Neue Fangmethoden gefordert: Weniger Fehltreffer unter Wasser
Mit neuen Netzen würden weniger Fische getötet, die nicht gefangen werden sollen. Aber die Fischer lehnen ab. Sie halten die Ideen für "technisch schwer umzusetzen".
BERLIN taz Der "Eliminator" hat einen bösen Namen, doch seine Mission ist gut: Mit dieser Art von Netz lässt sich Schellfisch fangen, ohne den gefährdeten Kabeljau aus dem Meer zu ziehen. Bei anderen Methoden geht laut Umweltorganisation WWF pro vermarkteter Tonne Schellfisch eine weitere Tonne Kabeljau wieder über Bord. Diesem ungewollten Beifang macht der Eliminator den Garaus. Für Naturschützer ist das schlaue Netz nur ein Beispiel dafür, wie Fischer ihre Fehltreffer verringern könnten - wenn sie nur wollten.
Diese Techniken machen sich meist das unterschiedliche Fluchtverhalten der Fische zu Nutze. Der Eliminator beispielsweise: Der Kabeljau flieht bevorzugt nach unten, wo das schlaue Netz große Öffnungen hat. Der begehrte Schellfisch dagegen schwimmt in Paniksituationen am liebsten nach oben - dort verfängt er sich im engmaschigen Teil der Fangeinrichtung.
Bei der Fischerei auf Seezungen oder Schollen empfehlen Organisationen wie Greenpeace sogenannte Fenster im unteren Teil der Schleppnetze. Denn auch hier schwimmen die aufgescheuchten Fische nach oben. Seeigel etwa können durch die Öffnungen unten in die Freiheit purzeln.
Solche Methoden könnten die Beifangquote von derzeit bis zu 80 Prozent in Europa auf 5 bis 15 Prozent in nahezu jeder Fischereieinrichtung reduzieren, sagt WWF-Expertin Karoline Schacht. Nachteile für die Fischer sieht sie - außer, was die Anschaffungskosten der neuen Netze angeht - nicht.
"Wenn das so einfach wäre, würde man das schon längst machen", kontert Peter Breckling, Generalsekretär des Deutschen Fischereiverbands, der die meisten hiesigen Unternehmen der Branche vertritt. Denn auch die Fischer wollten den Beifang begrenzen, weil er ihnen nur Arbeit mache. Die Kosten einer neuen Ausrüstung sind für ihn nicht das große Problem, weil die Netze eh immer wieder ausgewechselt werden müssten und die EU auch Subventionen gebe.
Tatsächlich gefährden die Vorschläge der Umweltschützer aber seiner Meinung nach im Betrieb die Wirtschaftlichkeit. "Sie führen oft zu Verlusten bei den Zielarten, und wenn sie 20 bis 30 Prozent des Fangs verlieren, lohnt sich das nicht mehr", erklärt der Fischereilobbyist. Ein Grund sei, dass in der Praxis nur viele, aber eben nicht alle Fische den Fluchtweg einschlagen würden, den die Netzkonstrukteure vorsehen. Manche Schellfische, die laut Schrift gen Wasseroberfläche schwämmen, machten sich dann doch in die andere Richtung auf. "Das alles", sagt Breckling, "ist technisch schwer umzusetzen."
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