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Neue Regierung in MaliProfilloser Premier, kaputter Staat

Das Militär in Mali setzt den bisherigen Übergangspremier ab. Der unbekannte Karrierebeamte Diango Cissoko wird zum neuen Regierungschef ernannt.

Hoffen auf den neuen malischen Premier Diango Cissoko. Bild: dpa

BAMAKO taz | Bei seiner Ernennung am späten Dienstagabend wusste man nicht einmal, wie der Name des neuen Premierministers von Mali richtig geschrieben wird. Und auch bei vielen Maliern in Bamako hat Diango Cissoko, der zunächst als „Django Sissoko“ durch die Medien geisterte, für Rätselraten gesorgt.

Dabei ist der 62-Jährige, der im Eilverfahren von Interimspräsident Dioncounda Traouré zum neuen Regierungschef ernannt wurde, im krisengeschüttelten Sahelstaat alles andere als ein Unbekannter, wenn er auch im Land selbst als jemand gilt, der kaum sichtbar ist. Seit seinem Abschluss an der staatlichen Verwaltungsschule in Bamako 1971 hat Cissoko unter verschiedenen Regierungen für den malischen Staat gearbeitet. Bis Mai 2011 war er Generalsekretär des damaligen Präsidenten Amadou Toumani Touré (ATT) und zuletzt Vermittler des Staates.

Jetzt soll der promovierte Jurist sein Land so schnell wie möglich aus der Krise führen und „die Blockade auflösen“. So hat es Armeehauptmann Amadou Haya Sanogo im Staatsfernsehen gefordert. Sanogo ist der noch immer überaus mächtige Anführer der Militärputschisten, die im März Präsident ATT gestürzt hatten und seit ihrem Rückzug von der Macht schon mehrere Übergangsregierungen zu Fall gebracht haben. Erst in der Nacht zu Dienstag hatte Sanogo den bisherigen Premierminister Cheick Modibo Diarra absetzen und kurzzeitig verhaften lassen.

Rückeroberung des Nordens

Nach anfänglichem Rätselraten über den neuen Regierungschef und Wut über Sanogos Muskelspiele besteht in der malischen Hauptstadt nun tatsächlich ein wenig Hoffnung, dass sich die eingefahrene Situation jetzt ändern könnte. Der gut vernetzte Journalist Hamidou Konaté sagt, dass immer weniger Menschen Vertrauen in Cheick Modibo Diarra gehabt hatten. „Er war lange Zeit gar nicht im Land und ließ sich in Paris behandeln“, kritisiert Konaté. Außerdem hätte er sich zu wenig um die Entwicklung Malis gekümmert. „Wir waren häufig geschockt, wie er in der Öffentlichkeit auftrat. Dabei war er niemand, der überhaupt gewählt worden ist“, so Konaté weiter.

Jetzt muss Diango Cissoko beweisen, dass er es besser kann. Oberstes Ziel ist die Rückeroberung des Nordens, der seit Monaten von radikalen Islamisten kontrolliert wird. Ob sich das durch Dialog oder doch durch einen Militäreinsatz ändern soll, dazu hat sich Cissoko bisher allerdings noch nicht geäußert.

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1 Kommentar

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  • DP
    Daniel Preissler

    Schreibweisen gibt es in Westafrika ja des öfteren mehrere (es kommt vor, dass Unterschiede zwischen Geburtsurkunde und Pass einer Person bestehen). Sollten die malischen Namen eines Tages an die malische Orthographie angepasst werden, wird der Mann wohl Jango Sisoko heißen (es sei denn, es würde sich doch noch Dyango durchsetzen).

     

    Allerdings heißt der Interimspräsident aktuell sicherlich Traoré (Traouré geistert jetzt auch schon durch verschiedensprachige Medien, ist aber sicher falsch).

    Und der im Artikel zuvor genannte Rufer heißt mit hoher wahrscheinlichkeit Oumar Sidibé und nicht Sidibé Oumar.

     

    Wahnsinnig wichtig ist das jedoch nicht, wie ich gern zugebe. Vielen Dank für Ihre Berichterstattung, Frau Gänsler!

    DP