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Naturschutz und BiotopeWiese am Abgrund

Niedermoore, Wiesen, nährstoffarme Seen – die Mehrheit der Lebensräume in Deutschland ist laut einer roten Liste akut gefährdet.

Goldfische müssen sich keine Sorge machen: Zierteiche sind nicht gefährdet Foto: dpa

Berlin taz | Die gute Nachricht zuerst: Zierteichen, Nadelholzforsten und den Felswänden der Alpen geht es gut. Diese sogenannten Biotoptypen sind in Deutschland nicht gefährdet. Doch schon ist Schluss mit lustig, denn knapp zwei Drittel der Lebensräume, die hierzulande vorkommen, sind bedroht. Das geht aus dem Bericht zur „Roten Liste gefährdeter Biotoptypen“ (pdf) hervor, den Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, am Mittwoch in Berlin vorgestellt haben.

863 unterschiedliche Typen von Lebensräumen gibt es – von der Streuobstwiese über Birken-Moorwälder und Blockhalden bis zu Vordünen. 52 von ihnen sind laut Liste von der „vollständigen Vernichtung bedroht“, 140 stehen auf der Vorwarnliste. 13 Habitate sind schon weg und werden gar nicht mehr mitgezählt. Dabei handelt es sich um Biotope im Meer, zum Beispiel Muschelbänke oder Sandkorallenriffe. Vernichtet haben sie vor allem „Fischerei und der Küstenschutz“, sagt Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF-Wattenmeerbüros.

Die Rote Liste sei ein „Alarmsignal“, sagte Hendricks. Vor allem der Zustand von Wiesen und Weiden werde aufgrund der Intensivierung der Landwirtschaft immer schlechter. Die Aufstellung zeige aber auch, dass sich die Anstrengungen für Natur und Umwelt lohnten. „Mit besseren Kläranlagen und Renaturierungsprojekten haben wir es geschafft, dass es vielen Flüssen und Bächen wieder besser geht“, so Hendricks. Mit der Naturschutzoffensive 2020 sei zwar schon viel erreicht worden. Nun komme es aber „darauf an, dass auch die Agrarpolitik endlich ihre Verantwortung für den Naturschutz wahrnimmt“, sagte die Ministerin.

In dem Bericht heißt es, „insbesondere die Art und Weise der Nutzung von Natur und Landschaft“ entscheide darüber, ob der Artenschwund in Deutschland aufgehalten werden könne. Vor allem in der Landwirtschaft, der Fischerei, Forstwirtschaft, bei Bauen, Stadtentwicklung und Verkehr gebe es Veränderungsbedarf.

Dramatischer Rückgang von Feldvögeln

Jessel betonte, beim Grünland seien schon Lebensräume „mittlerer Nutzung“ wie die artenreichen Mähwiesen in die höchste Gefährdungskategorie geraten. „Die Folgen dieser Entwicklung spiegeln sich auch im dramatischen Rückgang von Feldvögeln wie Feldlerche, Braunkehlchen oder Kiebitz und auch bei den Insekten wieder“, so Jessel.

„Nichts setzt der biologischen Vielfalt mehr zu als die Zerstörung von Lebensräumen“, sagt Diana Pretzell, Leiterin Naturschutz in Deutschland beim WWF. Die neue Rote Liste für gefährdete Biotoptypen zeige, dass in Deutschland viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten „die Überlebensgrundlage verlieren“, so Pretzell.

Der Bericht ist ein Desaster für die Bundesregierung

Steffi Lemke, Grüne

Der Bericht sei ein „Desaster für die Regierung“, sagt Steffi Lemke, Sprecherin für Naturschutz der Grünen im Bundestag. „Wenn Weiden und Wiesen derart bedroht sind, wirft das auch ein schlechtes Licht auf die Umweltministerin“, so Lemke. Bei Verhandlungen lasse sie sich vom Landwirtschaftsminister über den Tisch ziehen.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Solange wir als Konsumenten nicht mit Herz und Verstand gleichermaßen verstehen wollen, was unser eigenes Verhalten zur Folge hat, kann man sich den gefühlt zillionstel Beitrag zum Thema "Insekten, wo sind sie geblieben?", "Der stumme Frühling wird wahr - Singvögel sterben aus", "Unsere Böden und unser Grundwasser ruiniert!" usw. getrost sparen.

    Agrarpolitik und wird genau dem folgen, was ihr die Verbraucher mit ihrer Nachfrage vorgeben. Grosso modo.

    Siedlungspolitik wird Fläche verbraten, solange auch nur irgendwo noch ein unschuldiges Hektar auf Verplanung wartet, das noch kurz zuvor 'auf Ewig' als grünes Naherholungsgebiet gedacht war.

     

    Alle übrigen Bemühungen, so ehrenwert sie sind, bleiben Kosmetik. Wir können weiter den Wanderfalken protegieren und den Feuersalamander oder die Prachtlibelle und die Küchenschelle.

    Immerhin geben solche Bemühungen einer größeren Handvoll Aktivisten das Gefühl, die Dinge nicht einfach nur geschehen zu lassen und dem Sterben nur teilnahmslos zuzusehen.

    Es ändert jedoch nichts daran, dass wir weiter unsere Landschaft zerteilen in intensivst genutzte, artenarme Zonen und einigen größeren, meist aber eher kleineren Patches dazwischen, wo wir uns gefällige Zielarten mit teilweise erheblichem Aufwand hätscheln und dabei hoffen, dass die fragmentierten Kleinst-Populationen oder Artengemeinschaften nicht von der nächsten Kalamität hinweg gerafft werden.

     

    Wir schaffen es nicht mal beim Thema Fleischkonsum eine kleine Portion Vernunft unter die Masse der Leute zu bringen - wo doch die negativen Seiten moderner Massen-Tiermast auf allen möglichen Ebenen so greifbar wie nur irgend etwas sind. Es ist den Leuten schlicht schnurz.

    Die Grillsaison hat begonnen - das ist es, was interessiert.

    • @61321 (Profil gelöscht):

      So sieht das hier in diesem Lande bzw. Supermarkt aus. Zustimmung!

  • Viele Biotope werden für Aufstellflächen der PV-Anlagen und der Windkraftanlagen geopfert. Der tägliche "Verbrauch" von Fläche durch Versiegelung konnte nicht gesenkt werden. Stattdessen werden weiter neue Gewerbegebiete ausgewiesen.

  • Die Grünen sind massgeblich verantwortlich für die Vernichtung der Natur. In NRW dürfen Jäger keine wildernden Katzen mehr schiessen. Durchgesetzt von den Grünen. Die Katzen sind eine Pest und der Grund für die Ausrottung der Feldlerche u.a. Anstatt die Wilderei zu legalisieren sollten die Grünen lieber dafür sorgen, das in der Brutsaison von Mai-August das Freilaufen von Katzen unter Strafe gestellt wird. DAS wäre Naturschutz.

  • Wichtiger Punkt: Wiesen und Weiden wurden vornehmlich dewegen umgebrochen (also zu Ackerland gemacht) um Mais für die Energiewende (Biogasproduktion) anzubauen.

    Nur zur Erinnerung: Das war Rot Grün 2002.

    Es wäre nett dieses Detail nicht einer namenlosen Intensivlandwirtschaft zuzuschreiben. Zumal, aus der grünen Ecke!

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      ...'Biokraftstoffe' ganz vergessen?

      " Derzeit gilt eine Biokraftstoffquote von 6,25 %", das Zeugs muss ja irgendwo herkommen. Also werden Landwirte, die das entsprechende 'Gemüse' anbauen, kräftig subventioniert. Und dem Bauern ist's egal, ob dafür irgendwelche Biotope zerstört werden. Das Konto will gefüllt sein.

      Und, diese Idee stammt nicht von RotGrün, auch wenn die damals ziemlich viel Mist produziert haben.

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Nein, das ist nicht richtig, was Sie schreiben!

         

        Strom aus Biomasse (z.B. Biogasverstromung) über das EEG gefördert. Biogas wird meist aus Mais gewonnen.

         

        Sprit, dieser Anteil ist gesetzlich geregelt und die Raffinerien müssen das erfüllen und privatwirtschaftlich aushandeln (es wird so viel bezahlt bis die Quote passt) und über eine Mineralölsteuerbefreiung unterstützt.

        Öl Raps, oder für Benzin aus Zuckerrübe. Es findet keine direkte Subvention der Landwirte statt.

         

        Dem Bauer ist nicht egal ob er was zerstört. Ihre Meinung scheint nicht objektiv.

    • @Tom Farmer:

      Die Hauptursache liegt in dem erhöhten Futterbedarf für die Tierwirtschaft, ganzjährige Unterbringung der Tiere in Ställen, in der Einteilung in bestimmte Nutzungsarten (Ackerstatus) und dem höheren Beleihungswert bei Krediten. Auch in den Landstichen mit wenig Biogas wurde extrem viel Grünland in Ackerland veredelt.Die Gier nach Krediten und hohem Bilanzvermögen war meiner Meinung nach der Hauptantrieb.Nicht die Grünen, sondern die Gier war der entscheidende Punkt. Biogas hat die Angelegenheit nur beschleunigt.

      • @Jandebuur:

        Die Spezialisierung auf Fleischproduktion oder Milchproduktion oder Pflanzenproduktion ist natürlich ein quasi übergeordneter TRend.

        Hat mit dem Konsumverhalten und der Bereitschaft für lawi-Produkte welches Geld auszugeben zu tun oder den globalisierten Agramärkten .

         

        Das pauschal mit der Gier der Landwirte zu begründen ist auf Basis der Betriebsgewinne deutscher Höfe letztlich eine Unverschämtheit.