Neue Musik aus Berlin: Erbarme dich

Für Bachs h-Moll-Messe findet Dirigent René Jacobs mit dem RIAS Kammerchor und der Akademie für Alte Musik Berlin zu einem überraschenden Choransatz.

Poträtfoto: Renée Jacobs trägt ein graues Hemd und einen schwarzen Cardigan und schaut in die Kamera. Sein Haar ist grau gelockt.

Dirigent René Jacobs bringt Chöre und So­lis­t:in­nen zum Einsatz Foto: Philippe Matsas

Wie man auch immer zur Religion stehen mag: Der christliche Ausruf „Herr, erbarme dich!“ ist keine bloße Ohnmachts- oder Unterwürfigkeitserklärung von Menschen an eine nächsthöhere Instanz. Er ist ebenso ein Signal, mit dem man zu verstehen geben kann: Mir wird das gerade etwas viel. Ob das Folgen zeitigt, sei dahingestellt. Um Sorgen loszuwerden, ist die Formel jedenfalls geeignet. In schweren Zeiten allemal.

Der lateinische Messetext der katholischen Liturgie beginnt mit dem „Kyrie eleison“, der Bitte um Erbarmen auf Altgriechisch. Bei Bach, der sich der Sache in der h-Moll-Messe, seinem letzten großen Vokalwerk, angenommen hat, erklingt das „Kyrie“ in dramatischen Chorakkorden, zwischen denen der zweite Sopran ein insistierend aufsteigendes „eleison“ singt. Die Messe gilt als krönender Abschluss von Bachs Sakralschaffen und als sein am häufigsten aufgeführtes großes Werk.

Einspielungen gibt es ebenfalls eine Reihe, auf modernen oder historischen Instrumenten, dazu einige in solistischer Besetzung, ohne großen Chor, sondern mit einer Person pro Gesangsstimme. Bei einem fünfstimmigen Chorsatz sind das dann fünf Leute.

J. S. Bach: „Messe in h-Moll“ (Harmonia Mundi), René Jacobs, Akademie für Alte Musik Berlin, RIAS Kammerchor; Live am 12. Mai im Konzerthaus

Der Dirigent René Jacobs hat für seine zweite Aufnahme mit der Akademie für Alte Musik Berlin und dem RIAS Kammerchor einen Mischansatz gewählt, in dem die Chorpassagen zum Teil vom ganzen Chor, zum Teil von einigen RIAS-Vokalisten gesungen werden. Das mag ungewohnt erscheinen, dafür klingt es wahlweise kraftvoll, konzentriert oder lyrisch.

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Jahrgang 1971, arbeitet in der Kulturredaktion der taz. Boehme studierte Philosophie in Hamburg, New York, Frankfurt und Düsseldorf. Sein Buch „Ethik und Genießen. Kant und Lacan“ erschien 2005.

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