Neonazi-Demo am Samstag in Berlin: Wie viele werden kommen?
Gut 2.000 Neonazis zogen am 12. März durch Mitte. Polizei und Innenverwaltung hatten nur mit wenigen hundert gerechnet. Wie sieht die Lage diesmal aus?
Er scheint einen Nerv getroffen zu haben: Dem Marzahner Enrico Stubbe, seit 2014 aus lokalen Nein-zum-Heim-Protesten mit guten Verbindungen zur Berliner NPD bekannt und mittlerweile Mitglied im Bundesvorstand der rechtsextremen Kleinstpartei Pro Deutschland, war es im März gelungen, rund 2.000 Menschen zu seiner rechtsextremen Demonstration zu mobilisieren. Das hatte ihm vorher kaum jemand zugetraut: Bisherige Versuche Stubbes, der vor 2014 nicht wahrnehmbar politisch in Erscheinung getreten ist, waren deutlich weniger erfolgreich. Zu einer von ihm organisierten Demonstration in Marzahn im Herbst letzten Jahres kamen nur rund 50 Nazis, ein Teil seiner Marzahner Weggefährten soll sich inzwischen von ihm abgewandt haben.
Stubbes Stärke liegt im Internet: Er betreibt diverse rechte Facebookseiten, viele von ihnen mit einer hohen Reichweite. Seine Hauptseite „Wir für Berlin & Wir für Deutschland“, die als Veranstalter der Demonstrationen im März und diesen Samstag auftritt, wurde fast 25.000 Mal mit „Gefällt mir“ markiert.
Dennoch glaubten im März die wenigsten, dass Stubbe eine nennenswerte Anzahl von Rechtsextremen auf die Straße bringen würde. Teilnehmerzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich erwartete etwa die Berliner Polizei, 1.000 DemonstrantInnen maximal die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus – bei vergleichbaren Veranstaltungen wie etwa einer Demonstration im Mai 2015 hatte es stets eine große Diskrepanz zwischen den virtuellen und realen Teilnehmerzahlen gegeben. Noch dazu hatten sich Pegida und die AfD kurz vor der Demonstration von dieser Veranstaltung distanziert.
Doch im März gelang den Neonazis, was es zuletzt nur noch sehr vereinzelt gegeben hatte: eine tatsächlich überregionale Beteiligung an der Demonstration, zu der, laut Szenekundigen, Neonazis aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt anreisten. Dazu kamen die DemonstrantInnen des Berliner Pegida-Ablegers Bärgida, Mitglieder der rechtsextremen Jugendorganisation Identitäre Bewegung, Reichsbürger, rechte Verschwörungstheoretiker und rechtsextreme Hooligans.
5.000 TeilnehmerInnen hat Stubbe dieses Mal angemeldet – mit Einschätzungen, wie viele es wirklich werden, halten sich die ExpertInnen nach dem Desaster vom letzten Mal lieber zurück. Die überregionale Mobilisierung der Nazis läuft nach Auskunft von SzenekennerInnen bisher schleppend, das könnte sich aber noch ändern. Steffen Schmidt von Berlin Nazifrei sieht die Sache eher pessimistisch: „Ich halte es für nicht unwahrscheinlich, dass die Nazis ihre Teilnehmerzahl noch einmal verdoppeln“, sagt er.
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