Neue Regierung in Nordirland: Verpasste Chance
Nordirland hätte eine Sonderwirtschaftszone sein und vom Handel mit zwei Größen profitieren können. So aber blickt alles auf eine irische Vereinigung.
N ordirland hat wieder eine Regierung. So weit die gute Nachricht. Aber die Bedingungen, die an die Rückkehr der Democratic Unionist Party (DUP) nach zwei Jahren Boykott geknüpft waren, bedeuten eine verpasste Chance.
Nordirland hätte sich gegen die negativen Folgen des Brexits, der in Großbritannien Verheerungen angerichtet hat, wappnen können. Das Zusatzprotokoll zum Brexit-Vertrag sowie der später ausgehandelte Windsor-Rahmenplan sahen vor, dass Nordirland im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt, um eine physische Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland zu vermeiden.
Das eröffnete wirtschaftliche Möglichkeiten, die dem Rest des Vereinigten Königreichs verwehrt blieben. Man konnte ungehinderten Handel sowohl mit Großbritannien als auch mit der EU treiben. Eine funktionierende Regierung in Belfast hätte mithilfe dieser Regelung jede Menge ausländischer Großinvestoren anlocken können, denn nirgendwo anders wurde einem das geboten.
Die DUP spielte jedoch nicht mit, weil Nordirland dadurch anders behandelt würde als der Rest des Vereinigten Königreichs. Sie hat sich nicht nur den freien Warenverkehr mit Großbritannien, sondern auch eine „Stormont Brake“, also eine Bremse durch das nordirische Parlament, zusichern lassen. So lässt sich jede Veränderung von EU-Regeln für Nordirland verhindern.
Nordirland konzentriert sich künftig auf den britischen Markt
Bisher traten solche Regeln automatisch in Kraft. Wenn man in Zukunft neue EU-Regeln zur Umwelt, zu Produktvorschriften, zu Hygienestandards nicht übernimmt, wird die EU den Zugang nordirischer Unternehmen zum Binnenmarkt einschränken. Welcher internationale Investor wird sich auf solche Unwägbarkeiten einlassen?
So hat die DUP die Chance auf einen Schub für die nordirische Wirtschaft zugunsten eines symbolischen Akts geopfert. Nordirland konzentriert sich künftig auf den britischen Markt. Doch wenn man so im Gleichschritt mit Großbritannien in eine Wirtschaftskrise marschiert, könnte die irische Vereinigung an Attraktivität gewinnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Überraschende Wende in Syrien
Stunde null in Aleppo
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär
Trumps Wiederwahl
1933 lässt grüßen