piwik no script img

Neuer Bericht zur OdenwaldschuleMissbrauch mit System

Ein Bericht schildert anhand von Einzelschicksalen die institutionelle Gewalt an der Odenwaldschule. Bei den mehr als 130 Fällen von Missbrauch waren besonders Jungs betroffen.

Ort des Missbrauchs: die Odenwaldschule. Bild: dpa

BERLIN taz | "Es muss eine finanzielle Entschädigung geben, damit nicht nur mit Worten allein das Leid der Opfer anerkannt und dessen Linderung versucht wird", sagt Rolf Mantler, bis vor kurzem Leiter des Internats zu Ulrich Herrmann, einem der Verantwortlichen an der Odenwaldschule Ober-Hambach.

Denn die reformpädagogische Vorzeigeschule, die dieses Jahr zum zweiten Mal von einer alten Missbrauchsgeschichte erschüttert wurde, diskutiert immer noch über das Ob und Wie einer Entschädigung. "Was soll man denn da entschädigen", fragt Herrmann. "Man kennt doch noch gar nicht die Leidensgeschichten der einzelnen Betroffenen."

Heute wird an der Schule erneut Bilanz gezogen. Wenn die beiden unabhängigen Aufklärerinnen der Schule, die Juristinnen Claudia Burgsmüller und Brigitte Tilmann, ihre neuesten Opferzahlen bekannt geben, dann wird man die Dimension erkennen. Denn auch diesmal steigt die Zahl derjenigen wieder an, die sich oder andere melden. Es werden wohl mehr als 130 Fälle sein. Die Dunkelziffer geht nach Schätzungen aus der Schule bis an die 300 Personen heran.

Der Bericht gibt wieder, wie die Betroffenen den Missbrauch an der Schule erlebt haben und wer betroffen war. An der Odenwaldschule waren vor allem Jungen mit sexueller Gewalt konfrontiert, rund 120 männliche Schüler waren betroffen. Burgsmüller und Tilmann werden von einem regelrechten Missbrauchssystem berichten, das unter dem Schulleiter Gerold Becker entstand.

Institutionelle Gewalt

Katholische Kirche: Mit Fällen in Irland wurden 2009 weltweit Fälle von jahrzehntelanger Vergewaltigung von Minderjährigen durch katholische Würdenträger bekannt. Auch in Deutschland. Allein im Erzbistum München-Freising ergab eine Auswertung von Akten, dass von 1945 bis 2009 insgesamt 159 Priester auffällig geworden seien, dazu 15 Diakone, 96 Religionslehrer im Kirchendienst und 6 pastorale Mitarbeiter.

***

Entschädigung: Derzeit wird an einem Modell gearbeitet. Dabei gehe es laut Spiegel um Summen, "die der Schwere der Tat angemessen sind und die den Opfern wirklich helfen". Es könnte sich um Summen zwischen 5.000 und 10.000 Euro handeln. Außerdem verschärfte der Vatikan die Regeln für den Umgang mit Missbrauchsfällen, nach Einschätzung von Opferverbänden allerdings nicht ausreichend.

***

Jesuitenorden: Die Fälle im Berliner Canisius-Kolleg brachten die Debatte um den Missbrauch ins Rollen. Bundesweit haben sich inzwischen rund 200 ehemalige Schüler beim Jesuitenorden als Opfer sexueller Gewalt gemeldet.

***

Entschädigung: 5.000 Euro sollen gezahlt werden. Die Opfer fordern rund 80.000 Euro. Das Bonner Aloisiuskolleg hat als erste deutsche Jesuitenschule einen Leitfaden zur Prävention von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgestellt.

***

Ehemalige Heimkinder: Es geht um Betroffene, die zwischen 1949 und 1975 in einem kirchlichen, staatlichen oder privaten Heim unter Demütigungen, brutalen Erziehungsmethoden, Gewalt oder Arbeitszwang gelitten haben. Experten rechnen mit rund 30.000 Betroffenen.

***

Entschädigung: Im Fonds sind 100 Millionen Euro für Zahlungen an ehemalige Heimkinder vorgesehen, die körperlich, seelisch oder materiell unter Folgeschäden des Heimaufenthalts leiden. 20 Millionen Euro gehen in einen Topf, aus dem vorenthaltene Renten nachgezahlt werden sollen. (epd, afp, dapd, rtr)

"Mit solchen Dingen wird man wahrscheinlich nie fertig", sagt die Ex-Oberlandesgerichts-Päsidentin Tilmann beinahe resigniert. Sie meint das zahlenmäßig wie psychisch. Immer wenn man denke, man sei durch, berichtet sie, komme wieder eine neue bedrückende Geschichte - und eine neue Spur tut sich auf. Der Stern berichtete in seiner neuen Ausgabe, dass es Verbindungen nach Berlin gäbe. Von dort sollen dem Schulleiter Gerold Becker schwierige Kinder geschickt worden sein. Möglicherweise, so die These des Sterns, waren es Kinder, die für den Missbrauch besonders geeignet waren. Entsandt hat sie der Pädagoge Martin Bonhoeffer, der auch selbst Kinder sexuell belästigt habe.

Die Betroffeneneinrichtungen, die sich schon länger mit Missbrauch befassen, wissen derweil allerdings nicht, ob sie sich freuen oder ärgern sollen, dass das alles jetzt endlich bekannt wird.

ExpertInnen wie Julia von Weiler von der Missbrauchsorganisation "Innocence in Danger" kennen die pädophile Szene seit Langem. Sie warnen eindringlich davor zu glauben, pädophile Täter seien leicht erkennbare Fieslinge im langen schwarzen Mantel. "Es ist lange bekannt, dass Täter gute Psychologen sind, die sich sehr genau auf andere Leute einstellen können", sagt von Weiler. Die Expertin ist schon seit vielen Jahren mit dem Thema Missbrauch befasst. "Sie sind in der Lage, Kinder zu Dingen zu bewegen, die ihnen eigentlich keinen Spaß machen. Und sie können gleichzeitig ihrem Umfeld Vertrauen einflössen und, im Falle der Aufdeckung, die Wahrnehmung der Institution vernebeln."

Das strategische und systematische Vorgehen, das für pädophile Täter typisch ist, ist längst kein Geheimnis mehr. Aber offensichtlich nimmt eine breitere Öffentlichkeit erst jetzt zur Kenntnis, was etwa "institutioneller Missbrauch" ist. Er findet nicht in der Familie statt, sondern in Einrichtungen - und zwar solchen, die besondere Aufmerksamkeit für Kinder vorgeben: Kinderheime, Kirchen, Kindertagesstätten und Internate wie die Odenwaldschule.

Huldigung an einen fanatischen Pädophilen

"Institutionen müssen ihren Abwehrreflex bei Verdacht von sexueller Gewalt ablegen", sagt Christine Bergmann. Sie ist die Beauftragte der Bundesregierung zur Aufklärung des sexuellen Missbrauchs. "Es ist verständlich, dass sie ihn haben, weil es unerfreulich und schmerzhaft ist, anzuerkennen, dass Missbrauch geschehen ist. Aber pauschales Abwehren geht nicht mehr - wenn wir Kinder wirksam schützen wollen."

Ein Musterbeispiel für die Abwehrreflexe ist das Landerziehungsheim Odenwaldschule. Dort gab es ein regelrechtes System, es funktionierte über 20 Jahre. Strukturelle Fragen wie die, ob die spezielle Reformpädagogik der Landerziehungsheime besonders anfällig ist, werden ausgeblendet. Auf dem Kongress "Reformpädagogik und Demokratie" etwa, der am Dienstag in der evangelischen Akademie Bad Boll zu Ende ging, wurde ein gewisser Gustav Wyneken in höchsten Tönen gelobt.

Wyneken sei ein vorbildlicher und visionärer Demokrat, hieß es, und seine "Freie Schulgemeinde Wickersdorf" sei zudem auch ein nachahmenswertes Exempel. Der Redner zog eine direkte Verbindungslinie von dem Schulreformer der 1920er Jahre über die Landerziehungsheime bis hin zur Demokratisierung der heutigen Schule.

Was er nicht erwähnte, war, dass Wyneken ein überzeugter Pädophiler gewesen ist, der selbst vielfach Schüler missbraucht hat. Er wurde gerichtlich verurteilt, die Schulbehörden setzten ihn auch als Schulleiter ab, sie erließen schließlich ein striktes Schulverbot für den Pädagogen, weil er sich immer wieder heimlich in die Schulgemeinde einschlich.

Und wer war der Mann, der Wyneken als Schulreformer bei dem Kongress hochleben ließ? Es war ausgerechnet Ulrich Herrmann, seines Zeichens Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats, der die Odenwaldschule pädagogisch auf neue Füße stellen soll. An der Schule herrscht nun Entsetzen, dass erneut ein Päderast Pate stehen soll für die Neuausrichtung. Ulrich Herrmann, der Professor für Bildungsgeschichte war, reagierte auf seine Weise: Er drohte bei dem Kongress in Bad Boll, das Podium zu verlassen, wenn weiter über sexuellen Missbrauch geredet werde.

Wütend über Ignoranz und zugleich auch ratlos

Viele Teilnehmer des Kongresses waren wütend, zugleich ratlos, wie man nun Schulreformen noch seriös begründen könne. "Die Gesellschaft hat durch die Fälle des sexuellen Missbrauchs an den reformpädagogischen Einrichtungen eine Vision verloren", sagte etwa Michael Fritz, der als Geschäftsführer des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen in Ulm tätig ist. Die Hirnforscher seines Instituts können zeigen, dass das emotionale Berühren des Kindes für das Lernen enorm wichtig ist. "Wenn ich das aber bei Vorträgen berichte, dann zucken die Leute sofort zusammen - denn sie denken bei ,Beziehung' sofort an körperliches Berühren und an Missbrauch."

Mit der Odenwaldschule steht eine prominente Einrichtung der Reformpädagogik am Pranger. Die 1910 gegründete Schule galt lange als die demokratischste, beste und prominenteste in Deutschland. Dort lernten unter anderen Klaus Mann, Amelie Fried und Daniel Cohn-Bendit. Allerdings hat an der Schule, bei der lange Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) in Gremien vertreten war, auch ein konspiratives Missbrauchssystem geherrscht.

Mit jedem Opferbericht, den Brigitte Tilmann liest, wird ihr die Schule von damals freilich immer auch ein Stück unverständlicher. "Wir werden nichts dramatisieren", sagte die Richterin außer Dienst, "es ist auch nicht unsere Aufgabe, ein Strafurteil zu fällen. Aber es fällt mir oft schwer, die Wut zu unterdrücken. Denn ich weiß ehrlich nicht mehr: Wie verborgen war dieses System eigentlich?"

Die Odenwaldschule hatte im Mai versprochen, sie werde die Musterschule für den Umgang mit sexuellem Missbrauch werden. Dem Vernehmen nach verhandelt der Trägerverein der Schule derzeit mit dem Betroffenenverein "Glasbrechen", wie hoch eine Entschädigungszahlung aussehen kann. Internatsexperte Mantler warnt beim Thema Entschädigung: "Dieses sichtbare Zeichen darf man nicht zu lange hinauszögern."

Glasbrechen e.V. Spendenkonto Haspa Konto 123 713 3531; BLZ: 200 505 50

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • C
    ciffi

    @chrüller herr herrmann hat so viele intelligente sachen gesagt, dass man gar nicht genug kriegen kann davon; wollen se mehr?

  • H
    hornisse.04

    "Weshalb entschädigt Geld überhaupt?"

    Na irgendwas muss doch noch dabei rumkommen, wenn die paar Tage Aufmerksamkeit vorbei sind.

    Nachdem man nach Jahrenden gemerkt hat, man könnte mal von Mißbrauch erzählen, weil das eine so prima Entschuldigung ist, wenn man im Leben nie was auf die Reihe gekriegt hat.

    Wetten, es gibt viele, die sich selbst geholfden haben? Die nicht so eine Aufriß machen?

    Immer nur all die , die am lautesten heulen: Mißbrauch, HartzIV, armer Migrant.

    Wer hier normal lebt und arbeitet ist einfach nur ein Depp.

  • K
    KritikerDerReformKritiker

    Wo ist jetzt das "System", von dem hier dauernd geredet wird. Offensichtlich kennt der Autor den Bericht der beiden Juristinnen noch nicht, spekuliert aber wild herum.

    Das wirklich Bedauerlichste und Schwerwiegendste ist es, dass die Missbräuche verjährt sind und es nicht zu einem ordentlichen Verfahren vor Gericht kommen kann. Denn dort würde vieles klarer - die Zahlen der Opfer und TäterInnen verbindlicher, als es jetzt jemals werden kann.

     

    Vielleicht ist die Tatsache, dass die Odenwaldschule ihre "Familien" auf 32 Häuser verteilt - die teilweise 20 Minuten auseinander liegen, teilweise außer Sichtweite - schon eine Struktur, die eine extreme Abschottung ermöglicht. In einigen Häusern wohnt nur eine Familie. Und wenn dann nicht zwei Personen - Lehrerin+Lehrer - sondern nur ein/e Lehrer/in die Familie leitet und pädophile Neigungen vorhanden sind, braucht es wohl nicht unbedingt ein System, um Missbräuche möglich zu machen.

  • D
    Daniel

    Die Gutmenschen und GutmenschInnen als Aufklärer und AufklärerInnen des Kindesmißbrauchs an der Odenwaldschule.

    Ähnlich effizient wie der interne Umgang der katholischen Kirche mit Pädophilen. Gebt einfach zu dass der Anteil Pädophiler bei Priestern und Gutmenschen hochsignifikant erhöht ist und lasst aussenstehende Normale als Aufklärer ran.

  • B
    Betroffene

    Diese "Menschen" -"Superpädagogen",unsere Eltern, Schulamt, Justiz,etliche Mitwisser und Weggucker-haben sich an uns verbrochen.

  • GK
    Gerhard Kugler

    Der Ruf nach Opferentschädigung ist mir zu einfach. Wer soll denn bezahlen? Die, die jetzt die Odenwaldschule tragen, die Eltern und Kommunen der jetzigen Schüler? Und wohin fließt dann dieses Geld? Wahrscheinlich zu den Krankenkassen, die Psychotherapien der Opfer finanzieren. Welcher unsinnige Geldfluss! Weshalb entschädigt Geld überhaupt?

  • FC
    fristian chrüller

    Was hat denn Ulrich Herrmann nun gesagt?

     

    Auf Twitter heißt es bei "Ciffi" (Christian Füller) aus dem Munde Ulrich Herrmanns "Wofür soll es denn Entschädigung geben?" hier heißt es dann. "Was soll man denn da entschädigen", fragt Herrmann. "Man kennt doch noch gar nicht die Leidensgeschichten der einzelnen Betroffenen."

     

    Setzt man nun noch ein

    "Was soll man denn da *pauschal* entschädigen"

    haben wir drei verschiedene Aussagen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, wenn man weiß, dass es Opfer sexueller Gewalt gibt, die finanzielle Entschädigungen ablehnen.

     

    Frage an Christian Füller/die taz:

    Was hat denn Ulrich Herrmann nun gesagt? Vielleicht mag man sich festlegen.

  • JS
    Johan Schreuder

    Mann sollte wissen das der Jesuiten Orden seit ihre Entstehung, Jahrtausend alte Ritualen benutzt bis hin zu Babyvergewaltigung und Ermordung. Das dann der Rest der Pfaffen da mitmacht wundert mich nicht.

    Und glaube bitte nicht das dies sich jemals ändern werd.

  • B
    Betroffene

    Es sind wohl zuviele prominente personen verwickelt die mit allen mittel die Wahrheit unterdrücken.Ehemalige schüler wurden bedroht und eingeschüchtert.

  • FC
    Fistian Chrüller

    Was hat denn Ulrich Herrmann nun gesagt?

     

    Auf Twitter heißt es bei "Ciffi" (Christian Füller) aus dem Munde Ulrich Herrmanns "Wofür soll es denn Entschädigung geben?" hier heißt es dann. "Was soll man denn da entschädigen", fragt Herrmann. "Man kennt doch noch gar nicht die Leidensgeschichten der einzelnen Betroffenen."

     

    Setzt man nun noch ein

    "Was soll man denn da *pauschal* entschädigen"

    haben wir drei verschiedene Aussagen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, wenn man weiß, dass es Opfer sexueller Gewalt gibt, die finanzielle Entschädigungen ablehnen.

     

    Frage an Christian Füller/die taz:

    Was hat denn Ulrich Herrmann nun gesagt? Vielleicht mag man sich festlegen.

  • E
    Ex-Odenwaldschüler

    Es waren auch Mädchen betroffen-bis hin zu Vergewaltigungen.Die hohe Dunkelziffer scheint realistisch.Auch sind nicht alle Täter bekannt.Ich finde es wurde bisher zu wenig die Rolle der damaligen Eltern beleuchtet.Inwieweit wussten sie davon?Welche Rolle spielte im Missbrauchsystem der damaligen Geschäftsführer Günther Schweigkofler der heute in diversen Stiftungen zu finden ist die wiederrum im ehemaligen trägerverein präsent waren?Wer waren die Unternehmer an die Odenwaldschüler ausgeliehen wurden?Frau Süssmuth und übrigens auch antje vollmer wünschte sich hartmut von hentig in einem FAZ-Interview vom 14.3.2010 als aufklärerinnen des missbrauchs.Alles sehr dubios.Echte Aufklärung sieht anders aus.Es muss alles auf den Tisch.

  • S
    Steven

    Den Süchtigen beschäftigt nur eines: sein Stoff. Als Fotograf und Kunstlehrer konnte der Päderast Hajo Weber sich Nachschub beschaffen, wann immer er wollte. Bis das digitale Zeitalter begann, hat er mindestens zwei große Holzkisten mit Negativen gefüllt, sie in Folien geschoben, sorgfältig sortiert und beschriftet. Schüler sind darauf zu sehen, Kinder von Freunden und Kollegen, nackt in der Schuldusche, nackt im Elternhaus, nackt beim Zelten oder am Strand, posierend, erregt. Als Weber vor zwei Jahren starb, landete sein Nachlass im Wiesbadener Stadtarchiv. Dort konnte man seither erfahren, wie ein Päderast die Welt sieht. Und formt.

     

    In den frühen Siebzigern hatte Weber sich noch Kinderpornos aus Amerika besorgt und Bilder aus diesen Magazinen reproduziert. Vom ersten, naheliegenden Zweck abgesehen, dienten solche Aufnahmen den gut vernetzten Pädokriminellen auch als Tauschobjekte – schon seit es Fotos gibt, lange vor dem Internetzeitalter. Webers Bilder zeigen kleine Jungen beim Anal- und Oralsex mit älteren Jungen. Missbraucht, vorgeführt und mit Texten unterlegt wie: „Das teuflische Grinsen von Armando ist kein Zufall. Ein ganzer Junge und bereit, mit der Show loszulegen.“

     

    Weber bewahrte die Bilder sein Leben lang auf; sie kursieren in der Szene. Er machte dann bald eigene Fotos, das fremde Material genügte ihm nicht. Mindestens drei Viertel aller Päderasten sammeln Bilder und fotografieren und filmen. An einem Samstag im September 1986 stand Weber unangemeldet vor der Haustür von Bekannten. Damals war er 37 Jahre alt, längst ein erfahrener, einsamer Jäger in der links-alternativen Szene Wiesbadens. „Ich mache eine Fotoserie über die Welt von zehnjährigen Jungen. Kann ich euren Sohn fotografieren?“ Die Mutter antwortete antiautoritär: „Klar, wenn er Lust drauf hat.“

     

    Besonders erschreckend: Auch als die ersten Taten der SChule und sogar einigen Eltern der Kinder klar waren, hat man den Täter geschützt, weil der "Hajo" doch so ein lieber Kerl sei und auch so wichtige Fotos im Protest gegen Wackersdorf und die Startbahn West geschossen hatte. Die Rektorin (das ist kein Scherz) machte Mitschülerinnen, die den Skandal damals erst aufdeckten schlimme Vorwürfe, sie würden die Arbeit des "Hajos" in den Dreck ziehen.

     

    Die SChule, an der diese Taten passierten, war ebenfalls eine reformpädagogische Einrichtung in Hessen, konkret in Wiesbaden. "Hajo" war übrigens sehr gut befreundet mit Gerold Becker, dem Päderasten vom Odenwald - und natürlich war auch dieser Becker auch ein guter Kumpel der Rektorin der Schule in Wiesbaden. Man kennt sich doch unter Reformpädagogen.

     

    Diesen Fall, der vergangene Woche dadurch aufgedeckt wurde, dass die Polizei das kinderpornographische Material im Wiesbadener Stadtarchiv beschlagnahmte, gehört genauso zu dem Päderasten-Sumpf dazu, den sie in ihrem Artikel beschrieben haben.

     

    Es bleibt zu hoffen, dass alle aus diesen Vorgängen lernen - auch die Reformpädagogik!

  • H
    hwester

    Zumindest Daniel Cohn-Bendit hat sich von dem Trauma nicht so schnell erholt Darauf lassen die Äußerungen in seinem autobiographischen Buch "Der große Bazar" von 1975 schließen, in dem er die Pädophilie verherrlicht: "Mein ständiger Flirt mit allen Kindern nahm bald erotische Züge an. Ich konnte richtig fühlen, wie die kleinen Mädchen von fünf Jahren schon gelernt hatten, mich anzumachen. (...) Es ist mir mehrmals passiert, dass einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und angefangen haben, mich zu streicheln."

  • B
    Bastian

    Guter artikel, aber warum wird erst barbie zu guttenberg und ihre tv-show durch den dreck gezogen und dann trotzdem innocence in danger zitiert?

  • C
    Chris

    "ExpertInnen wie Julia von Weiler von der Missbrauchsorganisation "Innocence in Danger" kennen die pädophile Szene seit Langem."

     

    Konnte man wirklich keinen echten Experten zu einem Zitat für die TAZ bewegen, so dass man auf solche Pseudo Experten zurückgreifen muss, die eher ihr politisches Programm, als den Schutz der Kinder als Ziel haben?

     

    "So bemängelte die Frankfurter Rundschau, dass der Verein weder durch die Veröffentlichung der Finanzen noch durch ein DZI-Spendensiegel eine seriöse Mittelverwendung belegen würde, kein Präventionskonzept verfolge und auch keine Beratungsstellen unterhalte."

  • U
    Unbequmer

    TAZ - Das ist ungerecht

     

    "ExpertInnen wie Julia von Weiler ..."

     

    Merke: Es sind ExpertInnen

     

     

    "... pädophile Täter typisch ist"

     

    Merke: Es sind Täter

     

    Taz - das ist doch schäbig. Bitte konsequent: TäterInnen!