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Neuer Eishockeymeister EHC MünchenDosen, die weinen

Der EHC München ist neuer Eishockeymeister. Gegen die Berliner Eisbären gewann der Klub das siebte Playoff-Spiel. Geliebt wird er nicht.

Bierdusche statt klebriger Limonade: Der EHC München lässt nichts unversucht Foto: dpa

München taz | Damit sich etwas historisch anfühlt, müssen Tränen fließen. Das geschah beim EHC München schon, bevor er mit einem 6:3-Sieg über die Eisbären Berlin die Deutsche Eishockey-Meisterschaft mit einer 4:3-Serie für sich entschied. Es habe am Vormittag „eine große Ansprache von Don“ gegeben, erzählte am Abend Yannic Seidenberg, die brennende Zigarre auf Hüfthöhe haltend, auf Münchner Eis. Trainer Don Jackson habe an seine NHL-Zeiten erinnert. „Da sind die Tränen bei ihm geflossen. Ich musste mich zusammenreißen und die anderen Jungs auch.“

Jackson war als Spieler in den 80er Jahren mit den Edmonton Oilers, dem Team um den Allzeit-Besten Wayne Gretzky, zweimal Gewinner des Stanley-Cups, als Trainer in der Deutschen Eishockey-Liga hat der US-Amerikaner am Donnerstagabend seine achte Meisterschaft geholt – innerhalb von elf Jahren (von denen er eines allerdings in Österreich verbracht hat). Der Titel jetzt war der am schwersten erarbeitete. In den vergangenen drei Jahren hatten die mit dem massiven Einsatz ihres Besitzers Red Bull hochgerüsteten Münchner in den Playoffs nie mehr als ein Spiel pro Serie verloren, doch im Finale 2018 begegneten sie einem Klub, der ihnen die Stirn bot und einen 1:3-Rückstand wettmachte. Der Anlass für eine rührselige Jackson-Ansprache – die ihre Wirkung nicht verfehlte. „Wir haben ein unglaubliches Spiel aufs Eis gelegt“, befand Seidenberg. Zwei Tore binnen zehn Sekunden (zum 2:1 und 3:1) im ersten Drittel waren der Schlüssel.

Die anspruchsvolle Finalserie mit lauter torreichen Spielen passte perfekt in die Saison, in der das deutsche Eishockey eine Art Durchbruch in der öffentlichen Wahrnehmung erzielte. „Das Olympiaturnier mit der Silbermedaille und diese Endspielpaarung, das waren die Highlights“, sagt Franz Reindl, der Präsident des Verbands. Dumm nur, dass das aufsehenerregende siebte Endspiel am breiten Publikum vorbeizog. Sport1, der Free-TV-Sender, hatte nach dem vierten Spiel keine Rechte mehr, die Partien fünf bis sieben liefen hinter der Bezahlschranke auf dem Sportportal der Deutschen Telekom.

Dass die Eisbären im Finale standen, wäre ein Quotengarant gewesen. Der Klub, der auf dem Fundament des EHC Dynamo von 1954 erwuchs, war der beliebtere Part im Finale. Er hatte in der Durchschnittlichkeit zu versinken gedroht, sein amerikanischer Betreiber, die Anschutz Entertainment Group aus Los Angeles, mischte sich wieder stärker in die Geschäfte ein, veranlasste einige Transfers. Resultat: eine Mannschaft, die Meister-Potenzial entwickelte und die Liga wieder interessant machen könnte – auch wenn Uwe Krupp, der Trainer, an einen Abgang denkt: Er hat mit Sparta Prag angebandelt.

Die Reizfigur muss nun gehen

Mit dem EHC Red Bull München, wie der Meister der Jahre 2016, 17 und nunmehr 18 heißt, wird die Eishockeyszene in Deutschland nicht so richtig warm. Dabei stellte der EHC auch einen Großteil des Olympiateams. Doch auswärts gelten die Münchner einfach nur als „die Dosen“. Es geht ihnen da nicht anders als den Leipziger Fußballern.

Die Eishockeyabteilung hat auch ihre spezielle Reizfigur: Steve Pinizzotto. Der Deutschkanadier fuhr im ersten Halbfinalspiel den Mannheimer Matthias Plachta dermaßen rücksichtslos zusammen, dass bei der Staatsanwaltschaft München Anzeigen gegen ihn eingingen und sie nun ermittelt. Die Liga sperrte Pinizzotto für fünf Spiele. Unbestritten ist sein Wert für die Mannschaft: Im entscheidenden Finale war er an drei der sechs Tore beteiligt. Für seine Fans ist er ein Typ, der selbst zwischen zwei Playoff-Finalspielen nicht davor zurückscheut, sich im Schnellbrater-Restaurant bei fettigem Essen sehen zu lassen. Allerdings sind Red Bull die ständigen Gewaltauswüchse Pinizzottos unangenehm; er muss gehen.

Die Anspannung, unter der die Münchner Mannschaft in der Finalserie gestanden hatte, löste sich in einer Feier, die jedoch kürzer ausfallen wird als im Jahr davor. „Da waren es fünf, sechs Tage“, erinnert sich Yannic Seidenberg, „diesmal werden es höchstens drei sein. Wir müssen ja noch nach Dänemark.“ Der Eishockey-Winter zieht sich noch ein Stück in den Sommer hinein. Am 4. Mai beginnt die Weltmeisterschaft.

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