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Neue Regierung in SpanienDüstere Aussichten im Urlaubsland

Der konservative Regierungschef Rajoy kündigt ein drastisches Sparprogramm an. Nur die Rentner bleiben vorerst von den drakonischen Maßnahmen verschont.

Hartes Sparprogramm: Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy. Bild: dpa

MADRID taz | "Ich bin nicht hier, um Applaus zu ernten, sondern um Probleme zu lösen", erklärte Mariano Rajoy - und erntete dafür Beifall seiner konservativen Fraktion der Partido Popular (PP), die die absolute Mehrheit im neuen Parlament hält. 187 der 350 Abgeordnete des Parlaments wählten Rajoy gestern zum neuen Ministerpräsidenten.

"Das Panorama könnte nicht düsterer sein", erklärte Rajoy und verlangt von den Spaniern eine "Kraftanstrengung". Oberste Priorität habe die Haushaltskonsolidierung. Rajoy will im kommenden Jahr 16,5 Milliarden Euro einsparen. Damit soll das Haushaltsdefizit auf 4,4 Prozent im Jahr 2012 gedrückt werden. Dies sind die Zahlen, zu denen sich Spanien vor der EU verpflichtet hat.

Diese Summe gelte allerdings nur, wenn Spanien 2011 mit einem Defizit von 6 Prozent abschließe. "Falls wir bei 7 Prozent liegen, müssen wir weitere 10 Millionen einsparen", kündigte Rajoy an. Bereits 2011 mussten die Spanier Kürzungen von 15 Milliarden Euro über sich ergehen lassen. Vorerst dürfen nur die Rentner aufatmen. Ihre Bezüge werden gemäß der Inflation angehoben. Wie sehr im öffentlichen Dienst gespart wird, bleibt unklar. Nur eines kündigte Rajoy an: Künftig werden freie Stellen in der Verwaltung nicht mehr besetzt - "mit Ausnahme der Streitkräfte und der Sicherheitskräfte".

In Spanien sind über 20 Prozent ohne Job. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt gar bei 45 Prozent. Rajoy verspricht eine Politik, die Unternehmer ermutigen soll, mehr Menschen zu beschäftigen. Dazu sollen die Unternehmenssteuern gesenkt und der Kündigungsschutz soll gelockert werden.

Die Kontrolle im Falle einer Krankschreibung soll verschärft werden, die Möglichkeit, Arbeiter in den Vorruhestand zu schicken, wird es künftig nicht mehr geben. Um die Produktivität zu steigern, wollen die Konservativen Brückentage abschaffen. Wer Berufsanfänger unter Vertrag nimmt, soll künftig von den Abgaben zur Sozialversicherung befreit werden.

Auch die Banken will Rajoy in den kommenden drei Monaten sanieren. Konservative Spitzenpolitiker bringen immer wieder die Gründung einer Bad Bank ins Spiel. Diese soll von allen Banken und Sparkassen die Immobilien übernehmen, die bislang gepfändet wurden. Seit Ende der Spekulationsblase verfallen die Werte dieser Immobilien und belasten die Bilanzen der Geldinstitute. Die Kosten einer solchen Bad Bank werden auf 60 Milliarden Euro geschätzt.

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2 Kommentare

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  • Z
    zVen

    Volle Kraft in Richtung Diktatur

     

    Das was in Spanien und anderen Ländern passiert ist die Einführung ein Kapitaldiktatur. Selbstverständlich braucht eine Diktatur nichts mehr als einen hochgezüchteten Polizei- und Militärapparat zur Kontrolle und Unterdrückung seiner Bevölkerung. Deshalb wird in diesen Bereichen auch nichts eingespart. Dann noch schnell die Unterstützung der alten Franco-Rentner eingekauft und fertig ist ein Überwachungs- und Terrorstaat gegen den die DDR wie ein Ferienlager wirkt.

  • T
    T.V.

    Kapitalismus 2.0 - wird Zeit, daß die Straßen wieder voller werden.