Neue Wirtschaftskultur „Diversity“: Feiertag der Vielfalt
Firmen wollen Frauen und Männer, Junge und Alte, Deutsche wie Migranten gleich behandeln. Ihr Motiv: Nicht Gutmenschentum, sondern höhere Effektivität.
BERLIN taz | 35 Prozent der Unternehmen in Deutschland haben derzeit Schwierigkeiten, ihre offenen Stellen zu besetzen. Während in Deutschland der Trend rückläufig ist, nimmt der Fachkräftemangel global gesehen zu: Seit 2009 ist die Quote kontinuierlich um 5 Prozentpunkte gestiegen. Umso stärker wächst das Bewusstsein über die Folgen. So befürchten inzwischen 54 Prozent derer, denen es an Spezialisten mangelt, dass sich das auch in hohem oder mittlerem Maße auf ihre Kundenzufriedenheit auswirkt. Im Vorjahr waren es nur 42 Prozent.
Die Ergebnisse der Studie „Fachkräftemangel 2013“ standen am Dienstag im Mittelpunkt des „1. Deutschen Diversity-Tages“, der vom Verein „Charta der Vielfalt“ organisiert wurde. Unter diesem Namen haben sich vor allem große Unternehmen wie Bayer, Deutsche Bank und Ford zusammengetan, um für ihren Ansatz des „Diversity-Management“ zu werben. Das heißt, dass Frauen und Männer, Junge und Alte, Deutsche und Migranten in Unternehmen gleich behandelt werden. Das Motiv von „Diversity“ ist allerdings nicht Gutmenschentum. Die Firmen wollen ihre Belegschaft effektiver nutzen.
Laut Selbstauskunft haben sich bisher mehr als 1.500 Unternehmen und Institutionen mit über 6,5 Millionen Beschäftigten in der Charta der Vielfalt zusammen geschlossen. Am Diversity-Tag fanden in ganz Deutschland rund 350 Aktionen statt.
„Unser Ziel ist eine Wirtschaftskultur in Deutschland, in der sich alle Talente entfalten können. Deutschland muss das vielfältige Potenzial am Arbeitsmarkt voll ausschöpfen, um nachhaltig wettbewerbsfähig und innovativ zu bleiben“, sagte Ana-Christina Grohnert von der Beratungsfirma Ernst & Young bei der zentralen Veranstaltung in Berlin. Grohnert leitet den Verein seit diesem Jahr.
„Gesellschaftspolitischer Klimawandel“
Maria Böhmer (CDU), die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, nannte Vielfalt einen „wichtigen Motor für die wirtschaftliche Entwicklung“ und forderte, den „gesellschaftspolitischen Klimawandel“ in Deutschland zu beschleunigen. Angesichts von demografischem Wandel und Fachkräftemangel sei es nötig, das Land für qualifizierte Zuwanderung attraktiver zu gestalten.
Mit dem Aktionstag versuchte der Verein, auf die schwierige Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu reagieren. Die Unternehmen sind künftig noch mehr mit einer zunehmend älteren und kleineren Arbeitnehmerschaft sowie mit einer höheren Anzahl von Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund im Arbeitsleben konfrontiert.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße