Nausėda bleibt Präsident: Litauen setzt auf Kontinuität
Verspätetes Geburtstagsgeschenk: Der litauische Präsident Gitanas Nausėda gewinnt die Stichwahl. Er ist eifriger Ukraine-Unterstützer – und Schachfan.
Zerbrechlich wirkt Nausėda, der knapp zwei Meter misst, nicht gerade. In der Hafenstadt Kleipėda geboren, ging er zum Studium der Wirtschaftswissenschaften nach Vilnius. 1988 und damit zwei Jahre vor Litauens Unabhängigkeit, trat er der Kommunistischen Partei bei, was jedoch erst im April 2023 öffentlich wurde.
In einer Stellungnahme begründete Nausėda diesen Schritt mit der Hoffnung auf bessere Karrierechancen als Wissenschaftler und bezeichnete sich selbst als „dummen sturen jungen Mann“. Er habe jedoch versucht, diesen Fehler seiner Jugend im späteren Leben wieder gutzumachen.
1990 bis 1992 bereitete sich Nausėda, ausgestattet mit einem Stipendium des DAAD, in Mannheim auf seine Promotion vor. Die Erkenntnisse, die er in Deutschland gewonnen habe, kämen ihm immer noch zugute, sagte er einmal. Nach dem Erhalt höherer akademischer Weihen stieg er in den Bankensektor ein. Parallel dazu lehrte er an unterschiedlichen Hochschulen – zuletzt als Professor an der Business School der Universität Vilnius.
Tolerant? In LGBTQ-Fragen weniger
Im September 2018 gab er bekannt, bei der Präsidentenwahl im Folgejahr als unabhängiger Kandidat antreten zu wollen. In der Stichwahl setzte er sich damals mit knapp 66 Prozent der Stimmen gegen die konservative Politikerin Ingrida Šimonytė durch. Sie hatte ihn diesmal erneut herausgefordert.
Mittlerweile ist Nausėda in der Europäischen Union einer der vehementesten Unterstützer der Ukraine – und das nicht nur militärisch. In seiner ersten Amtszeit war er die treibende Kraft bei der Erhöhung der Verteidigungsausgaben Litauens. Diese sollen in den kommenden Jahren auf mindestens 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen, sagte er am Montag, am Tag nach der Wahl.
Der verheiratete Vater zweier Töchter wird nicht müde, vor Russland zu warnen. Im vergangenen Oktober kritisierte er Ungarns Regierungschef Viktor Orbán, weil dieser Kremlchef Wladimir Putin die Hand geschüttelt hatte. Orbán flirte mit einem Regime, das Gräueltaten auf dem Territorium der Ukraine begehe, sagte er.
Gintaras Tomkus, Chefredakteur der Tageszeitung Vakaru Ekspresas, bezeichnete Nausėda als einen Mann der Tradition sowie sehr geduldigen toleranten und zugänglichen Menschen. In puncto Toleranz dürften dieser Beschreibung nicht alle zustimmen. Nausėda spricht sich gegen Maßnahmen zur Beendigung der Diskriminierung der LGBTQ-Minderheit und die Ratifizierung der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen aus. Auch die Entkriminalisierung von Cannabis lehnt er ab
Das scheint seiner Popularität keinen Abbruch zu tun – genauso wenig wie sein Angebot an einige derer, die für ihn eine Unterstützerunterschrift geleistet hatten, zu einem Gratiskaffee einzuladen. Nach einer Intervention der Wahlkommission ruderte er zurück. Jetzt geht es jedoch vorwärts – schöner dürften die Zeiten nicht werden. Vielleicht hat Nausėda trotzdem Zeit für eine Schachpartie. Das ist eines seiner Lieblingshobbys.
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