Neue Regelungen für Luftqualität: Luftige Standards in der EU
Die neuen Regelungen in Brüssel gegen Luftverschmutzung sind umstritten. Der Industrie sind sie zu streng, Umweltschützern gehen sie nicht weit genug.
Die politische Einigung zur sogenannten Luftqualitäts-Richtlinie sieht strengere Grenzwerte für Schadstoffe wie Feinstaub, Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid vor. Für Feinstaub soll die Obergrenze ab 2030 bei zehn Mikrogramm pro Kubikmeter liegen – statt wie bisher 25 Mikrogramm. Der Grenzwert für Stickstoffdioxid wird von 40 Mikrogramm auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter halbiert.
Die neuen Ziele bleiben jedoch weit hinter den WHO-Empfehlungen zurück. Eigentlich wollte das Parlament diese Empfehlungen eins zu eins übernehmen. Nun zeigt die EU weniger Ehrgeiz – und lässt eine Hintertür offen.
So kann die Erfüllung der Ziele um fünf Jahre verschoben werden, wenn die betroffenen, besonders verschmutzten Städte nicht weit genug sind.
Deutsche Umwelthilfe: „Diktat der Industrieinteressen“
Wenn das Problem an veralteten (Kohle-)Heizungen liegt, wie in Polen, sind sogar Ausnahmen bis 2040 möglich. Aber auch italienische Städte wie Mailand oder Turin könnten die Umsetzung auf die lange Bank schieben. Die Einigung sei dennoch besser als nichts, erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Nun könnten Fahrverbote vermieden werden, erklärte die Grünen-Politikerin.
Scharfe Kritik kommt dagegen von der Deutschen Umwelthilfe: Die Gesundheit sei „dem Diktat der Industrieinteressen“ zum Opfer gefallen. Den Mitgliedsstaaten gehe es mehr um die Vermeidung von konkreten Maßnahmen als um die Vermeidung unnötiger Todesfälle durch Luftverschmutzung. Nach Angaben der EU-Kommission sterben jedes Jahr 300.000 Menschen in Europa frühzeitig durch die Luftverschmutzung.
Der Wirtschaft geht der Kompromiss dagegen viel zu weit. Er gefährde die Transformation der Industrie zur Klimaneutralität, so der Bundesverband der Deutschen Industrie. Fahrverbote für Pkw und Lkw seien wieder denkbar.
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