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Neuer Köln-“Tatort“Weihnachten kills Paketlieferanten

Zeit ist Geld, besonders im Zustellbusiness und gerade im Vorfeld der Stillen Zeit. Wenn dann noch jemand ermordet wird, kann es hektisch werden.

Natalie Förster (Tinka Fürst, r) ermittelt verdeckt in der Spedition „Jäger Frachtdienste“ Foto: Bavaria Fiction/WDR

Beschaulich sollte sie sein, die Vorweihnachtszeit. Zur Ruhe sollte sie einen bringen, doch nur allzu oft ist das genaue Gegenteil der Fall.

Besonders unter Druck stehen die sowieso schon chronisch überlasteten Paketlieferanten, die den Menschen die Produkte ihrer Onlineshoppingorgien bequem bis nach Hause schleppen und dafür dann oft nicht mal ein müdes „Danke schön“ zu hören bekommen.

Auch Milan Strasser (Dennis Svensson) ist einer dieser Logistikmalocher, und für ihn nimmt eine Vorweihnachtstour ein besonders tragisches Ende, als er von einem maskierten Weihnachtsmann erstochen wird. Ein großer Verlust nicht nur für seine Frau, die nun mit dem gemeinsamen Baby schauen muss, wo sie bleibt, sondern auch für seine Zigarillo rauchende Chefin Sybille Jäger (schön verlebt und undurchsichtig verkörpert von Susanne Bredehöft). Schließlich fehlt ihr nun eine wichtige Arbeitskraft.

„Zeit ist Geld, besonders in diesem Business!“, bescheidet sie den altgedienten Kommissaren Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär). Und dass es für sie als Chefin eines kleinen Logistikunternehmens schwer sei, sich gegen die mit osteuropäischen Arbeitskräften besetzte Konkurrenz mit noch schlechteren Löhnen durchzusetzen.

Keine Prämien Nebensache

Damit der Wiedererkennungswert ihrer Firma steigt, müssen ihre Angestellten nun Weihnachtsmannkostüme tragen. Das gibt auch mehr Trinkgeld, das die Leute sogar behalten dürfen – man ist ja kein Unmensch. Dass es keine Prämien gibt, wenn das Kostüm nicht getragen wird: Nebensache.

Köln-„Tatort“

„Des anderen Last“, So., 20.15 Uhr, ARD

Eine Befragung der angestellten Paketboten bringt für Ballauf und Schenk auch keine weiteren Erkenntnisse; alle sagen nur, die Arbeitsbedingungen seien gut und es gebe keine Probleme – jedoch sieht man ihren blassen, vom Stress gezeichneten Gesichtern an, dass die Wahrheit eine ganz andere ist. Als mögliches Motiv rückt für die Kommissare zunächst ein Raubmord in den Fokus, denn wer jeden Tag mindestens 200 Pakete durch die Stadt fährt, ist ja ein leichtes Ziel für einen Überfall.

Um einen besseren Einblick in das verschwiegene Geflecht dieser Firma zu finden, starten die Ermittler eine Undercover-Aktion: Die Kriminaltechnikerin Natalie Fürst (Tinka Fürst) heuert als Paketbotin an und trifft auf ein Team von Menschen, die von der Gesellschaft abgehängt wurden, sich aber dennoch nicht unterkriegen lassen wollen und sich mit diesem Job irgendwie über Wasser halten. Der Kriminalfall rückt hierbei in den Hintergrund, was der Story keinen Abbruch tut.

Die Geschichten der Menschen reichen vom „Sandalen-Klaus“ (Hans-Martin Stier), einem Rentner, der seiner arbeitsunfähigen Tochter helfen will, bis zu Jenny Wegner (Paula Kober), einer ehemaligen Medizinstudentin, die sich nun hier abrackern muss und widerwillig Natalie einarbeitet. Nur langsam taut Jenny auf und lässt Natalie an sich heran. Die Szenen zwischen den beiden Frauen sind die wichtigsten und stärksten in diesem Film – auch wenn Natalie natürlich ihren Überwachungsjob macht, hegt sie Sympathien für Jenny, hinter deren tougher Fassade eine verletzte Seele steckt.

Sozial- und konsumkritisch führt der Kölner „Tatort“ uns in den Advent und wirbt um Empathie gegenüber all jenen Menschen, die als Dienstleistende ihr Brot mehr als hart verdienen müssen. Drehbuchautor Paul Salisbury betrachtet das Bibelzitat „Einer trage des anderen Last“ als Aufruf zu mehr Solidarität. Und das kann ja nun wirklich nicht verkehrt sein.

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