Neue Erkenntnisse im Fall Franco A.: Die große Verschwörung
Mit Hilfe von Erasmus, Medien und Menschenrechten: Der mutmaßliche Terror-Soldat Franco A. glaubte an einen „Genozid der Völker in Westeuropa“.
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Im Raum steht vor allem die Frage, warum die Masterarbeit des Soldaten keine Konsequenzen hatte – trotz ihres offensichtlich völkischen Inhalts.
2014 reichte Franco A. an der französischen Militäruniversität Saint-Cyr seine Masterarbeit mit dem Titel „Politischer Wandel und Subversionsstrategie“ ein. Auf 152 Seiten beschrieb der Soldat darin eine angebliche Verschwörung nicht konkret benannter Mächte, deren Ziel es sei, die kulturelle und genetische Homogenität der Völker zu beseitigen. „Ursache des heutigen Genozids der Völker in Westeuropa ist die Einwanderung, die durch Maßnahmen zur Heterogenisierung verstärkt wird.“
Als Mittel dazu nennt er unter anderem das Studienaustauschprogramm Erasmus („Hier findet eine sehr starke ‚Vermischung‘ der Bevölkerungen statt, die anscheinend absichtlich betrieben wird“), die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte („Beim Begriff der Menschenrechte handelt es sich um einen Euphemismus, da er positive Assoziationen erzeugt, indem er doch eigentlich etwas Fatales bezeichnet“) und natürlich die Medien („Spielen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer Parallelrealität für das Volk, mit der verhindert wird, dass dieses deutlich erkennt, wodurch es bedroht wird“).
Der völkische Charakter der Arbeit fiel an der französischen Universität und am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr sofort auf, Konsequenzen folgten für den Autor aber nicht. Er musste zwar eine neue Masterarbeit schreiben, konnte seine militärische Laufbahn aber fortsetzen. Der militärische Geheimdienst MAD wurde nicht informiert.
Franco A. über Erasmus
Über die Details des Vorgangs informierte von der Leyen am Dienstagabend in vertraulicher Sitzung die Obleute des Verteidigungsausschuss im Bundestag. Die Kritik aus der Opposition hielt im Anschluss an. Die Abschlussarbeit von Franco A. sei „von Rassenideologie durchtränkt“ und war der Bundeswehr bekannt, sagte die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz der taz. Es sei unfassbar, dass dies offenbar kein Hindernis darstellte, um Oberleutnant zu werden. „Das Ministerium muss zügig aufklären, warum dieser Mensch eine militärische Laufbahn durchlaufen konnte, niemand das Problem erkannt und niemand Konsequenzen gezogen hat.“
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