Neue CDU-Gruppe für Netzpolitik: Das dicke Digitalbrett
Die Unionsparteien haben ihre Mühe mit der Netzpolitik. Doch nun gibt es einen neuen Verein: Das CNetz könnte es schaffen zugleich konservativ und technikpositiv zu sein.
BERLIN taz | Man muss nicht weit in der Geschichte der Unionsparteien zurückgehen, um festzustellen, dass die Parteien mit dem C im Namen ihre liebe Not und Mühe mit der Digitalisierung haben. Ob der Streit um ACTA, um Vorratsdatenspeicherung oder um das „Vermummungsverbot“, den Klarnamenzwang im Internet – CDU- und CSU-Politiker haben einen schweren Stand in den netzpolitischen Debatten.
Doch auch innerhalb der Union gibt es zu den meisten Themen mehr als nur eine Position. Diejenigen, die sich von Ursula von der Leyen, Günter Krings und Ansgar Heveling nicht so recht repräsentiert fühlen, haben nun einen eigenen Verein gegründet: CNetz heißt er, C wie christlich und damit ist auch schon das Selbstverständnis der konservativen Netizens eingeleitet.
Ein konservatives Verständnis von Freiheit rücken sie in den Mittelpunkt eines Textes „Was wollen wir“ auf ihrer Homepage. Dort heißt es: „Wir wollen ein Internet der Freiheit. Dabei hat für uns Freiheit ohne Verantwortung keinen Wert. Sie ist kein Selbstzweck, sondern sie befähigt uns.“ Also keine FDP-Freiheit von Staat und für den Markt, sondern eine, die primär Verantwortung – von wem auch immer – in den Mittelpunkt rückt.
ist Autor der taz und Mitglied im Verein Digitale Gesellschaft.
In diesen zwei Sätzen steckt etwas, das zum Markenkern einer konservativen aber nicht reaktionären Netzpolitik werden könnte: grundsätzlich technikpositiv, aber stets mit der Rückbindung an andere, klassische politische Werte anknüpfend. Schon allein mit ihrem Ansatz, das Netz und die mit ihm und der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen nicht von Grund auf zu verteufeln oder für überbewertet zu erklären, unterscheiden sich die CNetzler von einigen ihrer Parteifreunde.
Anspielungen auf das Star-Trek-Universum
Und es ist jetzt keineswegs so, dass die Unionsparteien bislang keine Gremien hätte: Da ist zum Beispiel der Arbeitskreis Netzpolitik der CDU, der zum Beispiel zum Thema Urheberrecht wissen ließ, dass Innovationsmöglichkeiten und der Kern des Urheberrechts als Schutz der Urheber durch die Politik gleichermaßen geachtet werden müssten und hier eine langfristige Aufgabe bevorstehe - da „eine geldfreie und allein auf Selbstverwirklichung abzielende Kultur wie die des Star Trek Universums auf absehbare Zeit Utopie bleiben wird.“
Auf Trekkie-Anspielungen verzichtet CNetz vorerst. Der Verein, dessen beiden Vorstände Peter Tauber und Thomas Jarzombek zwei Bundestagsabgeordnete sind, die auch in der Enquetekommission Internet und Digitale Gesellschaft sitzen, hat sich jedoch einiges vorgenommen. Netzpolitisch sind die Unionsparteien nach wie vor Entwicklungsland, wer hier ernsthaft Profil bilden will, muss bereit sein, wie ein Biber dicke Stämme durchzunagen – und auch den einen oder anderen Baum zu fällen, das eine oder andere Brett vor dem Kopf der Parteifreunde wegzureißen. Ob das funktionieren kann?
Empfohlener externer Inhalt
Wenn sich nun die unzufriedenen Unionsnetzaktiven vernetzen, passiert das aus zwei Gründen: zum einen, weil sie sich organisieren müssen – angesichts der Beharrungskräfte in den beiden C-Parteien. Und zum anderen, weil sie damit organisatorisch ihren hausinternen Gegnern einen Schritt voraus sind. Schaden kann das der Qualität der netzpolitischen Debatte kaum: Bislang bestand konservative Netzpolitik nur aus dem ersten Teil – dem Konservatismus. Von einer eigenständigen Netzpolitik der Union zu sprechen, wäre sachlich aber falsch. In diese Lücke könnte CNetz nun stoßen.
Dabei spielen ihnen wie den Digitalen in allen Parteien zwei Faktoren in die Karten: Auf der einen Seite ist es schlicht der Zeitenwandel. Mit jeder Wahl rücken neue, jüngere, das Internet als ganz normal empfindende Abgeordnete in Mandate auf. Dieser demografische Faktor sorgt für den natürlichen Lauf der Dinge.
Der zweite Faktor ist ein externer: Hatte man in vielen Parteien nach der Berlinwahl die Piraten noch als „Metropolenphänomen“ abgetan, ist dies spätestens seit der Saarlandwahl kaum mehr möglich. Zwar sind diese keineswegs ausschließlich mit digitalen Themen erfolgreich. Aber mit ihnen im gefühlten Kerngebiet ihrer Kompetenz, nämlich im netzpolitischen, konkurrieren zu können, könnte eine erfolgreichste Antipiratenstrategie sein.
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