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Neue Studie der Welt-WetterorganisationSpuren der Verwüstung

Die Länder Südamerikas leiden besonders unter den Folgen des Klimawandels. Hitze, Brände und ein steigender Meeresspiegel bedrohen die Bevölkerung.

Ein Fluss mit Schiff im Amazonas im August 2021 Foto: Bruno Kelly/reuters

Buenos Aires taz | Stürme, Überschwemmungen, Dürren und Brände – 2020 waren Lateinamerika und die Karibik die weltweit am stärksten von Naturkatastrophen betroffene Region. So beschreibt es die Studie ‚State of the Climate in Latin America & the Caribbean 2020‘, die die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) am Dienstag veröffentlicht hat.

Danach war 2020 eines der drei wärmsten Jahre, die bisher in Mittelamerika und der Karibik gemessen wurden, und laut der UN-Sonderorganisation zugleich das zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen in Südamerika. Vor allem die Länder Südamerikas waren in vergangenen Jahr von großen Hitzewelle betroffen. Vielerorts lagen die Temperaturen im Jahresdurchschnitt bis zu einem Grad höher, als in der Vergleichsperiode von 1981 bis 2010, heißt es in der Studie.

Zahlreiche Temperaturrekorde wurden gebrochen. Die Folgen waren nicht nur eine Wasser- und Energieknappheit, Ernteeinbußen in der Landwirtschaft, sondern auch mehr Wald- und Flächenbrände als 2019. „Fast die Hälfte der Fläche Lateinamerikas und der Karibik ist von Wäldern bedeckt, in denen sich zugleich rund 57 Prozent der verbleibenden Primärwälder der Welt konzentrieren“, erklärte Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). „Brände und Entwaldung bedrohen die größte Kohlenstoffsenke der Welt“, so Taalas und bestätigt, dass der Amazonas seine Rolle als CO2-Speicher zu verlieren droht.

Die intensive Dürreperiode im südlichen Amazonas und in der Pantanal-Region, sei die bisher Schlimmste der letzten 50 Jahre. So lagen die Jahresniederschlagssummen im Jahr 2020 in vielen Teilen Südamerikas unter dem langjährigen Durchschnittwerten. Die Folgen der ausgebliebenen Niederschläge sind aktuell entlang des Río Paraná zu sehen, dessen Wasserpegel auf den niedrigsten Stand seit einem halben Jahrhundert abgesunken ist.

Spur der Verwüstung

Betroffen waren auch die Bergregionen. Während es in den chilenischen und argentinischen Anden weniger regnete oder schneite, hat sich die die Gletscherschmelze weiter beschleunigt. Sorgen bereitet auch der Anstieg des Meeresspiegels. So ist etwa der Meeresspiegel in der Karibik zwischen 1993 und 2020 mit durchschnittlich 3,6 mm pro Jahr etwas stärker gestiegen als der globale Durchschnitt von 3,3 mm/Jahr. Im gleichen Zeitraum ist er rund um Südamerika auf der atlantischen Seite (3,69 mm/Jahr) höher gestiegen als auf der pazifischen Seite (2,63 mm/Jahr).

27 Prozent der Bevölkerung Lateinamerikas und der Karibik leben in Küstengebieten, von denen wiederrum geschätzte 8 Prozent in Gebieten leben, die einem hohen bis sehr hohen Risiko durch einen Wasseranstieg ausgesetzt sind. Mit 30 mit Namen benannten Stürmen wurde 2020 eine neue Rekordzahl in der Region erreicht. Vor allem die beiden Hurrikane Eta und Iota haben ihre Spuren der Verwüstung durch Guatemala, Honduras, Nicaragua und Costa Rica gezogen.

Befürchtet wird, dass Lateinamerika und die Karibik auch zukünftig die mit am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffene Region sein werde. Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad, wie im Pariser Abkommen vorgeschrieben, sei deshalb unerlässlich, wird am Ende der WMO-Studie gefordert.

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6 Kommentare

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  • > "So ist etwa der Meeresspiegel in der Karibik zwischen 1993 und 2020 mit durchschnittlich 3,6 mm pro Jahr etwas stärker gestiegen als der globale Durchschnitt von 3,3 mm/Jahr. Im gleichen Zeitraum ist er rund um Südamerika auf der atlantischen Seite (3,69 mm/Jahr) höher gestiegen als auf der pazifischen Seite (2,63 mm/Jahr)."

    Da gibt es noch ein weiteres Problem. Das Abschmelzen des Festlandeises in Antarctica und auf Grönland führt nicht nur zu Anstiegen des Meeresspiegels, sondern auch zu etwas veränderten Verteilungen der Wassermassen in den Ozeanen. Das liegt zum Einen an veränderten großen Meeresströmungen, die im Prinzip so etwas wie Höhenunterschiede in den Weltmeeren auslösen können. Zum Anderen aber veränderte sich die Verteilung der Wassermassen durch Gravitationseffekte: Wenn eine große Masse an Wasser als Eis auf dem Festland der Antarktis sitzt, zieht sie weitere Massen von Wasser Richtung Südpol, also in höhere Breiten. Schmilzt dieses Eis, verlagert sich durchschnittlich etwas vom Wasser Richtung Äquator, und auch der Gravitationseffekt kehrt sich um. Dabei geht es bei der Höhe des Meeresspiegels erst einmal um wenige Millimeter oder Zentimeter, auf die Dauer aber um viel mehr.

    In der Summe aber geht es um gigantische Massen an Wasser. Im Prinzip stellen solche große Massenverlagerungen Umverteilungen von Gewicht auf der Erdkruste dar. Diese ist aber prinzipiell labil und reagiert auf Belastungen. Theoretisch könnte das nun auch Erdbeben auslösen.

    Man weiß, dass dies nach dem Ende der Eiszeit in Skandinavien vor rund 10000 Jahren tatsächlich der Fall war, allerdings handelte es sich dabei einerseits um kilometerdicke Eisschilde, die aber andererseits über geologische Zeiträume, also sehr viel langsamer abschmolzen als die Veränderungen, die jetzt von Menschen ausgelöst werden.

    Mag sein, dass dies ein eher akademisches Teilproblem ist. Dennoch kann man gar nicht genug Respekt haben vor den Kräften, die wir da entfesseln.

  • Nur krasser technologischer Fortschritt kann uns noch retten

    • @Ralf Eckstein:

      Bis 2015 dachte ich, es würde ein Umdenken der Bevölerung stattfinden wenn der Klimawandel hier angekommen ist. Die Hoffnung stirbt halt zuletzt. Mir kommen heutzutage mehr Fahrräder entgegen als damals, also das Umdenken findet im kleinen statt. Aber nicht genug. Nicht ansatzweise.

      Die Hoffnung auf den technologischen Fortschritt halte ich ebenfalls für bedenklich. Eine dem Menschen überlegene KI mag vielleicht imstande sein, Technologien zu erfinden, von denen wir noch nicht einmal träumen. Aber auf dem Weg dahin werden nochmal soviele Resourcen verbraten und macht die Klimakatastrophe noch stärker.

      Falls der Menschheit das Technologische Schlupfloch bleibt, so bleiben leider immer noch 2 Fragen. Tickt eben jene KI aus und erfüllt uns Ihre gestellte Aufgabe in unerwünschter Form? Wenn nicht, was macht der Mensch der die Kontrolle über die KI hat mit den 8 und mehr Milliarden Menschen, welche die Kontrolle nicht haben?

      • @SimpleForest:

        Die Hoffnung auf den technologischen Fortschritt ist doch alles was uns bleibt. Anders schaffen wir es nicht schnell genug, außer Covid Mutationen werden noch gefährlicher, aber das kann auch niemand erhoffen.



        Ich glaube jeder technologische Fortschritt hat immer auch große Risiken. Ich glaube aber erstens nicht, dass eine selbst denkende KI so schnell machbar ist sondern das AI uns erst einmal nur hilft schneller Technologien zu entwickeln.

        Welche alternative soll es denn geben? Würden wir, wie es Extinction Rebellion will, bis 2025 klimaneutral werden wollen, könnten wir das nur mit Maßnahmen erreichen, die nicht nur unsere Wirtschaft komplett zerstören würde, sondern damit auch unser verhältnismäßig zivilisiertes Miteinander. Wir brauchen also neben dem Umdenken im Kleinen einfach auch einen Technologiesprung. Tatsächlich entwickelt sich Technologie ja auch wahnsinnig schnell. Vielleicht kriegen wir ja noch die Kurve. Ohne Hoffnung werden wir es aber nicht schaffen. Die brauchen wir auf jeden Fall.

        • @Ralf Eckstein:

          Ja wir brauchen Hoffnung. So klein das Licht auch sein mag. Dass die Gesellschaft bereit ist zu reduzieren und das im notwendigen Ausmaß stelle ich auch in Frage. Der Technologie Sprung, der allerdings ebenfalls seine eigenen Gefahren mit sich bringt, ist damit auch mein Licht geblieben. Aber ich persönlich möchte trotzdem reduzieren. Immer mehr und trotz Frust Rückschlägen immer weiter. Ich bin mir durchaus bewusst dass ich nur einer von 1-2 Milliarden Menschen bin, deren Ausstoß über alle Massen ist. Aber ich bin nicht der einzige der reduziert, je mehr es tun, desto mehr Zeit bleibt der Menschheit. Und Reduktion bietet auch Vorteile. Kein Auto spart Kauf und Unterhaltskosten -> ein Tag weniger zu Arbeiten finde ich fein :). Und das Radeln hält mich fit...

          Seid 6 Jahren im Urlaub nur noch Freunde besucht, mein GLS Konto freut sich trotz Teilzeit :). Menschen aus anderen Kulturkreisen kann ich auch hier kennen lernen, klappt als Touri eh nicht wirklich gut. Ernährungsumstellung hat meiner Gesundheit gut getan. Es gibt auch viel positives an Reduktion. Mein Gemüse im Hoflädle einzukaufen ist 1000 mal schöner als im Supermarkt. Und es schmeckt. Nicht alles ist schön und nicht alles schaffe ich (direkt).

        • @Ralf Eckstein:

          Und siehe da wieder sind wir dabei unsere Existenz in Frage zu stellen nur um dem Mammon zu dienen. Die Wirtschaft wäre mir mittlerweile vollkommen egal. Aber scheinbar denkt da jeder etwas anders.