■ Nebensachen aus Rom: Strom abgestellt? Die Mahnung folgt später!
Die beiden Herren sind ungeduldig. Dreimal klingeln sie, bevor ich den Toröffner erreiche. Ich solle mal die letzten beiden Stromrechnungen herzeigen, bezahlt natürlich. Sonst... Der eine macht das Zeichen für Schnippschnapp.
Ecco, hier sind sie. „Ja“, sagt er, „aber da ist noch eine Rechnung, die allerletzte. Die ist auch nicht bezahlt.“ Stimmt: Ich habe nämlich noch keine neue bekommen.
„Haha“, sagt er, „das sagen alle.“ Nix haha, sage ich. Vor zwei Wochen habe ich bei der Elekrtizitätsgesellschaft „Enel“ die Rechnung angefordert, weil mein Nachbar mir erzählt hat, daß er die neue Rechnung schon lange hat. „Glaube ich nicht“, sagt der Herr.
Gut. Rufen wir mal an in der Zentrale. „Können Sie ruhig, nur stellen wir inzwischen den Strom ab.“ Dann werde ich Anzeige erstatten. „Können Sie, das betrifft nur unseren Chef, nicht uns.“
Betrifft Sie doch. Im Ihren Anordnungen steht, daß sie zehn Minuten warten müssen, um Erklärungen entgegennehmen. „Also gut, rufen Sie an.“
„Ja“, sagt die Dame in der Zentrale, „ich erinnere mich. Wir haben das eingeleitet. Nur, es dauert halt immer etwas, bis die Kopie ankommt.“ Wie lange? „Einen Monat, vielleicht auch zwei.“ Und da schicken Sie jetzt schon die Leute zum Abstellen? „Natürlich, Sie haben ja nicht bezahlt.“ Aber wenn ich doch keine Rechnung bekommen habe! Mahnung ist auch keine eingelaufen. „Mahnung schicken wir grundsätzlich keine. Wenn nicht bezahlt wurde, steht das auf der nachfolgenden Rechnung.“ Gut, aber wann kommt die nachfolgende Rechnung? „Nächsten Monat“. Tolles System. „Doch doch: Wenn keine Rechnung kommt, müssen Sie sich drum kümmern.“ Habe ich doch getan. Aber ich weiß noch nicht mal, wieviel ich zu zahlen habe. „Kein Problem, das sage ich Ihnen gleich... 405.000 Lire.“
Gut, um die Sache abzukürzen: Ich zahle jetzt mal. Nur, die beiden wildentschlossenen Abschneider draußen? „Reden Sie halt mit denen.“ Nein, das müssen Sie machen. „Kann ich nicht, ich bin ja nicht deren Vorgesetzte.“ Aha, und wer ist das? „Der ist jetzt nicht da.“ Und wann kommt er zurück? „Nächste Woche.“
Die beiden Herren mit der Schnippschnappschere blicken düster. „Und?“ Also – die Frau hat bestätigt, daß ich die Rechnung angefordert habe. „Und?“ Ja, ich soll mit Ihnen sprechen. „Kommt nicht in Frage, wir stellen ab.“ Sagen Sie mal, kapieren Sie nicht, was da gelaufen ist? Offenbar ist die Rechnung verlorengegangen.
„Sagen alle...“ Aber inzwischen habe ich keinen Strom. „Sputen Sie sich, sausen Sie zur Zentrale, holen sich den Zettel, zahlen im Postamt ein, bringen Sie den Zettel zur Zentrale, rufen Sie uns an, dann kommen wir.“ Wann? „Morgen vielleicht schon.“
Rein ins Auto, zwanzig Kilometer bis zur Zentrale, dort Nummer ziehen, weil schon gut zwanzig Leute ansitzen. Inzwischen ist die Post zu. Eine Nacht ohne Strom. Am nächsten Morgen endlich der Rest erledigt, am Nachmittag wird wieder angestellt. „Zahlen Sie künftig pünktlich“, sagt der Mann.
Gestern, drei Wochen danach, kommt ein Einschreiben: Die „Enel“ mahnt, die Rechnung von 405.000 Lire zu bezahlen. Ausstellungsdatum: vor sechs Wochen. Anruf bei der Dame in der Zentrale. Hören Sie, nun mahnen die doch noch einmal... „Vergessen Sie's, Sie sind doch der, der schon bezahlt hat.“ Ja, aber sagten Sie nicht, daß Sie gar keine Mahnungen schicken? „Tun wir auch nicht. Nur bei guten Kunden.“ Auch ein System. Werner Raith
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen