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Neue HolzöfenverordnungBessere Luft im Speckgürtel

Schnieke Kamine und Holzöfen pusten mehr Feinstaub in die Luft als der gesamte Verkehr. Das soll jetzt anders werden. Was Sie beachten müssen.

Wenn das mal noch okay ist! Bild: dpa

BERLIN taz | Wohlige Wärme aus einem kleinen Bollerofen, in dem kantige Holzscheite flackern: Dieses romantische Wintervergnügen haben sich, befeuert durch aggressive Werbung der Baumärkte, Millionen Deutsche ermöglicht, vor allem am Stadtrand und auf dem Land. Die Kehrseite: Besonders an windschwachen Wintertagen wird gesundheitsschädlicher Feinstaub en masse ausgestoßen.

Damit soll nun Schluss sein: Zum 1. Januar tritt eine verschärfte Stufe der Bundesimmissionsschutzverordnung in Kraft, die Heizungsbetreiber zum Nach- oder Umrüsten zwingt.

Wie notwendig das ist, zeigt ein Blick auf die Quellen des Feinstaubs. Laut Bundesumweltamt emittieren Haushalte und Kleinverbraucher mittlerweile mehr Feinstaub als der Verkehrssektor. Vor zehn Jahren war es noch umgekehrt. Die meisten Kleinstpartikel stammen allerdings aus Industrieanlagen.

Von wegen Abfälle verfeuern!

Das Bundesumweltministerium geht davon aus, dass etwa 4,5 Millionen Einzelraumfeuerungsanlagen mit Staubfiltern nachgerüstet oder ausgetauscht werden müssen. Vorrangig sind das alte Anlagen, die als Zusatzheizung betrieben werden – Anlagen, in denen auch gern mal Abfälle entsorgt werden.

Ob vorhandene Anlagen die neuen Emissionsgrenzwerte einhalten, überwachen die örtlichen Schornsteinfeger. Sind sie zu dreckig, müssen sie umgebaut oder ausgetauscht werden, wobei es bis zu zehn Jahre Übergangsfrist geben kann. Das Ministerium hofft, dass die Feinstaubemissionen aus Kleinfeuerungsanlangen in Deutschland bis 2025 um ein Drittel verringert werden – von 24.000 Tonnen pro Jahr auf 16.000.

Neue Einzelraumfeuerungsanlagen werden ab 500 Euro zu bekommen sein, erwartet das Ministerium. Viele Angebote in den Baumärkten sind aber deutlich teurer. Eine Filternachrüstung soll zwischen 200 und 500 Euro kosten. Einfachere Lösungen gibt es für unter 200 Euro. Finanziell entschädigt werden Eigenheimbesitzer an anderer Stelle: Statt jedes Jahr müssen sie künftig ihre Öl- oder Gasheizung nur noch alle drei beziehungsweise zwei Jahre kostenpflichtig überprüfen lassen.

Um soziale Härten zu vermeiden und jahrhundertealte Heiztraditionen zu schützen, gibt es Ausnahmen. Dazu zählen alle Kleinfeuerungsanlagen, die die einzige Heizquelle in einem Raum sind. Wer also mit einem Kachelofen heizt, darf dies auch weiterhin tun. Ebenfalls ausgenommen sind offene Kamine, Badeöfen, Backöfen sowie historische Öfen, die vor 1950 errichtet wurden.

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22 Kommentare

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  • Selbst wenn das Feinstaubproblem gelöst wird (in Großfeuerungsanlagen und Kraftwerken ist das geregelt), bleibt die Frage: "Wo kommt nur das ganze Holz für Pelletheizung, offene Kamine und Specksteinöfen im Speckgürtel her?"

    Von wegen: "nachwachsender Rohstoff" und CO2-neutral. Im Baltikum, in Russland und auf dem Balkan wird schon lange Raubbau an den Waldbeständen getrieben, damit in D genug Holz zum Heizen vorhanden ist. Dort ist die Balance zwischen Einschlag und Wiederaufforstung nur Theorie.

    • @lichtgestalt:

      Eventuell ist der Großraum Berlin/Brandenburg Holzmäßig tatsächlich defizitär so dass auch einiges aus Osteuropa rübergekarrt wird - oder doch eher aus dem nahen Erzgebierge? Ich weiß es nicht, ich bin kein Berliner.

       

      Wohnt man allerdings im Umfeld eines Mittelgebirges (Harz, Sauer/Siegerland, Taunus etc.) herrscht es an Holz keinen Mangel. Allein gegen das anfallende Sturmholz, das ansonsten nicht verwertbare "Topholz" aus der Krone schlagreif gefällter Bäume usw. ist kaum anzuheizen. Bliebe alles im Wald würde es sinnlos verfaulen oder wäre Borkenkäferfutter.

       

      Dazu kommen Hölzer aus ausrangierten Paletten, Verschnitte aus Sägewerken (Stichwort "Schwartenbretter") und und und...

       

      Bei uns muss man nirgendwo 20 km fahren um sich den Anhänger mit bezahlbarem Brennholz pickepacke voll zu laden.

       

      Ökologisch unterm Strich ganz sicherlich nicht verwerflicher als Erdgas aus lecken russischen Pipelines und mit maroden Supertankern herbeigeschafftes Erdoel.

  • "Um soziale Härten zu vermeiden und jahrhundertealte Heiztraditionen zu schützen, gibt es Ausnahmen."

     

    wird es wohl bald eine Ost-Deutsche Community geben, die sich der rettung "unserer Heizwerte" verschrieben hat?

    Wieso ist "tradition" überhaupt ein Argument?

     

    Ein Mensch,der diesen Winter noch garnicht(!) geheizt hat.Vielleicht auch,weil mein Biler kapott ist.

    • @pippilotta_viktualia:

      "Wieso ist "tradition" überhaupt ein Argument?"

       

      Weil nicht jeder sich einfach mal ne neue Heizung leisten kann.

       

      Ein Mensch, der fast das ganze Jahr über geheizt hat. Mit Holz!

    • @pippilotta_viktualia:

      Das ist DIE Idee! Wir heizen einfach nicht mehr! Ja, warum kommt man denn erst heute auf diese geniale Lösung?

    • @pippilotta_viktualia:

      "Ein Mensch,der diesen Winter noch garnicht(!) geheizt hat.." Wo wohnen Sie?

       

      Und Traditionen dürfen natürlich nicht beschnitten werden.

      • @lichtgestalt:

        Tja, bei manchen Leuten kommt halt der Strom aus der Steckdose und die Wärme aus dem Heizkörper.

  • Feinstaub, soso. Dafür werden Gas- und Ölheizer künftig entlastet. Scheinen wohl unendliche Quellen von fossilen Brennstoffen entdeckt worden zu sein.

  • ja schüren wir mit Holz oder diesen Pellets, die letzten Urwälder in Osteuropa werden dafür abgeholzt, macht aber nix, Hauptsache schön warm in deutschen Stuben!

  • Ach herrjee! Da hat man sich mal wieder eine schöne Augenwischerei ausgedacht - erst das Verbot der Glühbirnen, dann (in einem anderen Artikel der taz) die Pflicht den Müll zu trennen und jetzt müssen die Leute ihre Öfen auch noch umrüsten!

    Nur drei Beispiele von vielen, die uns aufgebrummt werden.

     

    Aber wir wollen ja nicht meckern: Hauptsache der Autoindustrie geht's nicht an den Kragen und den Konzernen wird geholfen - dann geht's uns allen gut!

  • da gabs schon vor c 3 Jahren eine Diskussion in der Welt, innerhalb von 24h gabs c 300 Wut Kommentare, wieder mal ein gutes Geschäft-Filternachrüsten, bei mir ists einfach-einfach Kamin zumauern und basta!

    • @Georg Schmidt:

      Die meisten besseren Kaminöfen erfüllen die verschärften gesetzlichen Anforderungen auch ohne Filtereinbau sogar über das Jahr 2025 hinaus.

      Bevor sie also vorschnell zu Ziegel, Mörtel und Kelle greifen...

  • Meine Nachbarn hier am Stadtrand von München haben ein Häuschen geerbt. Diese Häuser werden nach und nach renoviert und mit Bio-Kachelofen ausgestattet.

    Das riecht man! Und bei nebeligem Wetter kann ich tagelang kein Fenster

    öffnen. So etwas kannte ich bisher nur von meiner Berliner Zeit. Gott ist das schon wieder lange her.

    • @HansMünchen:

      Bei Konversionswetterlagen kanns, wenn man den Geruch nun wirklich absolut nicht mag bei Ofenhäufung im Umfeld nervig werden.

      Besonders nette Menschen mit Ofen mitten in Wohngebieten könnten, wenn Sie Problembewußtsein haben an solchen Tagen den Ofen schon mal aus lassen. Eventuell könnte man da in guten Nachbarschaften eine Vereinbarung treffen. Aber ich gebe zu: ein "kitzeliges" Thema. Das kein Müll oder unabgelagertes Holz verbrannt werden darf sollte eh Ehrensache sein.

       

      Aber trösten Sie sich: in der Berliner oder Münchener City oder an Schnellstraßen können Sie leider auch nicht ständig Ihr Fenster öffnen.

       

      Leben Sie richti draußen auf dem platten Land müssen Sie im Frühjahr und Spätsommer mit massiven Güllegeruchsattacken leben- meist bei schönstem Wetter...

      ...und wenn sie nicht flott genug Ihre Fenster schließen (Wäsche reinholen nicht vergessen!) wenn vor Ihrem Landdomizil ein Getreidefeld abgedroschen wird ist das bei "passendem" Wind gar nicht mehr lustig.

       

      ...und würden Sie ganz einsam und abgschieden von der Menscheit in einem Haus im Wald wohnen hätten Sie wohl selber einen Ofen und dann, bei Konversionswetterlagen...

       

      Also lassen Sie sich ihr Leben am Münchener Stadtrand, um das ich Sie aufrichtig beneide, nicht vermiesen!

      • @Waage69:

        So isses, jammern auf hohem Niveau.

         

        Ps. Sie meinten sicher Inversionswetterlage.

        • @lions:

          ja, meinte ich...

           

          Ps. Danke.

  • Die herben Braunkohlebriketts sind ja eher "geschmackssache", ich finde den würzigen Geruch von Holzbrand in der Winterluft aber immer wieder äußerst stimmungsvoll.

     

    Irgend wie löst dieses herrliche Aroma einen ganz ursprüngliche Sinnahnung in mir aus die wohl seit der Zähmung des Feuers in den Genen stecken muss.

     

    Bemerkenswert finde ich, dass Kaminöfen in der taz inzwischen als Dreckschleudern, eine Art Spielzeug wohlhabender und rücksichtsloser Spießer dargestellt wird.

     

    Früher war ein eigener Ofen in linksalternativen Kreisen Sinnbild für das Streben nach Authentzität, autarkem Leben und Konsumverweigerung: sozusagen revolutionär.

     

    "The Times they are changin..."

    • @Waage69:

      Tschuldigung:

       

      " eine ganz ursprüngliche (...)"

      "(...) Spießer dargestellt werden."

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Was wollen wir eigentlich? Holz ist immer Co2-neutral - und gibt gut warm. Seit Jahrtausenden. Scheiß doch einer auf den Feinstaub...

    • @970 (Profil gelöscht):

      Richtig, aber es ist schöner grüner Ationismus. Klingt doch gut, wenn wir in zehn Jahren 8000 Tonnen Feinstaub weniger haben. Das ein Braunkohlekraftwerk mehr davon in die Luft bläst als alle "Einzelraumfeuerungsanlagen", ist doch Wumpe.

      • @John Doe:

        Die verschärfte Stufe der Bundesimmissionsschutzverordnung ist wie sie ausgestaltet ist durchaus praktikabel und warum soll es in Punkto Feinstaub auch keinen Fortschritt bei "Einzelfeuerungsanlagen" geben der gesetzlich angeschoben wird.

         

        Ich denke @Neubau und auch meine Wenigkeit stoßen sich eher an den grundsätzlich negativen Subtext der neuerdings einer im Prinzip guten Sache (Holz als Energieträger statt fossil) in vielen Artikel unterlegt wird.

        • 9G
          970 (Profil gelöscht)
          @Waage69:

          Korrekt, dieser seltsame Unterton stört mich enorm. Holz ist ein guter Brennstoff. Gegen etwas Feinstaubminderung ist ja nichts zu sagen, aber aus der Hand voll Kaminöfen ein Problem abzuleiten, scheint mir doch etwas übertrieben. Gerade, wenn man an alte Zeiten in Großstädten denkt, als noch mit Holz und Kohlen(koks) geheizt wurde...