Neue Kritik an EU-Kommissar: Fliegt Oettinger nach Lobbyistenflug?
EU-Kommissar Oettinger steht abermals unter Druck. Diesmal geht es um einen Flug nach Ungarn – im Privatjet eines Russland-Lobbyisten.
Der deutsche CDU-Politiker war im Mai mit dem Privatjet des russischen Honorarkonsuls Klaus Mangold zu einem Treffen mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán geflogen. Das hat er mittlerweile eingeräumt.
Die Frage ist nun, ob er sich damit über die Ethikregeln der EU-Kommission hinweggesetzt hat. Sie sehen vor, dass Treffen mit Lobbyisten öffentlich ausgewiesen werden müssen. Außerdem dürfen Kommissare keine Geschenke im Wert von mehr als 150 Euro annehmen.
Der Jetset-Flug nach Budapest war aber deutlich mehr wert – und Oettinger kann nicht sagen, wer für die Kosten aufgekommen ist. Dennoch will er keinen Fehler erkennen. „Die Anschuldigungen sind nicht wahr“, verteidigt er sich. Wegen anderer Termine habe er den gebuchten Linienflug nicht nehmen können. Allerdings gab es nicht nur einen, sondern vier Linienflüge am Tag nach Budapest.
Kompetenzen überschritten?
Zudem ist fraglich, warum Oettinger mit Orbán sprechen musste. Offiziell hat er an einer Konferenz über die „Zukunft des Autos“ teilgenommen. Der grüne Europaabgeordnete Benedek Jávor, ein Ungar, glaubt jedoch, dass es in Wahrheit um einen Atomdeal gegangen sei. Orbán möchte das ungarische Atomkraftwerk Paks ausbauen – mit russischer Hilfe. Dies ist in Brüssel umstritten, die EU-Kommission hat eine Untersuchung eingeleitet.
Sollte sich Oettinger darüber tatsächlich mit Orbán unterhalten haben, hätte er seine Kompetenzen überschritten. Seit 2014 ist Oettinger nicht mehr für Energie, sondern für Digitales zuständig. In wenigen Wochen soll er zum Budgetkommissar aufsteigen.
Rebecca Harms
Die Grünen wollen ihn im EU-Parlament zur Rede stellen. „Es ist sehr bedenklich, wenn sich ein EU-Kommissar von einem Kreml-nahen Lobbyisten in einem Privatjet durch Europa fliegen lässt und das völlig normal findet“, kritisiert Fraktionschefin Rebecca Harms.
Ihr Parteifreund Jan Philipp Albrecht geht noch weiter. Kommissionschef Jean-Claude Juncker müsse „Oettinger entlassen, um weiteren Schaden für die EU abzuwenden“, sagte er der taz. Es sei ein „Hohn“, dass Oettinger befördert werden solle.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus