Neue Staffel der TV-Serie „Silo“: Was ist hier wahr?
Die zweite Staffel der dystopischen Serie „Silo“ überzeugt mit stylischen Bildern und Themen. Sie erinnern an aktuelle politische Konflikte.
Als die Mechanikerin Juliette Nichols (Rebecca Ferguson) den riesigen Atombunker verlässt, in dem sie ihr ganzes bisheriges Leben zugebracht hat, hofft sie, in der Welt draußen nicht nur Tod und Zerstörung zu finden. Aber sie wird bitter enttäuscht.
Die Fortsetzung der von den Feuilletons hierzulande bisher nur wenig wahrgenommenen Science-Fiction-Serie „Silo“ auf Apple TV+, der Adaption von Hugh Howeys weltweit erfolgreicher Romantrilogie, geht so spannend weiter wie Staffel 1.
Es geht um die Geschichte einer riesigen Bunkeranlage, des titelgebenden „Silo“, in dem 10.000 Menschen wie in einer kleinen Stadt aus Beton unter der Erde leben. Die Außenwelt ist toxisch und tödlich.
Die schlimmste Strafe in dieser unterirdischen Gesellschaft, in der Tim Robbins den mitunter richtig fies-autoritären Bürgermeister Bernard Holland spielt, ist, das Silo zu verlassen und an die Oberfläche gehen zu müssen. Das kommt einem Todesurteil gleich.
„Silo“, Staffel 2, ab 15. 11 auf Apple TV+
Oder stimmt das gar nicht? Ist die Welt draußen gar nicht mehr toxisch? Die Bewohner dieser Bunkeranlage wissen kaum etwas über das frühere Leben auf der Erde, Bücher sind Mangelware, technologisch ist das Silo auch nicht gerade weit entwickelt, was der ganzen Serie ihren ästhetisch grandios ausgearbeiteten Vintage-Chic verleiht.
Das Subgenre der postapokalyptischen Science-Fiction boomt derzeit, in der Literatur ebenso wie im Film- und Serienbereich. Mit „Fallout“ hat der Streaminganbieter Amazon Prime vor Kurzem ebenfalls eine ganz ähnliche, auf einem Computerspielklassiker basierende Geschichte als Serie herausgebracht, die in einer unterirdischen Bunkerwelt spielt.
Wobei „Silo“ mit seinen stylisch tätowierten proletarischen Hipstern, die gegen eine autoritäre Ordnung ankämpfen, gerade auch bildästhetisch an ähnliche Sci-Fi-Serien wie „Expanse“ (Amazon Prime) und „Andor“ (Disney+) erinnert.
Suchtfaktor wie der Serienklassiker „Lost“
Dabei ist „Silo“ ebenso Krimi wie Science-Fiction und fährt gekonnt ein ganzes Geflecht an Spannungsbögen auf, die immer weiter ausgebaut werden, sodass jede vermeintliche Lösung neue Rätsel aufgibt. Das alles erzeugt einen ähnlich spannungsgeladenen Suchtfaktor wie der Serienklassiker „Lost“ (2004–2010).
Mit Staffel 2 ist gerade mal der erste von drei „Silo“-Romanen auserzählt, wobei Serienmacher Graham Yost durchaus eigene Akzente setzt. Hugh Howeys Trilogie (2011–2013) erschien in den USA im Selbstverlag bei Kindle und blieb auch dort, sogar als dem erfolgreichen Autor Buchverträge winkten.
In Staffel 2 findet Juliette ganz in der Nähe ein weiteres Silo, in dem aber irgendwann eine Rebellion stattgefunden hat, weshalb dort alles zerstört ist und sie nur auf einen einzigen Bewohner namens Solo (Steve Zahn) trifft. In dem Silo, das Juliette zuvor verlassen musste, entbrennt in der Zwischenzeit ein Machtkampf, in dem die Mechaniker aus den unteren Etagen gegen die Eliten in den oberen Stockwerken rebellieren.
In dieser etwas platt wirkenden Allegorie auf gesellschaftliche Hierarchien wird aber bald auch darum gestritten, inwieweit die Regierung nur Lügen verbreitet.
Das hört sich stellenweise an, als würden Trump-Anhänger vor sich hin schimpfen. Dabei liegt „Silo“ ein komplexes und in der Serienadaption toll umgesetztes World-Building zugrunde, das alles andere als eindimensional ist.
In der zweiten Staffel stellt sich heraus, dass die vermeintlichen Bösewichte eventuell doch gar keine sind. Unter anderem geht es dabei um den erbittert geführten Kampf um die eigene Geschichte und archiviertes Wissen in einer versteckten Bibliothek. Das ist bis zuletzt sehr spannend und endet zwangsläufig wieder mit einem Cliffhanger.
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