Naturschutzgebiet mit Nazi-Geschichte: Ein Urwald für den Bunker
Die Valentinwildnis um die NS-Zwangsarbeiter-Gedenkstätte gehört ab sofort dem BUND. Der Wald soll Schutzraum und Gedenkort sein.
Die Idee, den Wald einfach zu kaufen, stammt dabei nicht vom BUND. Der vorherige Besitzer, die Bundesanstalt für Immobilien, hatte dem Naturschutzbund die Fläche für 30.000 Euro angeboten. Der BUND handelte die Behörde auf 23.000 Euro herunter und benötigte zum Kauf dennoch Spenden. „Wir sind finanziell stark belastet durch die Klagen gegen den Offshore-Hafen und die Weservertiefung“, sagt Seitz. Umso erfreulicher sei, das der Kauf geklappt habe.
Der Wald umgibt den Bunker Valentin, die Ruine einer U-Boot-Werft der deutschen Kriegsmarine aus der NS-Zeit. Über 1.100 Zwangsarbeiter starben während der Bauarbeiten von 1943 bis 1945 an Unterernährung, Krankheiten und willkürlichen Erschießungen. Seit eineinhalb Jahren erinnert der Denkort Valentin an Krieg und NS-Verbrechen.
Auch Marcus Meyer, wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte, freut sich über den Erhalt des Waldes. Er sagt: „Die Bewaldung ist Teil der historischen Baustellensituation.“ Die Reste der Lagerstandorte und von Baustelleneinrichtungen seien sehr versteckt. „Auch das erzählt eine Geschichte“, so Meyer, „nämlich dass die Geschichte dieses Ortes lange nicht thematisiert wurde.“ Die Gedenkstätte plane künftig eine Kooperation mit dem BUND. Denkbar ist laut BUND und Denkort etwa ein Naturlehrpfad, der ebenfalls über die Geschichte der Fläche informiert und so politische und Umweltbildung verbindet.
Platz für tausende Fledermäuse
Neben der Erinnerung an die Gräuel der NS-Herrschaft kann der BUND gleichzeitig sehr viel Natur erhalten: „Der Bunker beherbergt Tausende Fledermäuse. Eines der größten Aufkommen in Nordwestdeutschland“, sagt Seitz. Ebenso habe sich dort, einmalig in Bremen, der Uhu angesiedelt. Im verwitterten Beton befinde sich zudem eine Reihe seltener Pflanzenarten.
Die Bundeswehr setzte die Bunkerruine seit den 1960ern teilweise instand und nutzte sie bis 2010 als Materiallager. Die historische Dimension des Ortes war aus dem öffentlichen Bewusstsein lange Zeit ausgeblendet. Auf der Fläche konnte seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein Wald wachsen.
Der BUND schreibt in einer Mitteilung: „Der Wald deckt die Bunkerbaustelle und die damit verbundenen Zeiten mörderischer Zwangsarbeit mit einem grünen Kleid ab. Aus einem Ort des Grauens und der Qualen wurde in 70 Jahren eine Oase der Natur.“ Seitz findet, das Areal zeige, was sich aus schrecklichen Orten in Zeiten des Friedens entwickeln könne: „Die größte Fläche in Bremen, auf der ein natürlicher Wald heranwachsen konnte.“ Der Erhalt dieses Urwaldes ist nun gesichert.
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