piwik no script img

Neue Morde in Nordirland

■ Blutiger protestantischer Racheakt nach Bombenanschlägen einer IRA-Splittergruppe

Dublin (taz) – Ein Katholik und ein Protestant sind am Dienstag abend in einem Wirtshaus des nordirischen Dorfes Poyntzpass erschossen worden. Zwei weitere Männer wurden verletzt. Die maskierten Attentäter waren in die Railway Bar gestürmt und befahlen den acht Gästen, sich auf den Boden zu legen. Dann feuerten sie mit Maschinenpistolen.

Zwar hat sich niemand zu der Tat bekannt, doch vermutlich steckt die Splittergruppe Loyalist Volunteer Force (LVF) dahinter. Nachdem die IRA-Absplitterung „Continuity IRA“ vorige Woche Bombenanschläge auf die überwiegend protestantischen Städte Portadown und Moira verübt hatte, mußte mit Racheakten gerechnet werden. Poyntzpass ist nur zwölf Kilometer von der LVF- Hochburg Portadown entfernt. Die Täter haben die Kneipe wohl als Angriffsziel ausgewählt, weil der Bruder des Besitzers Dessie Canavan Stadtrat der katholischen sozialdemokratischen SDLP ist. Damien Trainor, ein 28jähriger Katholik, und Philip Allen, ein 34jähriger Protestant, kannten sich seit frühester Kindheit.

Politiker aller Schattierungen verurteilten die Morde. Die Tories sagten aber auch, Premierminister Tony Blair habe einen Fehler gemacht, als er die Vertreter loyalistischer Organisationen vorige Woche empfangen hat. Tory-Sprecher Andrew Mackay verlangte von Blair, dem Sinn-Féin-Präsidenten Gerry Adams jetzt erst recht eine Absage zu erteilen. Die irische Regierung hat trotz der Ereignisse offenbar nichts von ihrem Optimismus eingebüßt: Ende Mai sollen die Menschen in der Republik Irland darüber entscheiden, ob sie den Anspruch auf Nordirland aus ihrer Verfassung streichen wollen. Premierminister Bertie Ahern sagte gestern, er hoffe, daß bis dahin auch ein Ergebnis der Friedensverhandlungen vorliege, das dann gleichzeitig per Referendum abgesegnet werden könne. Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen