Neuer Oberbürgermeister in Dresden: Pegida sei Dank
Dirk Hilbert ist die Unterstützung von rechts außen peinlich. Das Ergebnis spiegelt auch die Spaltung der Stadt wider.
Hilbert, seit vier Monaten bereits kommissarisch im Amt, siegte mit mehr als 10 Prozent Vorsprung vor der amtierenden Wissenschafts- und Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD), die nur 44 Prozent der Stimmen erhielt. Beide Kandidaten waren von unabhängigen Wählervereinigungen nominiert worden.
Einer merkwürdigen Allianz von CDU, FDP, Freien Wählern, AfD und Pegida galt es als vordringlichstes Ziel, das „größere Übel“ Stange an der Rathausspitze zu verhindern. Dann nämlich hätte die Stadtratsmehrheit von Linken, Grünen, SPD und Piraten auch noch mit der Oberbürgermeisterin harmoniert.
Hilbert, der mit einer Koreanerin verheiratet ist und schon von einem „schweren Imageschaden“ für Dresden durch Pegida gesprochen hatte, war die Unterstützung von rechts außen peinlich. Den Begriff „Lagerwahlkampf“ lehnte er ab, gleichwohl kamen ihm die 15 Prozent Stimmen zugute, die Kandidaten von AfD und Pegida im ersten Wahlgang geholt hatten.
Nach dem linken Überraschungserfolg bei den Stadtratswahlen im Vorjahr erhärtet Dresden damit wieder seinen traditionell konservativen Ruf. Das Ergebnis spiegelt zugleich die Spaltung der Stadt wider. Die Außenbezirke wählen eher konservativ, die sozial angespannten Plattenbauviertel gar weit nach rechts. Hinter Stange stehen die aufgeklärte Neustadt, die Innenstadt, die Kultur und die an Bedeutung gewinnende Forschung und Wissenschaft. Der Mehrheit der Dresdner steht indes ein hausbackener, teddyhaft wirkender und von charismatischen Anflügen freier, früherer Wirtschaftsbürgermeister näher als die weltläufige und hochkommunikative Wissenschaftsministerin.
Dabei hat Hilbert auf seinem bisherigen Zuständigkeitsgebiet kaum Erfolge vorzuweisen. Die Gewerbesteuereinnahmen stagnieren. In der zentralen Frage nach bezahlbarem Wohnraum lehnt Hilbert eine neue städtische Wohnungsgesellschaft ab.
Die unterlegene Eva-Maria Stange betonte dagegen die gemeinsame Verantwortung für die Stadt und forderte zur Überwindung von Spaltung auf. Auch Hilbert erneuerte sein Wahlkampfmotto „vereinen statt spalten“. Immerhin: In der sonst von Grabenkämpfen gezeichneten Stadt hatte sich bereits der menschlich faire Umgang der Kontrahenten miteinander wohltuend abgehoben.
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