Neue Entwicklungen im VW-Skandal: „Sie haben kriminell gehandelt“
Die Verantwortlichen sollten strafrechtlich verfolgt werden, fordert VW-Aufsichtsrat Olaf Lies. Ermittlungen gibt es nach Medienberichten jetzt auch gegen Audi.
Volkswagen könne nach wie vor nicht absehen, wie hoch der finanzielle Schaden für VW alleine aufgrund der notwendigen Nacharbeiten an den betroffenen Motoren, sagte Lies. Es sei noch unklar, wie viele Autos dazu etwa in die Werkstätten zurückgerufen werden müssten, „aber es muss wirklich schnell gehen.“
VW sei ein „großer Schaden“ entstanden, weil Millionen Menschen ihren Glauben an das Unternehmen verloren hätten. Die Wiederherstellung des Vertrauens habe deshalb Priorität. Er schäme sich dafür, dass die Autokäufer in Amerika nun so enttäuscht seien.
Die obersten Aufseher von Volkswagen wollen am Mittwoch über erste Ergebnisse aus den konzerninternen Ermittlungen zum Abgas-Skandal beraten. Das fünfköpfige Präsidium des VW-Aufsichtsrats kommt nach Informationen der dpa am Nachmittag zu einem erneuten Krisentreffen zusammen. Dabei soll über einen Zwischenbericht zu der Affäre gesprochen werden. Demnach fiel die Entscheidung zum Einbau der manipulierten Software bereits in den Jahren 2005 und 2006, und zwar in der Motorenentwicklung in der VW-Zentrale. Noch unklar ist, ob im Anschluss an die voraussichtlich in Wolfsburg stattfindende Sitzung mit einer Erklärung zu rechnen ist.
Ingolstädter Staatsanwaltschaft ermittelt offenbar
Im Zuge des Skandals hat die Staatsanwaltschaft Ingolstadt ein Prüfverfahren gegen die VW-Tochter Audi aufgenommen. „Wir haben ein Prüfverfahren in Bezug auf die Firma Audi eingeleitet“, sagte Oberstaatsanwalt Wolfram Herrle den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wir prüfen derzeit alle Fakten, um entscheiden zu können, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss“, wurde Herrle weiter zitiert. Bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt war am Dienstagabend dazu keine Stellungnahme zu erhalten.
Seine Behörde sei gleich nach Bekanntwerden des VW-Skandals aktiv geworden und stehe in engem Austausch mit der Staatsanwaltschaft in Braunschweig, erklärte Herrle demnach weiter. Eventuell würden die Verfahren auch bei einer Staatsanwaltschaft gebündelt. Ingolstadt ist der Stammsitz der VW-Tochter Audi AG. Die Frage, ob gegen mögliche Verantwortliche im Audi-Management ermittelt werden müsse, könne noch nicht beantwortet werden, sagte Herrle.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte am Montag gegen den früheren VW-Chef Martin Winterkorn ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei Audi sind nach Angaben des Konzerns mehr als zwei Millionen Fahrzeuge mit manipulierten Dieselmotoren ausgestattet.
Vor zehn Tagen war herausgekommen, dass Volkswagen in den USA mit einem Computerprogramm die Abgaswerte bei Dieselwagen manipuliert hat. VW hatte bereits am vergangenen Freitag mitgeteilt, dass von der Konzern-Kernmarke VW fünf Millionen Fahrzeuge betroffen sind.
Aktionsplan für die Nachbesserung steht
VW stellte einen Aktionsplan zur Nachbesserung von Dieselwagen mit manipulierter Software vor. Die betroffenen VW-Kunden sollen demnächst per Post informiert werden, wenn ihre Diesel-Fahrzeuge nachgebessert werden müssen. VW sprach von „Servicemaßnahmen“. Es handle sich aber nicht um eine „Sicherheits-Rückrufaktion“, weil die Sicherheit der Fahrzeuge nicht tangiert sei, sagte ein VW-Sprecher in Wolfsburg. VW-Markenchef Herbert Diess sagte in Brüssel dazu: „Wir haben einige Lösungen erarbeitet, insbesondere stehen natürlich die Kunden im Fokus im Moment.“ Die Kosten könne VW noch nicht abschätzen.
Volkswagen und die weiteren betroffenen Marken des Konzerns wollen den zuständigen Behörden im Oktober die technischen Lösungen vorstellen. Die betroffenen Autos bestimmter Baujahre und Modelle – darunter der Golf sechs, der Passat der siebten Generation oder die erste Generation des Volkswagen Tiguan – sind mit Dieselmotoren des Typs EA 189 ausgestattet. Dass diese Modelle den Motor enthalten, hatte VW bereits am vergangenen Freitag bekanntgegeben.
Der frühere VW-Konzernchef Bernd Pischetsrieder und der frühere VW-Markenchef Wolfgang Bernhard hatten nach eigenen Angaben keine Kenntnis vom Einbau der Manipulationssoftware. Beide hätten auch keine Entscheidungen zur Entwicklung oder zum Einsatz der Software getroffen, teilten die Manager am Dienstagabend über die Rechtsanwaltskanzlei Schertz Bergmann mit.
Die bisherigen finanziellen Rückstellungen wegen des Abgas-Skandals dürften einem Bericht zufolge nicht für die Lösung aller Probleme ausreichen. Dies geht aus einer Antwort von Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch auf entsprechende Fragen bei einer Manager-Versammlung hervor, wie das Fachblatt Automobilwoche (Dienstag) schreibt.
Die veranschlagten 6,5 Milliarden Euro sind demnach vor allem für technologische Lösungen und Service-Leistungen vorgesehen. Möglicher Schadenersatz, Anwaltshonorare und andere Kosten kämen obendrauf. Ein VW-Sprecher verwies auf die Gewinnwarnung aus der vergangenen Woche fürs dritte Geschäftsquartal, wonach der angenommene Betrag für Serviceleistungen „Einschätzungsrisiken“ unterliege und auch bereits klar nur den Serviceleistungen zugeordnet worden sei.
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