Nazis: Argloser Abschluss
Die Räumungsklage gegen den Berliner Klamottenladen von NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke zieht sich hin.
Der neu gewählte NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke bleibt vorerst Ladenbetreiber in Schöneweide. Das im Sommer vergangenen Jahres eröffnete Geschäft Hexogen versorgt die rechte Szene mit Schlagwerkzeugen, Pfeffersprays und bei Rechten beliebter Szenekleidung. Schmidtkes Vermieter kündigte den Mietvertrag unmittelbar nach der Eröffnung des Ladens und klagt seitdem auf Räumung.
Doch die Räumungsklage zieht sich hin. Es dauerte mehrere Monate, bis sich der Vermieter und die Justiz über den Streitwert und die vom Vermieter zu erbringende Sicherheit für die Räumungsklage geeinigt hatten. Die ursprünglich beim Amtsgericht Köpenick eingereichte Klage wurde im Herbst dem Berliner Landgericht übergeben. Seitdem tauschen Schmidtke und sein Vermieter Schriftsätze aus. Allein das wird noch dauern, wie Gerichtssprecher Ulrich Wimmer der taz sagte. Ein Termin für die mündliche Verhandlung ist noch nicht in Sicht. Experten rechnen wegen der schwierigen Rechtsmaterie mit einer Dauer von bis zu einem Jahr.
Bisher scheint Schmidtke zudem die besseren Karten zu haben. Denn der Vermieter, eine Immobiliengesellschaft aus Braunschweig, hat den Mietvertrag arglos abgeschlossen und nicht viele Fragen zur Person des Mieters oder zum Zweck seines Ladens gestellt. Nachträglich Dinge einzufordern, die bei Vertragsabschluss nicht verhandelt wurden, ist juristisch schwierig. "Wir haben vor Gericht argumentiert, Schmidtke hätte beim Abschluss des Mietvertrages von sich aus sagen müssen, welche politische Position er vertritt und welches Sortiment der Laden vertreibt. Dem hat sich das Landgericht bisher nicht anschließen können", sagt Axel Kaufmann von der Braunschweiger Vermietergesellschaft. Schmidtke berufe sich auf sein legales Verkaufssortiment.
Expansion ins Netz
Inzwischen ist das Hexogen nicht nur in der Brückenstraße präsent, sondern bietet auch im Internet Waren an. Für die grüne Abgeordnete Clara Herrmann zeigt der Fall, dass sich Vermieter beim Abschluss von Mietverträgen mit Ausschlussklauseln vor Rechtsextremisten schützen müssten. "Jeder Tag, den das Hexogen besteht, ist ein Tag zuviel, weil der Laden die rechte Szene mit Waffen und szenetypischer Kleidung versorgt", sagt sie.
Der Rechtsextremismusexperte der Linken, Hans Erxleben, sagt, der Laden sei Treff- und Vernetzungspunkt der rechten Szene in Schöneweide geworden, das ohnehin als rechter Schwerpunkt bekannt ist. "Da wird gemeinsam mit der rechten Szenekneipe Zum Henker und weiteren von Rechtsextremisten betriebenen Läden eine Kiezkultur geschaffen, die andere Nachbarn verdrängt."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen