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Neue Kritik an KulturstaatsministerWeimers Möchtegern-Davos unter Druck

Ein Abendessen mit Ministern – für Zigtausende Euro: Damit soll der Ludwig-Erhard-Gipfel werben. Was hat Gründer Wolfram Weimer noch damit zu tun?

Schon wieder in der Kritik: Wolfram Weimer (parteilos), Staatsminister für Kultur und Medien Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Dominik Baur

Aus München

Dominik Baur

Wer am Tegernsee gepflegt zum Abendessen gehen will, weiß, dass das eine teure Angelegenheit werden kann. Nicht umsonst trägt der See, der im Süden von München am Fuße der Alpen liegt, auch den Kosenamen „Lago di Bonzo“. Hier haben sich Fußballgrößen, Unternehmer und Oligarchen niedergelassen, auch der Kanzler besitzt hier ein Ferienhaus.

Doch die 80.000 Euro, für die Kulturstaatsminister Wolfram Weimer dort laut einer Überschrift des sehr nach rechts orientierten Onlinejournals „Apollo News“ zufolge Abendessen verkaufen soll, erscheinen auch für hiesige Verhältnisse viel Geld. Da ändert es auch nicht viel, dass es bei genauerer Betrachtung des Apollo-News-Textes tatsächlich „nur“ 20.000 Euro sind. Denn diese muss ein Unternehmer, der am jährlich von der Weimer Media Group veranstalteten Ludwig-Erhard-Gipfel teilnimmt, demnach drauflegen, um zur „exklusiven Executive Night“ eingeladen zu werden, also einem Abendessen, an dem auch Bundes- und Landesminister teilnehmen.

Das Standardpaket für 40.000 Euro, ohne das Draufgelegte, umfasse dagegen nur eine Teilnahme an einer Podiumsdiskussion, zehn Eintrittskarten und diverse Werbeleistungen in den in Weimers Verlag erscheinenden Medien, schreibt Apollo News. Weimer verkaufe „Einfluss auf politische Entscheidungsträger“, konkludiert die Website.

Auch bei konservativen Politikern ist der Gipfel durchaus beliebt. Für kommendes Frühjahr haben sich laut der Homepage des Gipfels als Speaker bereits die Bundesminister Katherina Reiche, Dorothee Bär, Thorsten Frei und Alois Rainer sowie die bayerischen Regierungsmitglieder Hubert Aiwanger, Judith Gerlach und Florian Herrmann angekündigt. Auch Ilse Aigner, die Präsidentin des Bayerischen Landtags, soll dabei sein.

Und Schirmherr des Events ist Markus Söder, dem schon der Name der Veranstaltung gefallen dürfte. Ludwig Erhard, das war schließlich der – bislang – einzige Bundeskanzler aus Bayern, ja aus Franken. Der Gipfel, so wird der bayerische Ministerpräsident zitiert, habe sich mittlerweile zu einem „ganz starken Meeting“ entwickelt, wo aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Gäste zusammenkommen, um darüber zu reden, wie die Zukunft zu gestalten ist. „Es könnte so auf Dauer ein bayerisches Davos werden.“

Eine halbe Million für den Gipfel

Über die Zukunft wird nun in der Bayerischen Staatskanzlei auch diskutiert, über die nämlich des Gipfels. Die Regierung habe eine Überprüfung eingeleitet, ob der Gipfel weiter vom Freistaat Bayern unterstützt werden könne. So hat sich die Agentur Bayern Innovativ, die vom Bayerischen Wirtschaftsministerium gefördert wird, in den letzten vier Jahren nach Ministeriumsangaben mit insgesamt fast einer halben Million Euro beim Gipfel „engagiert“.

Wolfram Weimer selbst hat zwar bei seinem Amtsantritt in Berlin die Geschäftsführung der Weimer Media Group niedergelegt, die seither von seiner Frau Christiane Goetz-Weimer alleine geführt wird. Die Firma gehört allerdings dem Ehepaar gemeinsam. Weimer profitiert also weiterhin direkt von deren Einnahmen. Dass es irgendeine Art der Einflussnahme durch den Minister und Merz-Vertrauten gebe, wies ein Sprecher der Weimer Media Group jedoch zurück und sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ob und wie Gäste und Speaker miteinander ins Gespräch gehen, liegt in deren Ermessen. Wer sich dort wie mit wem vernetzt, ist den Gästen vorbehalten.“

Eine Erklärung, die Sven Lehmann, dem Vorsitzenden des Kultur- und Medienausschusses im Bundestag, nicht genügt. Die jüngsten Berichte würfen ernsthafte Fragen auf, so der Grünen-Politiker: „Wurden teure Exklusivpakete, die einen privilegierten Zugang zu Ministern versprechen, durch Weimer selbst vermittelt? Wurde die notwendige Trennung zwischen politischem Amt und wirtschaftlichen Geschäftsinteressen tatsächlich gewahrt?“ Befremdlich sei zudem, dass Weimer nicht gleich bei Amtsantritt seine 50-prozentige Beteiligung am Unternehmen offengelegt habe.

Es gibt übrigens noch Karten für den kommenden Ludwig-Erhard-Gipfel, einfache Tagestickets sind auf dessen Homepage schon ab 1.100 Euro zu bekommen.

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