piwik no script img

■ NebenkriegsschauplätzeMit Jugoslawen spielt man nicht, schon gar nicht Fußball

Die irische Regierung hat vorgestern abend beschlossen, der jugoslawischen Nationalmannschaft keine Einreisevisa auszustellen. Damit ist das für morgen angesetzte Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft 2000 geplatzt.

Am Nachmittag hatte die Dubliner Regierung, gemeinsam mit den EU-Sportministern, bei Gesprächen in Paderborn versucht, die Fußballverbände Uefa und Fifa dazu zu bewegen, das Spiel zu verschieben. „Ich muß sagen, die Uefa war überhaupt nicht hilfreich“, sagte Premierminister Bertie Ahern. „Um es deutlich zu sagen, sie haben sich geweigert, zu irgend etwas Stellung zu beziehen. Es wäre eine Schande, wenn dem irischen Fußballverband wegen dieser Sache Nachteile entstehen.“

Doch die irische Mannschaft muß die Sache nun ausbaden. Im günstigsten Fall wird das Spiel später an einem neutralen Ort wiederholt. Möglicherweise wird es aber auch für Irland als verloren gewertet, das Team könnte sogar vom gesamten Wettbewerb ausgeschlossen werden. Eine Entscheidung fällt wahrscheinlich erst bei der nächsten Sitzung der Uefa am 5. Juli.

Bernard O'Byrne, Geschäftsführer des irischen Fußballverbandes (FAI), sagte: „Wir haben nie versucht, das Spiel aus politischen Gründen absagen zu lassen, aber wir halten die Entscheidung der Regierung für richtig.“ Der Verband hatte vorige Woche beschlossen, auf Fahnen, Nationalhymnen und das Programmheft zu verzichten. Außerdem wollte man dem jugoslawischen Fernsehen die Übertragungsrechte verwehren, wenn das Spiel stattgefunden hätte.

Inzwischen ist das Verhältnis zwischen Uefa und FAI völlig zerrüttet. Die Uefa behauptet nun, Irland wolle das Spiel nur deshalb verschieben, weil Starspieler Roy Keane verletzt ist. O'Byrne reagierte darauf wütend: Diese Unterstellung werde er nicht auf sich beruhen lassen. Branco Bulatovic vom jugoslawischen Fußballverband sagte: „Wir sind Sportler, keine Krieger. Merkwürdig, daß unsere Basketball-Frauen gerade beim Europacup in Polen problemlos spielen, und nächste Woche fährt das Männerteam nach Frankreich. Warum ist es beim Fußball anders?“

Irlands Qualifikationsgruppe acht gilt als „Gruppe aus der Hölle“. Neben Jugoslawien gehören Kroatien, Makedonien und Malta dazu. Im vergangenen halben Jahr sind fünf Spiele ausgefallen. Irland ist voriges Jahr in Belgrad angetreten, doch seitdem muß Jugoslawien seine Heimspiele in Griechenland austragen. Dagegen hat Kroatien nun protestiert: Man will lieber in der Schweiz spielen. Im Gegenzug verlangten jugoslawische Funktionäre, das Rückspiel nicht in Kroatien auszutragen.

Und der AC Mailand will den Kroaten Zvonimir Boban für das morgige Spiel Kroatiens in Makedonien nicht freigeben, weil man um seine Sicherheit fürchtet. 1990, als er noch für Dynamo Zagreb spielte, kam es während der Begegnung bei Roter Stern Belgrad zu einer Schlägerei, bei der Boban einen Polizisten vermöbelte. Er mußte sich danach eine Weile verstecken. Die Nato hat versprochen, dem kroatischen Team Geleitschutz nach Skopje zu geben. Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen