Neue Kooperationen bei der Raumfahrt: China nimmt deutsche Box mit ins All

Bei der Shenzhou-Mission kooperiert China erstmals mit dem Ausland. Während die Deutschen auch Schrauben vom Baumarkt verwenden, fertigt China alles in Spezialfabriken.

Test Simbox in Peking: Die Zentrifuge (links) wird in den Wärmeschrank (rechts) eingebaut. Bild: DLR

Die deutsch-chinesische Zusammenarbeit im Weltraum ist etwa 30 Zentimeter hoch, 45 Zentimeter breit und 55 Zentimeter tief. Ende Oktober soll an Bord der chinesischen Raumkapsel Shenzhou ein Simbox genannter Wärmeschrank mit diesen Ausmaßen in den Orbit reisen. Und zwar ausgerüstet mit Apparaturen, die die Wirkung der Schwerelosigkeit auf Organismen in einem Zeitraum von knapp drei Wochen kontrollieren sollen.

Bei einer Temperatur von 23 Grad Celsius werden unter anderem menschliche Tumorzellen der Schilddrüse, des Nervensystems und des Immunsystems beobachtet. Besonderes Augenmerk legen die Forscher auf die Frage, wie die Schwerkraft auf das menschliche Immunsystem wirkt. Längere Aufenthalte in Schwerelosigkeit haben zur Folge, dass dieses geschwächt wird.

Am Ende der Forschung, so erläutert Markus Braun vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), könnten neue Therapien zur Stärkung des Immunsystems stehen, die sowohl in der Raumfahrt als auch in der irdischen Medizin einsetzbar wären. Zunächst aber, so betont Markus Braun, werde in dem Inkubator Grundlagenforschung betrieben.

Insgesamt werden 17 Experimente durchgeführt, zehn unter chinesischer Regie, sechs unter deutscher und ein Gemeinschaftsexperiment. In einem der 40 Experimentbehälter, die jeweils etwa die Größe einer Zigarettenschachtel haben, leben, nur durch eine Membran getrennt, kleine Fische und Algen. Man möchte herausfinden, ob sich durch bloße Zugabe von Licht ein stabiler Gaskreislauf entwickelt.

Algen könnten, so die Pläne der Wissenschaftler, bei längeren Raumflügen Sauerstoff und auch Nahrung liefern. Bislang wird im All nur Urin zu Trinkwasser recycelt, in Zukunft wären alle Stoffwechselprodukte des Menschen in Raumschiffen wiederverwertbar. Nur so seien mehrjährige Missionen praktikabel, erklärt Markus Braun.

China verlangt kein Geld für die Mitfahrgelegenheit

Die Kooperation mit der chinesischen Organisation für bemannte Raumfahrt CMSEO ist für das deutsche Raumfahrtmanagement durchaus lohnend. Transferkosten, wie diese von europäischen und russischen Partnern oft verlangt werden, entstehen bei der Mitfluggelegenheit im chinesischen Raumschiff nicht.

China wiederum darf kostenfrei seine Experimente im deutschen Wärmeschrank durchführen. Beide Seiten hoffen natürlich, dass die Zusammenarbeit in Zukunft vertieft wird. Im Jahr 2020 soll die chinesische Raumstation "Tiangong 1" in Betrieb gehen. In jener Zeit endet nach derzeitigem Stand die Betriebsdauer der Internationalen Raumstation ISS.

Natürlich, räumt Markus Braun ein, gebe es spezielle Herausforderungen bei der Zusammenarbeit der beiden Länder. Die Mission im Oktober dieses Jahres ist die erste Kooperation zwischen China und einem anderen Staat im Bereich der bemannten Raumfahrt.

Obwohl sich beide Seiten bemühen würden, so der Biologe aus Bonn, müsse man von zwei sehr unterschiedlichen Standards ausgehen. In China werde jede Schraube, die im All zum Einsatz komme, von einer speziellen Industrie gefertigt.

Schrauben aus dem Baumarkt

Deutsche Wissenschaftler hingegen gehen auch im Baumarkt einkaufen und haben damit gute Erfahrungen gemacht. Auch die militärische Geheimhaltung, unter der die chinesische Raumfahrt steht, erschwere die Arbeit.

Die Organismen in dem Inkubator werden per Militärhubschrauber vom Landeort nach Peking gebracht und dort erst den deutschen Wissenschaftlern ausgehändigt. Wie gut zum Beispiel Fische und Algen diese Reise nach der Reise vertragen, ist ungewiss.

Insgesamt spiegelt die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland die neue Unübersichtlichkeit in einer globalisierten Welt wider. Während früher nur die USA, die Russen und später die Europäer Raumfahrt betrieben, entstehen seit kurzem ganz neue Konstellationen. Seit drei Jahren ist Japan mit einem Modul an der Internationalen Raumstation ISS angedockt. Und die DLR verhandelt inzwischen mit einem weiteren Partner über mögliche Kooperationen - mit Indien.

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