Neuer Ausstand: Streik statt öffentlichem Dienst
In einer Urabstimmung sprechen sich die Angestellten des Landes Berlin für einen unbefristeten Streik aus. Als Erste sollen bereits morgen Abend die Polizisten im Objektschutz ihre Arbeit niederlegen
Die Berliner müssen sich auf eine Streikwelle im öffentlichen Dienst gefasst machen. Schon am Mittwoch soll es losgehen: Die ersten Arbeitsniederlegungen werde es bei der Polizei geben, später könnten auch die Bürger- und Ordnungsämter bestreikt werden, wie Vertreter der Gewerkschaft der Polizei (GdP), von Ver.di und der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Montag ankündigten. Wenn der Senat kein neues Angebot vorlegt, soll auch das Personal in den Kitas in den Ausstand treten. "Wir werden den Arbeitskampf langsam anfangen und allmählich steigern", sagte die Verhandlungsführerin und Vizechefin von Ver.di, Astrid Westhoff.
Bei einer Urabstimmung, die am Freitag endete, haben sich 85,4 Prozent für den unbefristeten Streik ausgesprochen, teilten die Gewerkschaften am Montag mit. Notwendig waren 75 Prozent. "Wir sind sehr zufrieden. Die Mitglieder wollen den Arbeitskampf", sagte Westhoff.
Das Land Berlin war 2003 aus den Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes ausgetreten. Gewerkschaften und Senat einigten sich damals auf den sogenannten Solidarpakt: Die 60.000 Angestellten und Arbeiter des Landes nahmen Lohneinbußen von 8 bis 12 Prozent hin. Im Gegenzug schloss der Senat Kündigungen aus, auch die Arbeitszeit wurde verkürzt.
Der Pakt läuft bis 2010. "Natürlich gilt der Vertrag. Wir haben aber zu keinem Zeitpunkt akzeptiert, dass wir von den Niveauanhebungen in anderen Bundesländern abgekoppelt werden", sagte Westhoff. Die Gewerkschaften fordern für die Angestellten 2,9 Prozent mehr Lohn und Einmalzahlungen von je 300 Euro für die vergangenen drei Jahre. Eine Sprecherin der Innenverwaltung wollte die Streikankündigungen der Gewerkschaften am Montag nicht kommentieren.
Als Erste werden laut GdP am Mittwochabend die angestellten Polizisten an den Gefangenensammelstellen und beim Objektschutz die Arbeit niederlegen - also auch die Wachmänner vor den Botschaften. Sehr zum Missfallen von Polizeipräsident Dieter Glietsch: Der will eigentlich ganze Abteilungen zum Notdienst verpflichten - was einem Streikverbot gleichkommen würde. Das Arbeitsgericht untersagte ihm das am Montag. Es entschied, dass wie bei den Warnstreiks im Februar nur ein Drittel der Beschäftigten zum Notdienst eingeteilt werden darf. Glietsch kündigte an, Rechtsmittel dagegen einzulegen. "Mit dieser Entscheidung können wir unserer Arbeit nicht gerecht werden", sagte ein Polizeisprecher. Langfristig seien Sicherheitsdefizite nicht auszuschließen.
Unterdessen geht auch bei der BVG der Tarifstreit weiter. Wegen des Streiks in den Werkstätten sind nach Angaben einer BVG-Sprecherin mittlerweile rund 200 Busse weniger unterwegs als die üblichen 1.090. Mit verkürzten Zügen würden die U-Bahn- und Tramfahrpläne aber noch eingehalten.
Eine größere Streikaktion, bei der sich die BVGler mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, möglicherweise auch mit dem Einzelhandel abstimmen, ist aber offenbar nicht geplant. "Das sind alles getrennte Tarifrunden, da müssen getrennte Lösungen gefunden werden", erklärte Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann. Auch Westhoff sagte nur: "Wir werden das als Handlungsoption im Blick behalten."
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