzepten, noch für verschiedene Flügel an. Wer die besseren Chancen hat? Schwer zu sagen, finden alle, die man fragt.

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