Neuer Datenschutzkodex bei StudiVZ: "Deine Daten gehören Dir"
Das soziale Netzwerk StudiVZ will das Image des Datensammlers loswerden und verpasst sich einen strengeren Kodex. Der Netztrend geht allerdings in eine andere Richtung.
StudiVZ, SchülerVZ und MeinVZ, noch immer die populärste Familie sozialer Netzwerke in Deutschland, hatte einst ein Imageproblem: Die drei Plattformen, auf denen Nutzer kommunizieren, Multimediainhalte einstellen und ihre Interessen in einem Profil darstellen können, sollten schließlich mit so genannter personalisierter Werbung das große Geld verdienen, bei der genaue Daten über die Zielgruppe eine wichtige Rolle spielen.
Das will die zum Medienkonzern Holtzbrinck gehörende Berliner Firma zwar immer noch, doch soll dies deutlich sanfter geschehen. In einem neuen Kodex, den das Unternehmen am Dienstag in seiner Zentrale vorstellte, wird die Rolle des Datenschutzes betont. "Deine Daten gehören Dir", heißt dazu das Motto.
Firmenchef Markus Berger de Leon, der seit März verantwortlich für das Unternehmen ist, sagte im Gespräch mit taz.de, das Thema liege ihm sehr am Herzen. "Wir lesen jeden Tag die Geschichten, wo Informationen veröffentlicht werden, was die Nutzer gar nicht wollten. Da haben wir als Betreiber einer solchen Plattform einfach eine riesige Verantwortung." Die Nutzer könnten heute an vielen Stellen gar nicht überblicken, wer wann wie Zugriff auf ihre Daten habe. Das könne sich dann beispielsweise im späteren Berufsleben negativ auswirken, wenn ein Arbeitgeber unschöne Fotos sehe.
Zum neuen Kodex gehören diverse Selbstverpflichtungen. So will StudiVZ Werbepartnern keinesfalls persönliche Informationen übermitteln und Nutzern jederzeit die Möglichkeit geben, Daten zu löschen. An Suchmaschinen sei StudiVZ grundsätzlich nicht angeschlossen. "Das Netz vergisst nie, das stimmt normalerweise schon", so Berger de Leon, "aber weil die Daten in unserem Netz bleiben, lassen sie sich entfernen".
Das zum neuen Kodex dazugehörige "Manifest" stellt StudiVZ seinen Nutzern seit dieser Woche vor - und hofft, dass auch andere soziale Netzwerke mitmachen. Hinzu kommt, dass man seine Datenschutzarbeit in den nächsten Wochen und Monaten von TÜV und dem als streng geltenden Unabhängigen Landeszentrum für den Datenschutz in Schleswig Holstein testieren lässt. Neue Geschäftsbedingungen (AGB) sollen darüber hinaus für mehr Klarheit sorgen, was StudiVZ darf und was nicht. Dabei hat man aus früheren Nutzerprotesten zu AGB-Änderungen offenbar gelernt: Statt Mitglieder aus dem Netz zu werfen, die den neuen Bedingungen nicht zustimmen wollen, können diese auch weiterhin zu den alten Konditionen dabei bleiben, wenn sie das so möchten.
Berger de Leon betonte, dass der neue Kodex auch ein Werbeargument für die sozialen Netzwerke sein könnte, die sich ihm anschließen: Deutschland habe eine derart strenge Datenschutzgesetzgebung, da könne man sich auch gegenüber ausländischen Mitbewerbern absetzen. Es ist nicht der erste Versuch hiesiger Web 2.0-Anbieter, Standards zu setzen. So haben im März die StudiVZ-Netzwerke, Lokalisten.de sowie wer-kennt-wen.de eigene Verhaltensregeln aufgestellt, die dem neuen Kodex von StudiVZ ähneln. Allerdings soll dieser nun deutlich stärker kommuniziert und eben auch unabhängig zertifiziert werden.
Der Netztrend geht unterdessen in eine andere Richtung. So galt bei den meisten größeren sozialen Netzwerken bislang als Standard, dass ihre Inhalte nicht von Suchmaschinen erfasst wurden. Somit konnte eine einmal gemachte flapsige Bemerkung oder ein unschickliches Bild relativ schnell aus dem Netz entfernt werden, wenn man es nur aus dem sozialen Netzwerk nahm. Der Vorhang für Suchmaschinen stellt technisch kein großes Problem dar: Google und Co. achten solche Sperren, die mit wenigen Befehlen errichtet werden können.
Doch aktuell kommt es zu einer schrittweisen Öffnung: So arbeitet man beim US-Riesen Facebook mit seinen 200 Millionen Mitgliedern an Einstellungen, die es erlauben, die immer populärer werdenden Statusbotschaften ("Was machst Du gerade?") auch ins restliche Web hinein zu publizieren, wo sie dann auch von Google erfasst werden könnten. (Facebook betont, dass der Nutzer jederzeit selbst bestimmen kann, welche Art von Daten mit der Welt geteilt werden.)
Twitter, der ständig populärer werdende 140-Zeichen-Kommunikationsdienst, der längst auch zu einem sozialen Netzwerk geworden ist, wird derweil größtenteils standardmäßig öffentlich verwendet - wer hier sein Profil samt "Tweets" sperrt, gilt als Außenseiter. Dass eine solche Sperre manchmal gut wäre, zeigt ein aktueller Fall aus den USA: Dort wurde in der vergangenen Woche eine Mieterin wegen übler Nachrede verklagt, weil sie sich in einer einzelnen Nachricht über ihre Wohnungsverwaltung ausgelassen hatte. Die Frau hatte laut einem Bericht des Fachdienstes "Mashable" nur 20 Freunde, die ihrem Twitter-Feed folgten, doch war ihre Kritik problemlos über die Suchmaschine des Dienstes auffindbar.
Dem Trend zum Twittern verschließt sich unterdessen auch StudiVZ in seinem neugewonnenen Image als Datenschutzengel nicht: Das Netzwerk hat sich just in dieser Woche mit seinem bislang internen Kommunikationsdienst "Buschfunk" an Twitter anschließen lassen. Zum Glück gibt es hierfür keinen Automatismus, die Nutzer müssen ihre Statusbotschaften selbst in die Welt freischalten.
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