Neue Facebook-Funktionen: Grüppchen und dicker Download
Während ein für Firmenboss Zuckerberg unschöner Film im Kino Erfolge feiert, hat Facebook mehrere Neuerungen angekündigt. Und wieder sind sie datenschutztechnisch kritisch.
Man kann Facebook nicht vorwerfen, nach der Veröffentlichung von "The Social Network" untätig geblieben zu sein: Pünktlich zum Kinostart des für Firmenboss Mark Zuckerberg wenig schmeichelhaften Spielfilms über die Facebook-Gründung entwickelt der Konzern mannigfaltige Aktivitäten der Ablenkung.
Es begann schon damit, dass eine (an sich lobenswerte) Millionenspende Zuckerbergs an arme Schulen in New Jersey ausgerechnet vorletzte Woche angekündigt werden musste - Fernsehauftritt bei der in Amerika vielgesehenen Tränendrüsen-Talkerin Oprah Winfrey inklusive. Geholfen hat es nichts: Am ersten Wochenende landete "The Social Network" von "Fight Club"-Regisseur David Fincher mit 23 Millionen Dollar problemlos auf Platz 1 der US-Kinocharts
Nun setzt Facebook auf Produktankündigungen, um die Debatte vom unsympathischen Kino-Zuckerberg wieder zurück auf die Firma selbst zu lenken. Schon zum dritten Mal seit dem vergangenen August wurden deshalb am Dienstagabend deutscher Zeit Journalisten ins Hauptquartier nach Palo Alto eingeladen. Conferencier war einmal mehr Zuckerberg selbst, der "The Social Network" offenkundig verdrängt hat. "Wir stellen heute tolle neue Features vor", sagte er grinsend.
Beachtlich an dem etwa zweistündigen Ankündigungsmarathon war vor allem, dass alle der insgesamt drei Hauptneuerungen auf Kritikpunkte eingehen, die Facebook-Nutzer und Datenschützer in den letzten Monaten hatten. Ob sie wirklich die genannten Probleme lösen, lässt sich noch nicht sagen - zumal sich potenziell neue kleine wie große Privatsphären-Katastrophen auftun.
Neuigkeit Nummer 1 betrifft die gesamte Facebook-Datenhaltung. Bislang ist es schwer, Informationen aus dem sozialen Netzwerk zu exportieren - hat man seinen Freundeskreis, seine Fotos, Videos und Interessen einmal "drin", ist es höchst mühselig, die Daten beispielsweise zu einem Konkurrenzanbieter zu tragen.
Aus diesem Grund bietet Facebook künftig eine Download-Funktion an. Mit dieser soll man alle selbst eingestellten Daten in ein handliches komprimiertes Zip-File zusammengepackt bekommen, das man sich dann nach einigen Minuten herunterladen kann. Ob der sogenannte Social Graph, Facebooks wertvollstes Gut, dass die Vernetzungsinfos enthält, Teil des Download-Pakets ist, blieb zunächst unklar. Allerdings sollen zumindest die Konversationen mit anderen Mitgliedern integriert sein.
Problematisch am Download-Feature ist allerdings das Missbrauchspotenzial: Sollte ein Angreifer an den Nutzeraccount gelangen, könnte dieser sich in kurzer Zeit die gesamten Facebook-Inhalte seines Opfers heruntersaugen. Zuckerberg betonte, man habe Sicherheitsmaßnahmen eingebaut, die etwa bei Download-Versuchen aus fremden Ländern zusätzliche Sicherheitsabfragen vorsehen. Die sind aber auch bitter nötig.
Facebook-Neuerung 2 ist das sogenannte "Application Dashboard". Dessen Sinn besteht darin, Nutzern Informationen darüber zu geben, was externe Anwendungen, denen sie Zugriff erteilt haben, gerade mit ihren Daten treiben. Von einer zentralen Seite aus kann man künftig sehen, welche Informationen freigegeben sind und dies notfalls unterbinden. Wie tiefgehend diese Daten sein werden, bleibt allerdings abzuwarten - ob wirklich jeder einzelne Zugriff detailliert dargestellt wird, blieb zunächst unklar.
Neue Funktion Nummer 3 nennt sich "Facebook Groups", die bisherige Gruppenfunktionen in dem sozialen Netzwerk deutlich verbessern soll. Derzeit unterscheidet Facebook vor allem zwischen Freunden und Nichtfreunden, die Einteilung in kleinere Untergruppen - etwa Arbeit und Privates -, funktioniert zwar grundsätzlich, werde derzeit aber nur von fünf Prozent der Nutzer eingesetzt, wie Zuckerberg sagte. Das führt dazu, dass Neuigkeiten plötzlich bei "Freunden" auftauchen, denen man diese gar nicht mitteilen wollte.
Das neue Gruppen-Feature soll das nun vermeiden helfen. Es ist speziell auf das Anlegen kleiner Gruppen ausgerichtet, etwa aus Familien- oder Clubmitgliedern. Diese können untereinander chatten und bilden sich quasi wie von selbst: Jedes Gruppenmitglied kann weitere Freunde mit wenigen Klicks einladen.
Möglicherweise problematisch daran ist allerdings, dass nicht nur der Nutzer selbst sich zu einer Gruppe zugehörig zählen kann, sondern eben auch andere. Zuckerberg verglich dies mit dem populären "Foto-Tagging", bei dem Freunde andere Freunde in Bildern mit Namen versehen - was in der Praxis datenschutztechnisch durchaus bedenklich werden kann. Immerhin können Gruppen auch auf "geheim" gestellt werden - dann sind weder ihre Inhalte sichtbar noch ihre Mitglieder.
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