piwik no script img

Neuer Leipziger Tatort, die ZweiteFriedhof und Kuscheltiere

Kommentar von Christian Buss

Im "Tatort" löst das neue Leipziger Duo den zweiten Fall. Der gerät zur schwachen Therapie-Soap.

Die Neu-Leipziger Simone Thomalla und Martin Wuttke bei der Arbeit. Bild: dpa

Klar, da staubt noch eine Menge altes Beziehungsgepäck in den hintersten Winkeln ihrer Schränke herum. Ein Koffer mit Kuscheltieren und anderen Kleinkind-Utensilien ist es ganz konkret in diesem Fall.

Hauptkommissarin Saalfeld (Simone Thomalla) und Hauptkommissar Keppler (Martin Wuttke), das wissen wir ja seit einigen mäßig subtilen Andeutungen beim Amtsantritt der Fernsehermittler im Leipziger "Tatort"-Revier vor zwei Monaten, sind mal ein Paar gewesen. Dass ihre gemeinsame Vergangenheit allerdings so schnell und so plakativ in den Arbeitsalltag eingespeist wird wie in dieser zweiten Folge, hätte man nun doch nicht erwartet.

In einer engen Gasse in der Innenstadt wird eine ermordete junge Frau gefunden, offensichtlich hat sie ein paar Tage vor ihrem Tod noch entbunden. Das Neugeborene aber bleibt unauffindbar. Schnell verdichten sich Saalfelds und Kepplers Ermittlungen um drei Männer: den Ehemann des Opfers (Hinnerk Schönemann), der nichts von der Geburt des Kindes mitbekommen haben will; den letzten Arbeitgeber der Ermordeten, der offensichtlich ein Verhältnis mit ihr hatte; und schließlich auch noch ihren vorletzten Arbeitgeber, der wohl auch in einer erotischen Beziehung zur Verstorbenen stand.

So viele Männer, so viele Verdächtige - ist das nun originell oder abstrus? Als fatal für das Täterrätsel erweist es sich auf jeden Fall, dass Andreas Pflüger (Buch) und Hajo Gies (Regie) in ihrer "Tatort"-Episode "Ausweglos" wenig Interesse daran zeigen, wirklich tief im komplizierten Beziehungsgeflecht zu schürfen. Vielmehr dient ihnen der verworrene Plot um die Suche nach Mörder und Neugeborenem dazu, auf recht einfallslose Weise das wenig verschüttete gemeinsame Trauma der Ermittler aufzubrechen. Hatten die beiden doch einst ein gemeinsames Kind, das kurz nach der Niederkunft gestorben ist.

Betont undramatisch arbeiten die Filmemacher den Verlust von ehedem in die Handlung ein - und bedienen sich doch hinten herum der einfachsten Emotionalisierungstricks ihres Gewerbes: Wie Hauptkommissar Keppler einem flüchtigen Bekannten in der dritten Person vom Schicksal eines Polizistenkollegen erzählt, um die eigene Geschichte zu verarbeiten, wird genauso breit ausgewalzt wie der Gang von Saalfeld in die Abstellkammer im Hause ihrer Mutter, wo sie den ganzen niedlichen Kram des toten Kindes gelagert hat.

Am Ende, so viel darf verraten werden, werden die verwaisten Kuscheltiere allerdings ans wiedergefundene Neugeborene des Mordopfers weitergereicht. Aber, oje, da ist das Täterrätsel schon längst zur Therapie-Soap verkommen. CHRISTIAN BUSS

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • MS
    Margit Sauer

    Da die Geschichte unglaubwürdig und auch noch langweilig inszeniert war (Dialoge am Rande der Schmerzgrenze), versuchte man durch ein unmotiviertes Hin- und Herschneiden das Ganze noch zu retten, was aber letzten Endes auch nicht geholfen hat.