Neue Datenschutzbeauftragte für Berlin: Späte Kür
Rot-Grün-Rot will den über ein Jahr lang vakanten Posten der Datenschutzbeauftragen Anfang Oktober besetzen – mit einer Ex-Mitarbeiterin der Behörde.
Vor diesem Hintergrund hat die Koalition den Datenschützer*innen keinen Gefallen getan, als sie das Amt der Berliner Datenschutzbeauftragten fast ein Jahr lang vakant ließ. Künftig soll Meike Kamp den Posten übernehmen, verkündeten die Regierungsfraktionen am Dienstagnachmittag. Sie folgt damit voraussichtlich Maja Smoltczyk nach, die bis Oktober 2021 amtierte.
Kamp ist laut der Mitteilung der Koalition studierte Juristin und Informatikrechtlerin und bereits von 2010 bis 2019 bei der Berliner Beauftragten für Datenschutz tätig gewesen. Deren Behörde ist unabhängig; sie selbst wird vom Abgeordnetenhaus gewählt. Termin soll in diesem Fall der 6. Oktober sein. Derzeit ist Kamp für das Land Bremen als Sitzungsvertreterin im Rechts- und Innenausschusses des Bundesrates tätig.
Als Kandidatin mit „exzellenter datenschutzrechtlicher Expertise“ und Verwaltungserfahrung, lobte Sebastian Schlüsselburg, Sprecher für Datenschutz der Linksfraktion, Meike Kamp. Und auch die grüne Fraktionschefin Silke Gebel zeigte sich zufrieden: Kamp kenne die aktuellen Debatten, Berlin und die Behörden, sagte sie der taz am Mittwoch.
Zentral war für die Koalition, dass eine Frau diesen Posten bekommen soll. Nicht nur, weil man herausragende Positionen eben nicht nur mit Männer besetzen will, sondern konkret auch, weil als neuer Polizeibeauftragter vor der Sommerpause erst ein Mann gekürt wurde. Die Besetzung beider Posten hatte Rot-Grün-Rot miteinander verknüpft – das war ein Grund, warum die Besetzung so lange dauerte.
Kür scheiterte an der Wahl
Auch der Wahltermin im September 2021 wurde zum Problem: Für einen nahtlosen Übergang hätte man sich kurz davor, mitten in der Hochphase des Abgeordnetenhaus-Wahlkampfs, einigen müssen. Die SPD hatte das abgelehnt. Und schließlich war es offenbar generell nicht so einfach, jemanden für diesen herausragenden Posten zu bekommen.
In Berlin warten auf die künftige Datenschutzbeauftragte einige heikle Verfahren. So will die Koalition noch in diesem Jahr den Entwurf für das Transparenzgesetz vorlegen, das eigentlich bereits für die vergangenen Legislaturperiode vorgesehen war. Es soll regeln, wie staatliche Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Auch die Pandemie hat zahlreiche datenschutzrechtliche Fragen aufgeworfen, etwa welche Voraussetzungen Videokonferenzprogramme für Schulen, Hochschulen und Verwaltungen gelten müssen.
Der künftigen Datenschutzbeauftragten komme dabei eine „wichtige Vermittlerinnenrolle“ zu, sagt Grünen-Politikerin Gebel. Sie hofft darauf, dass Kamp – so sie gewählt wird – mögliche Probleme bereits im Vorfeld erkennt und dann durch Beratungen ausräumen kann. Maja Smoltczyk galt unter den Datenschutzbeauftragten der Länder als eine Frau, die eine harte Auslegung der Vorschriften vertrat. Entsprechend oft eskalierten Datenschutzkonflikte, die sich stets im Spannungsfeld zwischen Datensicherheit und Alltagstauglichkeit bewegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Doku über deutsche Entertainer-Ikone
Das deutsche Trauma weggelacht
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!