Neue WTO-Chefin Okonjo-Iweala: Wunderwaffe und Hoffnungsträgerin
Erstmals Frau und Afrikanerin: Ngozi Okonjo-Iweala wird Chefin der Welthandelsorganisation WTO. Sie hatte mal ein Problem wegen Wikileaks.
Ihre Karriere machte die Finanzexpertin aber weitgehend in den USA. Nach dem Schulbesuch in Ibadan im Westen Nigerias studierte die 1954 Geborene in Harvard Wirtschaftswissenschaften und promovierte am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Es folgte eine 25-jährige Karriere bei der Weltbank, deren Geschäftsführerin sie schließlich wurde.
Okonjo-Iweala ist überzeugte Impfbefürworterin: Seit 2016 ist sie Vorstandsvorsitzende der Globalen Impf- und Immunisierungsallianz (Gavi). Vergangene Woche forderte sie in einem Gastbeitrag über die Coronapandemie, dass Impfstoff gerecht verteilt wird und alle Menschen geschützt werden. Zuvor hatte sie mehrfach davor gewarnt, die ökonomischen und sozialen Auswirkungen im Kampf gegen das Virus zu ignorieren und zu unterschätzen.
In Nigeria ist die vierfache Mutter, nach der in der Hauptstadt Abuja bereits eine Straße benannt ist, vor allem als Ministerin bekannt. 2003 holte Olusegun Obasanjo sie in sein Kabinett, in dem sie zuerst für drei Jahre Finanzministerin und später zwei Monate Außenministerin war. In beiden Positionen war sie die erste Frau. Fünf Jahre später machte sie der damalige Präsident Goodluck Jonathan für eine Amtsperiode zur Superwirtschaftsministerin.
„Ich bin keine Zauberin“
Bei Auftritten in Nigeria fand Ngozi Okonjo-Iweala stets klare Worte und wirkte in den Männerzirkeln souverän. Sie gilt als Technokratin. Ihr Markenzeichen sind maßgeschneiderte Kleider aus Ankara, farbenfrohe Stoffe mit großen Mustern. „Ich bin keine Zauberin“, sagte die heute 66-Jährige, als sie 2011 zurück in ihr Heimatland ging und dort als eine Mischung aus Wunderwaffe und Hoffnungsträgerin galt.
Der Druck war groß, kam ihr doch vor allem die Aufgabe zu, die Korruption, Nigerias größtes Wachstumshindernis, zu bekämpfen. Dabei stolperte sie über Enthüllungen der Plattform Wikileaks: Sie soll 2004 als Finanzministerin ihrem Bruder einen Vertrag in Höhe von 50 Millionen US-Dollar zugeschustert haben. Okonjo-Iweala überlebte den Spott unbeschadet; eine echte Veränderung bezüglich Bestechungen und Vetternwirtschaft ist im Alltag allerdings nicht zu spüren.
Ihre eigenen Erfahrungen aus dieser Zeit veröffentlichte sie vor knapp drei Jahren im Buch „Fighting Corruption is dangerous“. Darin beschreibt sie auch die Entführung ihrer Mutter im Jahr 2012. Nach fünf Tagen in Geiselhaft wurde diese schließlich befreit. Mitunter hieß es, dass eine hohe Lösegeldsumme geflossen sei. Bestätigt wurde das jedoch nicht, und bis heute gelten Entführungen in Afrikas Riesenstaat als ein äußerst lukratives Geschäft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau